Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

die Volksschullehrer nur aus der Elite der Nation zu
wählen seien. Nur den besten, reinsten und bedeutend-
sten Männern der Wissenschaft würde ich die Jugend,
d. h. die Zukunft der Nation anvertrauen. Jch würde
ihnen ein hohes Gehalt bewilligen.

Es müßte dahin kommen, daß der höchste Ehrgeiz
eines Menschen dahin ginge, ein trefflicher Volksschul-
lehrer zu werden, und der größte Ruhm darin bestände,
es zu sein.

Man wende nicht ein, daß ein tiefsinniger Mann
der Wissenschaft der rohen Jugend des niederen Volkes
wie ein Räthsel gegenüber stehen würde.

Jch glaube nicht daran; ich glaube vielmehr, je be-
deutender und tiefer ein Mensch ist, je einfacher, klarer
und durchsichtiger wird er sich zeigen im Denken und
Reden.

Nicht auf die geringe Summe der Kenntnisse kommt
es an, die etwa einem Bauernkinde beizubringen wären,
sondern auf die ganze Persönlichkeit des Lehrers.

Wir alle wissen, daß ein guter, reiner, wenn auch
beschränkter Pastor den ganzen moralischen Stand
einer Dorfschaft zu heben im Stande ist.

Und nun denke man sich einen Mann, der die
Jdeale der Zukunft in seiner Brust und auf seinen

die Volksschullehrer nur aus der Elite der Nation zu
wählen seien. Nur den besten, reinsten und bedeutend-
sten Männern der Wissenschaft würde ich die Jugend,
d. h. die Zukunft der Nation anvertrauen. Jch würde
ihnen ein hohes Gehalt bewilligen.

Es müßte dahin kommen, daß der höchste Ehrgeiz
eines Menschen dahin ginge, ein trefflicher Volksschul-
lehrer zu werden, und der größte Ruhm darin bestände,
es zu sein.

Man wende nicht ein, daß ein tiefsinniger Mann
der Wissenschaft der rohen Jugend des niederen Volkes
wie ein Räthsel gegenüber stehen würde.

Jch glaube nicht daran; ich glaube vielmehr, je be-
deutender und tiefer ein Mensch ist, je einfacher, klarer
und durchsichtiger wird er sich zeigen im Denken und
Reden.

Nicht auf die geringe Summe der Kenntnisse kommt
es an, die etwa einem Bauernkinde beizubringen wären,
sondern auf die ganze Persönlichkeit des Lehrers.

Wir alle wissen, daß ein guter, reiner, wenn auch
beschränkter Pastor den ganzen moralischen Stand
einer Dorfschaft zu heben im Stande ist.

Und nun denke man sich einen Mann, der die
Jdeale der Zukunft in seiner Brust und auf seinen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0223" n="215"/>
die Volksschullehrer nur aus der Elite der Nation zu<lb/>
wählen seien. Nur den besten, reinsten und bedeutend-<lb/>
sten Männern der Wissenschaft würde ich die Jugend,<lb/>
d. h. die Zukunft der Nation anvertrauen. Jch würde<lb/>
ihnen ein hohes Gehalt bewilligen.</p><lb/>
          <p>Es müßte dahin kommen, daß der höchste Ehrgeiz<lb/>
eines Menschen dahin ginge, ein trefflicher Volksschul-<lb/>
lehrer zu werden, und der größte Ruhm darin bestände,<lb/>
es zu sein.</p><lb/>
          <p>Man wende nicht ein, daß ein tiefsinniger Mann<lb/>
der Wissenschaft der rohen Jugend des niederen Volkes<lb/>
wie ein Räthsel gegenüber stehen würde.</p><lb/>
          <p>Jch glaube nicht daran; ich glaube vielmehr, je be-<lb/>
deutender und tiefer ein Mensch ist, je einfacher, klarer<lb/>
und durchsichtiger wird er sich zeigen im Denken und<lb/>
Reden.</p><lb/>
          <p>Nicht auf die geringe Summe der Kenntnisse kommt<lb/>
es an, die etwa einem Bauernkinde beizubringen wären,<lb/>
sondern auf die ganze Persönlichkeit des Lehrers.</p><lb/>
          <p>Wir alle wissen, daß ein guter, reiner, wenn auch<lb/>
beschränkter Pastor den ganzen moralischen Stand<lb/>
einer Dorfschaft zu heben im Stande ist.</p><lb/>
          <p>Und nun denke man sich einen Mann, der die<lb/>
Jdeale der Zukunft in seiner Brust und auf seinen<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[215/0223] die Volksschullehrer nur aus der Elite der Nation zu wählen seien. Nur den besten, reinsten und bedeutend- sten Männern der Wissenschaft würde ich die Jugend, d. h. die Zukunft der Nation anvertrauen. Jch würde ihnen ein hohes Gehalt bewilligen. Es müßte dahin kommen, daß der höchste Ehrgeiz eines Menschen dahin ginge, ein trefflicher Volksschul- lehrer zu werden, und der größte Ruhm darin bestände, es zu sein. Man wende nicht ein, daß ein tiefsinniger Mann der Wissenschaft der rohen Jugend des niederen Volkes wie ein Räthsel gegenüber stehen würde. Jch glaube nicht daran; ich glaube vielmehr, je be- deutender und tiefer ein Mensch ist, je einfacher, klarer und durchsichtiger wird er sich zeigen im Denken und Reden. Nicht auf die geringe Summe der Kenntnisse kommt es an, die etwa einem Bauernkinde beizubringen wären, sondern auf die ganze Persönlichkeit des Lehrers. Wir alle wissen, daß ein guter, reiner, wenn auch beschränkter Pastor den ganzen moralischen Stand einer Dorfschaft zu heben im Stande ist. Und nun denke man sich einen Mann, der die Jdeale der Zukunft in seiner Brust und auf seinen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/223
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 215. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/223>, abgerufen am 22.11.2024.