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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

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der uns zum Behuf der Sittenänderung braten wollte.
Wir schlagen, wenn wir für eine Jdee kämpfen, nicht
mehr unser Leben, höchstens unsern guten Ruf als solide
deutsche Hausfrauen in die Schanze.

Wie jene Märtyrinnen starben, weil sie im Tempel
glauben wollten, was sie im Herzen glauben mußten,
so wollen wir das Stimmrecht, weil wir in der Welt
sein wollen, was wir im Herzen sein müssen.

Niemand (die Gesinnungsgenossen ausgenommen)
hatte etwas dagegen, daß jene Frauen öffentlich starben,
warum sollen wir nicht einmal öffentlich reden? Mir
wenigstens erscheint das Erstere tausendmal schlimmer
als das Letztere.

O über diese hassenswerthe Oeffentlichkeit der Frauen!

Jn die Oeffentlichkeit tritt ein Jeder, der sich mit
seinen Leistungen, sie mögen nun an seinem Geist oder
an seinem Körper haften, an ein größeres oder kleineres
Publikum wendet.

Die Frauen treten in den Salons und auf Bällen
öffentlich auf; bei größeren Festlichkeiten ist uns stets
ein Theil der Gesellschaft völlig fremd. Je edler der Zweck
der Oeffentlichkeit ist, je mehr wird dieselbe idealisirt.

Und man sollte denken, es gäbe edlere Zwecke als
Schönheit und Toilette zu zeigen, Eroberungen machen,
Jntriguen spinnen, Stoff für Bosheiten sammeln u. s. w.

der uns zum Behuf der Sittenänderung braten wollte.
Wir schlagen, wenn wir für eine Jdee kämpfen, nicht
mehr unser Leben, höchstens unsern guten Ruf als solide
deutsche Hausfrauen in die Schanze.

Wie jene Märtyrinnen starben, weil sie im Tempel
glauben wollten, was sie im Herzen glauben mußten,
so wollen wir das Stimmrecht, weil wir in der Welt
sein wollen, was wir im Herzen sein müssen.

Niemand (die Gesinnungsgenossen ausgenommen)
hatte etwas dagegen, daß jene Frauen öffentlich starben,
warum sollen wir nicht einmal öffentlich reden? Mir
wenigstens erscheint das Erstere tausendmal schlimmer
als das Letztere.

O über diese hassenswerthe Oeffentlichkeit der Frauen!

Jn die Oeffentlichkeit tritt ein Jeder, der sich mit
seinen Leistungen, sie mögen nun an seinem Geist oder
an seinem Körper haften, an ein größeres oder kleineres
Publikum wendet.

Die Frauen treten in den Salons und auf Bällen
öffentlich auf; bei größeren Festlichkeiten ist uns stets
ein Theil der Gesellschaft völlig fremd. Je edler der Zweck
der Oeffentlichkeit ist, je mehr wird dieselbe idealisirt.

Und man sollte denken, es gäbe edlere Zwecke als
Schönheit und Toilette zu zeigen, Eroberungen machen,
Jntriguen spinnen, Stoff für Bosheiten sammeln u. s. w.

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[176/0184] der uns zum Behuf der Sittenänderung braten wollte. Wir schlagen, wenn wir für eine Jdee kämpfen, nicht mehr unser Leben, höchstens unsern guten Ruf als solide deutsche Hausfrauen in die Schanze. Wie jene Märtyrinnen starben, weil sie im Tempel glauben wollten, was sie im Herzen glauben mußten, so wollen wir das Stimmrecht, weil wir in der Welt sein wollen, was wir im Herzen sein müssen. Niemand (die Gesinnungsgenossen ausgenommen) hatte etwas dagegen, daß jene Frauen öffentlich starben, warum sollen wir nicht einmal öffentlich reden? Mir wenigstens erscheint das Erstere tausendmal schlimmer als das Letztere. O über diese hassenswerthe Oeffentlichkeit der Frauen! Jn die Oeffentlichkeit tritt ein Jeder, der sich mit seinen Leistungen, sie mögen nun an seinem Geist oder an seinem Körper haften, an ein größeres oder kleineres Publikum wendet. Die Frauen treten in den Salons und auf Bällen öffentlich auf; bei größeren Festlichkeiten ist uns stets ein Theil der Gesellschaft völlig fremd. Je edler der Zweck der Oeffentlichkeit ist, je mehr wird dieselbe idealisirt. Und man sollte denken, es gäbe edlere Zwecke als Schönheit und Toilette zu zeigen, Eroberungen machen, Jntriguen spinnen, Stoff für Bosheiten sammeln u. s. w.

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Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/184>, abgerufen am 04.05.2024.