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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Die Herren der Schöpfung halten das wahrscheinlich
für eine körperliche Arbeit, wenn eine Frau z. B. am
Krankenbett des Kindes in namenloser Angst und Pein
sich verzehrt.

Jch will nicht untersuchen, in wie vielen Fällen das
gepriesene geistige Arbeiten der Männer nichts ist, als
hohler Schematismus und geistlose Routine; das aber
weiß ich, die schwerste geistige Arbeit unter allen Arbeiten
der Welt, das ist der Schmerz.

Gelehrte Werke schreiben ist ein Kinderspiel dagegen.
Der langsam zehrende Kummer, er greift nicht die Arme,
sondern das Gehirn, die Lebenskraft an, er reibt auf,
er tödtet.

Und welches Geschlecht, ihr Herren, hat den größeren
Antheil an dieser Geistesarbeit?

Das ist einer der Zwecke der großen beginnenden
Frauenreform, auch diese Arbeit gleichmäßiger zu theilen.
Wir möchten gern von den sieben Schwertern, die wir
als geborene Madonnen in der Brust tragen, drei und
ein halbes abgeben.

Es ist nicht wahr, daß bei der Erziehung des Kindes
Wille und Wunsch der Mutter prävalirt.

Der Mann gestattet der Frau, ihre Principien zur
Geltung zu bringen, entweder, wenn sie mit den seinigen
übereinstimmen, oder wenn er kein Jnteresse an der Er-

Die Herren der Schöpfung halten das wahrscheinlich
für eine körperliche Arbeit, wenn eine Frau z. B. am
Krankenbett des Kindes in namenloser Angst und Pein
sich verzehrt.

Jch will nicht untersuchen, in wie vielen Fällen das
gepriesene geistige Arbeiten der Männer nichts ist, als
hohler Schematismus und geistlose Routine; das aber
weiß ich, die schwerste geistige Arbeit unter allen Arbeiten
der Welt, das ist der Schmerz.

Gelehrte Werke schreiben ist ein Kinderspiel dagegen.
Der langsam zehrende Kummer, er greift nicht die Arme,
sondern das Gehirn, die Lebenskraft an, er reibt auf,
er tödtet.

Und welches Geschlecht, ihr Herren, hat den größeren
Antheil an dieser Geistesarbeit?

Das ist einer der Zwecke der großen beginnenden
Frauenreform, auch diese Arbeit gleichmäßiger zu theilen.
Wir möchten gern von den sieben Schwertern, die wir
als geborene Madonnen in der Brust tragen, drei und
ein halbes abgeben.

Es ist nicht wahr, daß bei der Erziehung des Kindes
Wille und Wunsch der Mutter prävalirt.

Der Mann gestattet der Frau, ihre Principien zur
Geltung zu bringen, entweder, wenn sie mit den seinigen
übereinstimmen, oder wenn er kein Jnteresse an der Er-

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[52/0060] Die Herren der Schöpfung halten das wahrscheinlich für eine körperliche Arbeit, wenn eine Frau z. B. am Krankenbett des Kindes in namenloser Angst und Pein sich verzehrt. Jch will nicht untersuchen, in wie vielen Fällen das gepriesene geistige Arbeiten der Männer nichts ist, als hohler Schematismus und geistlose Routine; das aber weiß ich, die schwerste geistige Arbeit unter allen Arbeiten der Welt, das ist der Schmerz. Gelehrte Werke schreiben ist ein Kinderspiel dagegen. Der langsam zehrende Kummer, er greift nicht die Arme, sondern das Gehirn, die Lebenskraft an, er reibt auf, er tödtet. Und welches Geschlecht, ihr Herren, hat den größeren Antheil an dieser Geistesarbeit? Das ist einer der Zwecke der großen beginnenden Frauenreform, auch diese Arbeit gleichmäßiger zu theilen. Wir möchten gern von den sieben Schwertern, die wir als geborene Madonnen in der Brust tragen, drei und ein halbes abgeben. Es ist nicht wahr, daß bei der Erziehung des Kindes Wille und Wunsch der Mutter prävalirt. Der Mann gestattet der Frau, ihre Principien zur Geltung zu bringen, entweder, wenn sie mit den seinigen übereinstimmen, oder wenn er kein Jnteresse an der Er-

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/60>, abgerufen am 28.04.2024.