Von vornherein fällt uns als charakteristisch auf, daß sie nichts ganz, sondern Alles nur ein Bischen thut, daß sie die Arbeiten nicht gründlich, sondern nur so obenhin verrichtet.
Keine Frau, oder fast keine (in den Ständen von denen ich spreche) kocht ganz allein, noch führt oder trägt sie selbst ihre kleinen Kinder spazieren. Auch besorgt sie Wäsche und Näherei nicht ohne Hülfe dienstbarer Geister.
Jm Großen und Ganzen wird ihre Beschäftigung folgende sein:
Sie spielt abwechselnd ein Bischen mit den Kindern und mit dem Klavier, näht ein wenig, guckt in die Töpfe, tauscht ihre Gedanken mit der Köchin aus, und stört diese sehr, schnuppert in der Speisekammer umher, und läßt Flaschen, Kruken und Töpfe "verwechsle das Plätzchen" spielen. Sie nascht ein wenig, frühstückt, zankt mit Auguste und dem Kindermädchen, plättet ein Kinderkleidchen auf, inspizirt das Brennmaterial, ob der böse Dieb nicht eingedrungen, sucht einen Schlüssel, den sie verlegt hat, läßt sich frisiren, macht Toilette; daran schließt sich ein Spaziergang, oder ein Besuch, noch ein halbstündiges Schnurren auf der Nähmaschine, ein kleiner Handel mit der Hökerfrau, und in den Abendstunden Erfrischung des Gatten durch anmuthiges Geplauder, oder Gesellschaft, Theater u. s. w.
Dohm, Der Jesuitismus im Hausstande. 7
Von vornherein fällt uns als charakteristisch auf, daß sie nichts ganz, sondern Alles nur ein Bischen thut, daß sie die Arbeiten nicht gründlich, sondern nur so obenhin verrichtet.
Keine Frau, oder fast keine (in den Ständen von denen ich spreche) kocht ganz allein, noch führt oder trägt sie selbst ihre kleinen Kinder spazieren. Auch besorgt sie Wäsche und Näherei nicht ohne Hülfe dienstbarer Geister.
Jm Großen und Ganzen wird ihre Beschäftigung folgende sein:
Sie spielt abwechselnd ein Bischen mit den Kindern und mit dem Klavier, näht ein wenig, guckt in die Töpfe, tauscht ihre Gedanken mit der Köchin aus, und stört diese sehr, schnuppert in der Speisekammer umher, und läßt Flaschen, Kruken und Töpfe „verwechsle das Plätzchen‟ spielen. Sie nascht ein wenig, frühstückt, zankt mit Auguste und dem Kindermädchen, plättet ein Kinderkleidchen auf, inspizirt das Brennmaterial, ob der böse Dieb nicht eingedrungen, sucht einen Schlüssel, den sie verlegt hat, läßt sich frisiren, macht Toilette; daran schließt sich ein Spaziergang, oder ein Besuch, noch ein halbstündiges Schnurren auf der Nähmaschine, ein kleiner Handel mit der Hökerfrau, und in den Abendstunden Erfrischung des Gatten durch anmuthiges Geplauder, oder Gesellschaft, Theater u. s. w.
Dohm, Der Jesuitismus im Hausstande. 7
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Von vornherein fällt uns als charakteristisch auf,
daß sie nichts ganz, sondern Alles nur ein Bischen
thut, daß sie die Arbeiten nicht gründlich, sondern nur
so obenhin verrichtet.
Keine Frau, oder fast keine (in den Ständen von
denen ich spreche) kocht ganz allein, noch führt oder trägt
sie selbst ihre kleinen Kinder spazieren. Auch besorgt sie
Wäsche und Näherei nicht ohne Hülfe dienstbarer Geister.
Jm Großen und Ganzen wird ihre Beschäftigung
folgende sein:
Sie spielt abwechselnd ein Bischen mit den Kindern
und mit dem Klavier, näht ein wenig, guckt in die
Töpfe, tauscht ihre Gedanken mit der Köchin aus, und
stört diese sehr, schnuppert in der Speisekammer umher,
und läßt Flaschen, Kruken und Töpfe „verwechsle das
Plätzchen‟ spielen. Sie nascht ein wenig, frühstückt,
zankt mit Auguste und dem Kindermädchen, plättet ein
Kinderkleidchen auf, inspizirt das Brennmaterial, ob der
böse Dieb nicht eingedrungen, sucht einen Schlüssel, den
sie verlegt hat, läßt sich frisiren, macht Toilette; daran
schließt sich ein Spaziergang, oder ein Besuch, noch ein
halbstündiges Schnurren auf der Nähmaschine, ein kleiner
Handel mit der Hökerfrau, und in den Abendstunden
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Dohm, Hedwig: Der Jesuitismus im Hausstande. Berlin, 1873, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_jesuitismus_1873/105>, abgerufen am 16.02.2025.
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