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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Jch kann übrigens meinen Lesern versichern, daß die
Männer gar nicht daran denken, sich unter einander
logische Denkkraft zuzutrauen. Es ist nur so ein Ge-
thue vor den Frauen. Jede Frau kann die Probe dar-
auf machen. Sie fordere den gescheutesten Mann, den
sie kennt, auf, ihr unter den lebenden Männern seiner
Bekanntschaft Diejenigen zu nennen, die er für logisch
denkende hält.

Um mich keiner Parteilichkeit zeihen zu müssen, will
ich nun auch des einzigen Einwandes gegen das Stimm-
recht der Frauen gedenken, dessen praktische Tragweite
ich nicht verkennen kann.

Der fähigste Redner behauptete nämlich: das den
Frauen verliehene Stimmrecht würde, kraft des
Einflusses der Geistlichkeit auf das weibliche
Gemüth, eine politische Reaktion herbei-
führen
.

Wenn die Frauen unter der Leitung der Pfaffen
stimmen würden, wer trägt die Schuld? Wer hat die
religiösen Anstände geschaffen? wer die Beichte ersonnen?
Die Frauen haben bis heutigen Tages noch keine Re-
ligion erfunden.

Die Männer haben die Frauen in die Kirche ge-
trieben dadurch, daß sie ihnen jedes andere Gebiet
idealen Lebens verschlossen. Jn dem Maße, als sich

Jch kann übrigens meinen Lesern versichern, daß die
Männer gar nicht daran denken, sich unter einander
logische Denkkraft zuzutrauen. Es ist nur so ein Ge-
thue vor den Frauen. Jede Frau kann die Probe dar-
auf machen. Sie fordere den gescheutesten Mann, den
sie kennt, auf, ihr unter den lebenden Männern seiner
Bekanntschaft Diejenigen zu nennen, die er für logisch
denkende hält.

Um mich keiner Parteilichkeit zeihen zu müssen, will
ich nun auch des einzigen Einwandes gegen das Stimm-
recht der Frauen gedenken, dessen praktische Tragweite
ich nicht verkennen kann.

Der fähigste Redner behauptete nämlich: das den
Frauen verliehene Stimmrecht würde, kraft des
Einflusses der Geistlichkeit auf das weibliche
Gemüth, eine politische Reaktion herbei-
führen
.

Wenn die Frauen unter der Leitung der Pfaffen
stimmen würden, wer trägt die Schuld? Wer hat die
religiösen Anstände geschaffen? wer die Beichte ersonnen?
Die Frauen haben bis heutigen Tages noch keine Re-
ligion erfunden.

Die Männer haben die Frauen in die Kirche ge-
trieben dadurch, daß sie ihnen jedes andere Gebiet
idealen Lebens verschlossen. Jn dem Maße, als sich

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[213/0221] Jch kann übrigens meinen Lesern versichern, daß die Männer gar nicht daran denken, sich unter einander logische Denkkraft zuzutrauen. Es ist nur so ein Ge- thue vor den Frauen. Jede Frau kann die Probe dar- auf machen. Sie fordere den gescheutesten Mann, den sie kennt, auf, ihr unter den lebenden Männern seiner Bekanntschaft Diejenigen zu nennen, die er für logisch denkende hält. Um mich keiner Parteilichkeit zeihen zu müssen, will ich nun auch des einzigen Einwandes gegen das Stimm- recht der Frauen gedenken, dessen praktische Tragweite ich nicht verkennen kann. Der fähigste Redner behauptete nämlich: das den Frauen verliehene Stimmrecht würde, kraft des Einflusses der Geistlichkeit auf das weibliche Gemüth, eine politische Reaktion herbei- führen. Wenn die Frauen unter der Leitung der Pfaffen stimmen würden, wer trägt die Schuld? Wer hat die religiösen Anstände geschaffen? wer die Beichte ersonnen? Die Frauen haben bis heutigen Tages noch keine Re- ligion erfunden. Die Männer haben die Frauen in die Kirche ge- trieben dadurch, daß sie ihnen jedes andere Gebiet idealen Lebens verschlossen. Jn dem Maße, als sich

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 213. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/221>, abgerufen am 28.04.2024.