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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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Man kennet Euch, Jupiterlein!

Reinheit!

Jst mit dieser Reinheit Unschuld und sachliche Un-
wissenheit gemeint, so verschwindet diese bei jedem halb-
wegs intelligenten Menschen mit zunehmender Lebens-
erfahrung von selbst.

Diese Unschuld kann wohl einen poetischen und sinn-
lichen, niemals aber einen ethischen Werth beanspruchen.

Will der Gentleman aber darunter Reinheit der Ge-
sinnung verstanden wissen, so mache ich ihn zuvörderst
auf einen Widerspruch in seinen Theorien aufmerksam.

Eine Frau nach dem Sinn und Herzen seiner Partei
darf überhaupt keine eigene, sondern nur die Gesinnung
des Gatten haben.

Vieles verlangt man von einer Frau: Reiz, An-
muth, Schönheit, Jugend, Zärtlichkeit, liebliches oder
pikantes Geplauder, wer aber verlangte je von ihr Ge-
sinnung und Charakter.

Sollte der ehrenwerthe Angelsachse indessen diesmal
vom Standpunkte seiner Partei abweichen und geruhen,
der Frau eine eigene Gesinnung zu gestatten, nun -
so müßte er mir in der That seinen Verstand leihen,
damit ich begreifen könnte, warum gerade der politischen
Thätigkeit eine verunreinigende Kraft, in Bezug auf das
weibliche Geschlecht, inne wohnen soll.

Man kennet Euch, Jupiterlein!

Reinheit!

Jst mit dieser Reinheit Unschuld und sachliche Un-
wissenheit gemeint, so verschwindet diese bei jedem halb-
wegs intelligenten Menschen mit zunehmender Lebens-
erfahrung von selbst.

Diese Unschuld kann wohl einen poetischen und sinn-
lichen, niemals aber einen ethischen Werth beanspruchen.

Will der Gentleman aber darunter Reinheit der Ge-
sinnung verstanden wissen, so mache ich ihn zuvörderst
auf einen Widerspruch in seinen Theorien aufmerksam.

Eine Frau nach dem Sinn und Herzen seiner Partei
darf überhaupt keine eigene, sondern nur die Gesinnung
des Gatten haben.

Vieles verlangt man von einer Frau: Reiz, An-
muth, Schönheit, Jugend, Zärtlichkeit, liebliches oder
pikantes Geplauder, wer aber verlangte je von ihr Ge-
sinnung und Charakter.

Sollte der ehrenwerthe Angelsachse indessen diesmal
vom Standpunkte seiner Partei abweichen und geruhen,
der Frau eine eigene Gesinnung zu gestatten, nun –
so müßte er mir in der That seinen Verstand leihen,
damit ich begreifen könnte, warum gerade der politischen
Thätigkeit eine verunreinigende Kraft, in Bezug auf das
weibliche Geschlecht, inne wohnen soll.

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[204/0212] Man kennet Euch, Jupiterlein! Reinheit! Jst mit dieser Reinheit Unschuld und sachliche Un- wissenheit gemeint, so verschwindet diese bei jedem halb- wegs intelligenten Menschen mit zunehmender Lebens- erfahrung von selbst. Diese Unschuld kann wohl einen poetischen und sinn- lichen, niemals aber einen ethischen Werth beanspruchen. Will der Gentleman aber darunter Reinheit der Ge- sinnung verstanden wissen, so mache ich ihn zuvörderst auf einen Widerspruch in seinen Theorien aufmerksam. Eine Frau nach dem Sinn und Herzen seiner Partei darf überhaupt keine eigene, sondern nur die Gesinnung des Gatten haben. Vieles verlangt man von einer Frau: Reiz, An- muth, Schönheit, Jugend, Zärtlichkeit, liebliches oder pikantes Geplauder, wer aber verlangte je von ihr Ge- sinnung und Charakter. Sollte der ehrenwerthe Angelsachse indessen diesmal vom Standpunkte seiner Partei abweichen und geruhen, der Frau eine eigene Gesinnung zu gestatten, nun – so müßte er mir in der That seinen Verstand leihen, damit ich begreifen könnte, warum gerade der politischen Thätigkeit eine verunreinigende Kraft, in Bezug auf das weibliche Geschlecht, inne wohnen soll.

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 204. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/212>, abgerufen am 27.04.2024.