Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873.

Bild:
<< vorherige Seite

heit, Entschiedenheit, den festen Prinzipien; und steht
diese Tugend nicht halb und halb im Widerspruch mit
den gepriesenen weiblichen Eigenschaften, der lieblichen
Schüchternheit, der Naivetät, der Unkenntniß der Welt,
der Harmlosigkeit, der Weichheit und Jdealität?

Die Männer schätzen die Sparsamkeit an ihren
Frauen auch nur insofern, als sie sich in ihrem Haus-
halt Vortheile davon versprechen, sobald aber ihre Eitel-
keit darunter leidet, zeigen sie sich stets bereit, die Lauge
ihres Spottes über diejenigen Frauen zu ergießen, die
Droschkenkutschern und Kellnern keine Trinkgelder geben,
die einem Dienstmädchen nach geendigtem Damenkaffee
zwei Groschen in die Hand drücken oder in ihrer, der
Herren Gegenwart, um ein paar Groschen feilschen.
Fehlten der Frau aber am Ende des Monats einige
Thaler am Wirthschaftsgelde, und sie wollte sie von dem
Mann erbitten unter dem Hinweis auf die noblen Trink-
gelder, die sie gegeben, und daß sie sich das Handeln
abgewöhnt habe, so würde der gentile Herr ihr die paar
Thaler wahrscheinlich höchst entrüstet verweigern.

Mein Gott, man kann doch eben nicht an jede Eigen-
schaft den Maßstab des Vortheils legen, den die Männer
davon haben. Es giebt absolute Maßstäbe, und nach
diesen würde ich die Sparsamkeit zu den praktisch nütz-

4*

heit, Entschiedenheit, den festen Prinzipien; und steht
diese Tugend nicht halb und halb im Widerspruch mit
den gepriesenen weiblichen Eigenschaften, der lieblichen
Schüchternheit, der Naivetät, der Unkenntniß der Welt,
der Harmlosigkeit, der Weichheit und Jdealität?

Die Männer schätzen die Sparsamkeit an ihren
Frauen auch nur insofern, als sie sich in ihrem Haus-
halt Vortheile davon versprechen, sobald aber ihre Eitel-
keit darunter leidet, zeigen sie sich stets bereit, die Lauge
ihres Spottes über diejenigen Frauen zu ergießen, die
Droschkenkutschern und Kellnern keine Trinkgelder geben,
die einem Dienstmädchen nach geendigtem Damenkaffee
zwei Groschen in die Hand drücken oder in ihrer, der
Herren Gegenwart, um ein paar Groschen feilschen.
Fehlten der Frau aber am Ende des Monats einige
Thaler am Wirthschaftsgelde, und sie wollte sie von dem
Mann erbitten unter dem Hinweis auf die noblen Trink-
gelder, die sie gegeben, und daß sie sich das Handeln
abgewöhnt habe, so würde der gentile Herr ihr die paar
Thaler wahrscheinlich höchst entrüstet verweigern.

Mein Gott, man kann doch eben nicht an jede Eigen-
schaft den Maßstab des Vortheils legen, den die Männer
davon haben. Es giebt absolute Maßstäbe, und nach
diesen würde ich die Sparsamkeit zu den praktisch nütz-

4*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0123" n="115"/>
heit, Entschiedenheit, den festen Prinzipien; und steht<lb/>
diese Tugend nicht halb und halb im Widerspruch mit<lb/>
den gepriesenen weiblichen Eigenschaften, der lieblichen<lb/>
Schüchternheit, der Naivetät, der Unkenntniß der Welt,<lb/>
der Harmlosigkeit, der Weichheit und Jdealität?</p><lb/>
          <p>Die Männer schätzen die Sparsamkeit an ihren<lb/>
Frauen auch nur insofern, als sie sich in ihrem Haus-<lb/>
halt Vortheile davon versprechen, sobald aber ihre Eitel-<lb/>
keit darunter leidet, zeigen sie sich stets bereit, die Lauge<lb/>
ihres Spottes über diejenigen Frauen zu ergießen, die<lb/>
Droschkenkutschern und Kellnern keine Trinkgelder geben,<lb/>
die einem Dienstmädchen nach geendigtem Damenkaffee<lb/>
zwei Groschen in die Hand drücken oder in ihrer, der<lb/>
Herren Gegenwart, um ein paar Groschen feilschen.<lb/>
Fehlten der Frau aber am Ende des Monats einige<lb/>
Thaler am Wirthschaftsgelde, und sie wollte sie von dem<lb/>
Mann erbitten unter dem Hinweis auf die noblen Trink-<lb/>
gelder, die sie gegeben, und daß sie sich das Handeln<lb/>
abgewöhnt habe, so würde der gentile Herr ihr die paar<lb/>
Thaler wahrscheinlich höchst entrüstet verweigern.</p><lb/>
          <p>Mein Gott, man kann doch eben nicht an jede Eigen-<lb/>
schaft den Maßstab des Vortheils legen, den die Männer<lb/>
davon haben. Es giebt absolute Maßstäbe, und nach<lb/>
diesen würde ich die Sparsamkeit zu den praktisch nütz-<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">4*</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[115/0123] heit, Entschiedenheit, den festen Prinzipien; und steht diese Tugend nicht halb und halb im Widerspruch mit den gepriesenen weiblichen Eigenschaften, der lieblichen Schüchternheit, der Naivetät, der Unkenntniß der Welt, der Harmlosigkeit, der Weichheit und Jdealität? Die Männer schätzen die Sparsamkeit an ihren Frauen auch nur insofern, als sie sich in ihrem Haus- halt Vortheile davon versprechen, sobald aber ihre Eitel- keit darunter leidet, zeigen sie sich stets bereit, die Lauge ihres Spottes über diejenigen Frauen zu ergießen, die Droschkenkutschern und Kellnern keine Trinkgelder geben, die einem Dienstmädchen nach geendigtem Damenkaffee zwei Groschen in die Hand drücken oder in ihrer, der Herren Gegenwart, um ein paar Groschen feilschen. Fehlten der Frau aber am Ende des Monats einige Thaler am Wirthschaftsgelde, und sie wollte sie von dem Mann erbitten unter dem Hinweis auf die noblen Trink- gelder, die sie gegeben, und daß sie sich das Handeln abgewöhnt habe, so würde der gentile Herr ihr die paar Thaler wahrscheinlich höchst entrüstet verweigern. Mein Gott, man kann doch eben nicht an jede Eigen- schaft den Maßstab des Vortheils legen, den die Männer davon haben. Es giebt absolute Maßstäbe, und nach diesen würde ich die Sparsamkeit zu den praktisch nütz- 4*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-07-10T17:06:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-07-10T17:06:15Z)

Weitere Informationen:

Verfahren der Texterfassung: OCR mit Nachkorrektur.

Bogensignaturen: keine Angabe; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/123
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 115. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/123>, abgerufen am 05.05.2024.