Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.gezwungen, jede Arbeit im Hause selbst zu thun, sie be- An einen Handwerker verheirathet, nimmt sie viel- Mein Schuhmacher, der in der Charlottenstraße wohnt, Ob diese Frau eine Ausnahme ist? ich glaube es Jn den höchsten und reichsten Ständen herrscht re- Die Sonne der Vernunft verscheucht mitunter die Die ganz reiche und ganz vornehme Frau wird als gezwungen, jede Arbeit im Hause selbst zu thun, sie be- An einen Handwerker verheirathet, nimmt sie viel- Mein Schuhmacher, der in der Charlottenstraße wohnt, Ob diese Frau eine Ausnahme ist? ich glaube es Jn den höchsten und reichsten Ständen herrscht re- Die Sonne der Vernunft verscheucht mitunter die Die ganz reiche und ganz vornehme Frau wird als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0036" n="28"/> gezwungen, jede Arbeit im Hause selbst zu thun, sie be-<lb/> treibt daneben auch, zum größeren Theil wenigstens,<lb/> noch irgend ein anderes Gewerbe, als Tagelöhnerin,<lb/> Näherin, Wäscherin u. s. w.</p><lb/> <p>An einen Handwerker verheirathet, nimmt sie viel-<lb/> fach an der Arbeit des Mannes Theil.</p><lb/> <p>Mein Schuhmacher, der in der Charlottenstraße wohnt,<lb/> hat acht kleine Kinder. Scheint es nicht unglaublich,<lb/> daß seine Frau, außer der Sorge für Wirthschaft und<lb/> Kinder noch den Verkauf im Laden besorgt und beim<lb/> Einfassen der Schuhe hilft? Die acht Kinder habe ich<lb/> stets reinlich und sauber gekleidet gefunden.</p><lb/> <p>Ob diese Frau eine Ausnahme ist? ich glaube es<lb/> kaum.</p><lb/> <p>Jn den höchsten und reichsten Ständen herrscht re-<lb/> lative Freiheit.</p><lb/> <p>Die Sonne der Vernunft verscheucht mitunter die<lb/> Gespenster der Vorurtheile, häufiger jedoch schmelzen sie<lb/> im Glanz des Goldes. Der Prozeß des Schmelzens<lb/> geht schneller von Statten, als der der Läuterung.</p><lb/> <p>Die ganz reiche und ganz vornehme Frau wird als<lb/> Hausfrau weder von ihrem Gatten, noch von der Welt<lb/> controlirt. Man lauert ihrem Thun nicht auf, die<lb/> Dienstboten sind von vornherein von Ehrfurcht vor der<lb/> „gnädigen Frau‟ erfüllt. Unter der Sammetrobe ver-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [28/0036]
gezwungen, jede Arbeit im Hause selbst zu thun, sie be-
treibt daneben auch, zum größeren Theil wenigstens,
noch irgend ein anderes Gewerbe, als Tagelöhnerin,
Näherin, Wäscherin u. s. w.
An einen Handwerker verheirathet, nimmt sie viel-
fach an der Arbeit des Mannes Theil.
Mein Schuhmacher, der in der Charlottenstraße wohnt,
hat acht kleine Kinder. Scheint es nicht unglaublich,
daß seine Frau, außer der Sorge für Wirthschaft und
Kinder noch den Verkauf im Laden besorgt und beim
Einfassen der Schuhe hilft? Die acht Kinder habe ich
stets reinlich und sauber gekleidet gefunden.
Ob diese Frau eine Ausnahme ist? ich glaube es
kaum.
Jn den höchsten und reichsten Ständen herrscht re-
lative Freiheit.
Die Sonne der Vernunft verscheucht mitunter die
Gespenster der Vorurtheile, häufiger jedoch schmelzen sie
im Glanz des Goldes. Der Prozeß des Schmelzens
geht schneller von Statten, als der der Läuterung.
Die ganz reiche und ganz vornehme Frau wird als
Hausfrau weder von ihrem Gatten, noch von der Welt
controlirt. Man lauert ihrem Thun nicht auf, die
Dienstboten sind von vornherein von Ehrfurcht vor der
„gnädigen Frau‟ erfüllt. Unter der Sammetrobe ver-
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