Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.Und das ist die Angst, das schaudernde Gefühl, das Weiblicher Geschlechts-Charakter! Jch gestehe, daß mir noch nie im Leben ein Charak- Die Frau vertritt alle Temperamente; sie durchläuft Es würde mich hier zu weit führen, sonst würde Und das ist die Angst, das schaudernde Gefühl, das Weiblicher Geschlechts-Charakter! Jch gestehe, daß mir noch nie im Leben ein Charak- Die Frau vertritt alle Temperamente; sie durchläuft Es würde mich hier zu weit führen, sonst würde <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <pb facs="#f0198" n="190"/> <p>Und das ist die Angst, das schaudernde Gefühl, das<lb/> sich aller Gegner der Frauenbewegung bemächtigt und<lb/> sie in die dämmerigen Haine der Phrase treibt, wo sie,<lb/> männliche Cassandra's, vorahnenden Geistes „Wehe‟<lb/> rufen, weil sie ihr bischen Amüsement im Leben bedroht<lb/> sehen. Die Angst macht sie poetisch und sie citiren<lb/> Schiller: „Was ist das Leben ohne Liebesintriguen,<lb/> Abenteuer, Rendezvous‟ u. s. w.</p><lb/> <p>Weiblicher Geschlechts-Charakter!</p><lb/> <p>Jch gestehe, daß mir noch nie im Leben ein Charak-<lb/> ter vorgekommen ist, den eine Frau nicht gehabt hätte<lb/> oder haben könnte (und nicht etwa als Ausnahme),<lb/> von dem Blutdurst einer Katharina von Medicis bis<lb/> zur süßen Lammsgeduld einer <hi rendition="#aq">Mater dolorosa</hi>, von der<lb/> abgefeimtesten Jntrigantin bis zur kindlichen Unschuld,<lb/> von der marmorkalten Kokette bis zur todestrunkenen<lb/> Märtyrerin, von der stumpfsinnigsten Dummheit bis zur<lb/> schärfsten Denkkraft.</p><lb/> <p>Die Frau vertritt alle Temperamente; sie durchläuft<lb/> alle Charakterstadien. Der gute Mann sieht es täglich<lb/> mit eigenen Augen, er aber, der konsequente, der logische<lb/> Denker, er bleibt dabei, daß rührende Bescheidenheit,<lb/> Liebe und Sanftmuth der himmlische Nationalcharakter<lb/> des Weibes sei.</p><lb/> <p>Es würde mich hier zu weit führen, sonst würde<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [190/0198]
Und das ist die Angst, das schaudernde Gefühl, das
sich aller Gegner der Frauenbewegung bemächtigt und
sie in die dämmerigen Haine der Phrase treibt, wo sie,
männliche Cassandra's, vorahnenden Geistes „Wehe‟
rufen, weil sie ihr bischen Amüsement im Leben bedroht
sehen. Die Angst macht sie poetisch und sie citiren
Schiller: „Was ist das Leben ohne Liebesintriguen,
Abenteuer, Rendezvous‟ u. s. w.
Weiblicher Geschlechts-Charakter!
Jch gestehe, daß mir noch nie im Leben ein Charak-
ter vorgekommen ist, den eine Frau nicht gehabt hätte
oder haben könnte (und nicht etwa als Ausnahme),
von dem Blutdurst einer Katharina von Medicis bis
zur süßen Lammsgeduld einer Mater dolorosa, von der
abgefeimtesten Jntrigantin bis zur kindlichen Unschuld,
von der marmorkalten Kokette bis zur todestrunkenen
Märtyrerin, von der stumpfsinnigsten Dummheit bis zur
schärfsten Denkkraft.
Die Frau vertritt alle Temperamente; sie durchläuft
alle Charakterstadien. Der gute Mann sieht es täglich
mit eigenen Augen, er aber, der konsequente, der logische
Denker, er bleibt dabei, daß rührende Bescheidenheit,
Liebe und Sanftmuth der himmlische Nationalcharakter
des Weibes sei.
Es würde mich hier zu weit führen, sonst würde
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(2017-07-10T17:06:15Z)
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