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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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auf die religiöse Erziehung des Kindes hinterlassen. Die
Verwandten des Vaters aber zwangen die Mutter, das
Kind im katholischen Glauben aufzuziehen, obgleich sie
Protestantin mit Leib und Seele war.

Das Gesetz unterwirft die Mutter der Bestimmung
des Vaters, wie lange sie dem Kinde die Brust reichen
muß (§. 68 Tit. 2 Th. II. L. R.) Jm Uebrigen aber
ist die Mutterliebe die Quelle, aus der alle Weisheit
fließt. Die Anwendung dieser Weisheit aber ist nur ge-
stattet: beim Trocknen der Windeln, bei der Herstellung
des Kinderbiers, beim Waschen der kleinen Persönlichkeit
und ähnlichen Verrichtungen.

So, meine Herren, interpretiren Sie Gottes und der
heiligen Natur Gesetze. Wären ihre Worte etwas anderes
als verlogene Phrasen, müßte dann nicht dem Vater,
wenn die Mutter stirbt, ein weiblicher Vormund gesetzt
werden? denn hören wir es nicht täglich von Jhren
klugen Lippen, in allen möglichen Wendungen, daß
nimmermehr ein Mann im Stande ist, ein Kind aufzu-
ziehen.

Dieselben Männer, die da vorgeben, den einzigen
und erhobenen Beruf der Frau in ihrer Mutterschaft
zu finden, ertheilen in den Gesetzen, die sie machen, der
Frau als Mutter ein Mißtrauensvotum sonder Gleichen
und sonder Beispiel.

auf die religiöse Erziehung des Kindes hinterlassen. Die
Verwandten des Vaters aber zwangen die Mutter, das
Kind im katholischen Glauben aufzuziehen, obgleich sie
Protestantin mit Leib und Seele war.

Das Gesetz unterwirft die Mutter der Bestimmung
des Vaters, wie lange sie dem Kinde die Brust reichen
muß (§. 68 Tit. 2 Th. II. L. R.) Jm Uebrigen aber
ist die Mutterliebe die Quelle, aus der alle Weisheit
fließt. Die Anwendung dieser Weisheit aber ist nur ge-
stattet: beim Trocknen der Windeln, bei der Herstellung
des Kinderbiers, beim Waschen der kleinen Persönlichkeit
und ähnlichen Verrichtungen.

So, meine Herren, interpretiren Sie Gottes und der
heiligen Natur Gesetze. Wären ihre Worte etwas anderes
als verlogene Phrasen, müßte dann nicht dem Vater,
wenn die Mutter stirbt, ein weiblicher Vormund gesetzt
werden? denn hören wir es nicht täglich von Jhren
klugen Lippen, in allen möglichen Wendungen, daß
nimmermehr ein Mann im Stande ist, ein Kind aufzu-
ziehen.

Dieselben Männer, die da vorgeben, den einzigen
und erhobenen Beruf der Frau in ihrer Mutterschaft
zu finden, ertheilen in den Gesetzen, die sie machen, der
Frau als Mutter ein Mißtrauensvotum sonder Gleichen
und sonder Beispiel.

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[50/0058] auf die religiöse Erziehung des Kindes hinterlassen. Die Verwandten des Vaters aber zwangen die Mutter, das Kind im katholischen Glauben aufzuziehen, obgleich sie Protestantin mit Leib und Seele war. Das Gesetz unterwirft die Mutter der Bestimmung des Vaters, wie lange sie dem Kinde die Brust reichen muß (§. 68 Tit. 2 Th. II. L. R.) Jm Uebrigen aber ist die Mutterliebe die Quelle, aus der alle Weisheit fließt. Die Anwendung dieser Weisheit aber ist nur ge- stattet: beim Trocknen der Windeln, bei der Herstellung des Kinderbiers, beim Waschen der kleinen Persönlichkeit und ähnlichen Verrichtungen. So, meine Herren, interpretiren Sie Gottes und der heiligen Natur Gesetze. Wären ihre Worte etwas anderes als verlogene Phrasen, müßte dann nicht dem Vater, wenn die Mutter stirbt, ein weiblicher Vormund gesetzt werden? denn hören wir es nicht täglich von Jhren klugen Lippen, in allen möglichen Wendungen, daß nimmermehr ein Mann im Stande ist, ein Kind aufzu- ziehen. Dieselben Männer, die da vorgeben, den einzigen und erhobenen Beruf der Frau in ihrer Mutterschaft zu finden, ertheilen in den Gesetzen, die sie machen, der Frau als Mutter ein Mißtrauensvotum sonder Gleichen und sonder Beispiel.

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 50. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/58>, abgerufen am 28.04.2024.