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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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geblieben sind, und von dieser Thatsache machen sie einen
Rückschluß auf die Natur des Weibes.

Ebenso gut könnte der Chinese auf die verkrüppelten
Füße seiner Chinesin sich berufen und behaupten, sie
könne nicht laufen, darum habe die Natur sie für den
Harem bestimmt.

Die guten dummen Chinesinnen, sie ertragen mit
Stolz ihre verkrüppelten Füße und ihre Schmerzen.
Warum? Die Männer haben ihnen vorgespiegelt, sie
seien ein Zeichen von feiner Sitte und großer Vor-
nehmheit.

Was auch künftige geniale Physiologen in Bezug
auf die vergleichende Anatomie der Gehirne für Ent-
deckungen machen mögen, das steht fest, diese Entdeckungen
sind für die Frauenfrage, wie sie jetzt die menschliche
Gesellschaft bewegt, völlig gleichgültig.

Die immensen Fähigkeiten, die dazu gehören, ein
bürgerliches Amt zu verwalten, sich durch Handel ein
Vermögen zu erwerben, eine Kunst oder Wissenschaft zu
treiben, hat die Frau von jeher besessen.

Völlig gleichgültig ist es, ob sie dabei synthetisch
oder amalytisch (oder wie die Stichworte alle heißen mögen)
verfährt.

Der Stoff, der große Königinnen hervorbrachte, wird
auch für kleine Telegraphistinnen ausreichen.

geblieben sind, und von dieser Thatsache machen sie einen
Rückschluß auf die Natur des Weibes.

Ebenso gut könnte der Chinese auf die verkrüppelten
Füße seiner Chinesin sich berufen und behaupten, sie
könne nicht laufen, darum habe die Natur sie für den
Harem bestimmt.

Die guten dummen Chinesinnen, sie ertragen mit
Stolz ihre verkrüppelten Füße und ihre Schmerzen.
Warum? Die Männer haben ihnen vorgespiegelt, sie
seien ein Zeichen von feiner Sitte und großer Vor-
nehmheit.

Was auch künftige geniale Physiologen in Bezug
auf die vergleichende Anatomie der Gehirne für Ent-
deckungen machen mögen, das steht fest, diese Entdeckungen
sind für die Frauenfrage, wie sie jetzt die menschliche
Gesellschaft bewegt, völlig gleichgültig.

Die immensen Fähigkeiten, die dazu gehören, ein
bürgerliches Amt zu verwalten, sich durch Handel ein
Vermögen zu erwerben, eine Kunst oder Wissenschaft zu
treiben, hat die Frau von jeher besessen.

Völlig gleichgültig ist es, ob sie dabei synthetisch
oder amalytisch (oder wie die Stichworte alle heißen mögen)
verfährt.

Der Stoff, der große Königinnen hervorbrachte, wird
auch für kleine Telegraphistinnen ausreichen.

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[196/0204] geblieben sind, und von dieser Thatsache machen sie einen Rückschluß auf die Natur des Weibes. Ebenso gut könnte der Chinese auf die verkrüppelten Füße seiner Chinesin sich berufen und behaupten, sie könne nicht laufen, darum habe die Natur sie für den Harem bestimmt. Die guten dummen Chinesinnen, sie ertragen mit Stolz ihre verkrüppelten Füße und ihre Schmerzen. Warum? Die Männer haben ihnen vorgespiegelt, sie seien ein Zeichen von feiner Sitte und großer Vor- nehmheit. Was auch künftige geniale Physiologen in Bezug auf die vergleichende Anatomie der Gehirne für Ent- deckungen machen mögen, das steht fest, diese Entdeckungen sind für die Frauenfrage, wie sie jetzt die menschliche Gesellschaft bewegt, völlig gleichgültig. Die immensen Fähigkeiten, die dazu gehören, ein bürgerliches Amt zu verwalten, sich durch Handel ein Vermögen zu erwerben, eine Kunst oder Wissenschaft zu treiben, hat die Frau von jeher besessen. Völlig gleichgültig ist es, ob sie dabei synthetisch oder amalytisch (oder wie die Stichworte alle heißen mögen) verfährt. Der Stoff, der große Königinnen hervorbrachte, wird auch für kleine Telegraphistinnen ausreichen.

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 196. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/204>, abgerufen am 28.04.2024.