Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Schwierigkeit den Bedingungen folgen können, unter
denen sich die Bigotterie und der Hochmuth, die Träg-
heit, die Sinnlichkeit und die Tapferkeit der Spanier
entwickeln mußten. Die Spanier, ohne den Einfall der
Saracenen und ihren achthundertjährigen Maurenkrieg,
ohne die Jnquisition, ohne die rauhen und unwegsamen
Berge ihres Landes, ohne ihre verabscheuenswerthen
Dynastien, wären nimmermehr die Spanier geworden,
wie sie heut sich uns darstellen.

Die nationalen Eigenthümlichkeiten eines Volkes
finden wir gleichmäßig unter seinen verschiedenen Klas-
sen und Ständen verbreitet. An der Eitelkeit und
Ruhmsucht des Franzosen participiren alle Bürger
Frankreichs; dasselbe gilt von der Bedächtigkeit und
dem Phlegma des Holländers, von der Selbstständig-
keit, dem gesunden Menschenverstand und dem Freiheits-
sinn des Engländers u.s.w.

Bei gründlicherer und schärferer Beobachtung eines
Volkes aber erkennen wir, daß außer diesen, allen
Schichten der Bevölkerung gemeinsamen Eigenthümlich-
keiten sich Stände und Klassen im Lauf der Zeit in-
nere und äußere Eigenschaften erwerben, die sie von
einander unterscheiden. Ja, der Satz wird aufge-
stellt, daß jede einzelne Berufsart die zu ihr ge-

Schwierigkeit den Bedingungen folgen können, unter
denen sich die Bigotterie und der Hochmuth, die Träg-
heit, die Sinnlichkeit und die Tapferkeit der Spanier
entwickeln mußten. Die Spanier, ohne den Einfall der
Saracenen und ihren achthundertjährigen Maurenkrieg,
ohne die Jnquisition, ohne die rauhen und unwegsamen
Berge ihres Landes, ohne ihre verabscheuenswerthen
Dynastien, wären nimmermehr die Spanier geworden,
wie sie heut sich uns darstellen.

Die nationalen Eigenthümlichkeiten eines Volkes
finden wir gleichmäßig unter seinen verschiedenen Klas-
sen und Ständen verbreitet. An der Eitelkeit und
Ruhmsucht des Franzosen participiren alle Bürger
Frankreichs; dasselbe gilt von der Bedächtigkeit und
dem Phlegma des Holländers, von der Selbstständig-
keit, dem gesunden Menschenverstand und dem Freiheits-
sinn des Engländers u.s.w.

Bei gründlicherer und schärferer Beobachtung eines
Volkes aber erkennen wir, daß außer diesen, allen
Schichten der Bevölkerung gemeinsamen Eigenthümlich-
keiten sich Stände und Klassen im Lauf der Zeit in-
nere und äußere Eigenschaften erwerben, die sie von
einander unterscheiden. Ja, der Satz wird aufge-
stellt, daß jede einzelne Berufsart die zu ihr ge-

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0013" n="5"/>
Schwierigkeit den Bedingungen folgen können, unter<lb/>
denen sich die Bigotterie und der Hochmuth, die Träg-<lb/>
heit, die Sinnlichkeit und die Tapferkeit der Spanier<lb/>
entwickeln mußten. Die Spanier, ohne den Einfall der<lb/>
Saracenen und ihren achthundertjährigen Maurenkrieg,<lb/>
ohne die Jnquisition, ohne die rauhen und unwegsamen<lb/>
Berge ihres Landes, ohne ihre verabscheuenswerthen<lb/>
Dynastien, wären nimmermehr die Spanier geworden,<lb/>
wie sie heut sich uns darstellen.</p><lb/>
        <p>Die nationalen Eigenthümlichkeiten eines Volkes<lb/>
finden wir gleichmäßig unter seinen verschiedenen Klas-<lb/>
sen und Ständen verbreitet. An der Eitelkeit und<lb/>
Ruhmsucht des Franzosen participiren alle Bürger<lb/>
Frankreichs; dasselbe gilt von der Bedächtigkeit und<lb/>
dem Phlegma des Holländers, von der Selbstständig-<lb/>
keit, dem gesunden Menschenverstand und dem Freiheits-<lb/>
sinn des Engländers u.s.w.</p><lb/>
        <p>Bei gründlicherer und schärferer Beobachtung eines<lb/>
Volkes aber erkennen wir, daß außer diesen, allen<lb/>
Schichten der Bevölkerung gemeinsamen Eigenthümlich-<lb/>
keiten sich Stände und Klassen im Lauf der Zeit in-<lb/>
nere und äußere Eigenschaften erwerben, die sie von<lb/>
einander unterscheiden. Ja, der Satz wird aufge-<lb/>
stellt, daß jede einzelne Berufsart die zu ihr ge-<lb/>
&#x2003;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[5/0013] Schwierigkeit den Bedingungen folgen können, unter denen sich die Bigotterie und der Hochmuth, die Träg- heit, die Sinnlichkeit und die Tapferkeit der Spanier entwickeln mußten. Die Spanier, ohne den Einfall der Saracenen und ihren achthundertjährigen Maurenkrieg, ohne die Jnquisition, ohne die rauhen und unwegsamen Berge ihres Landes, ohne ihre verabscheuenswerthen Dynastien, wären nimmermehr die Spanier geworden, wie sie heut sich uns darstellen. Die nationalen Eigenthümlichkeiten eines Volkes finden wir gleichmäßig unter seinen verschiedenen Klas- sen und Ständen verbreitet. An der Eitelkeit und Ruhmsucht des Franzosen participiren alle Bürger Frankreichs; dasselbe gilt von der Bedächtigkeit und dem Phlegma des Holländers, von der Selbstständig- keit, dem gesunden Menschenverstand und dem Freiheits- sinn des Engländers u.s.w. Bei gründlicherer und schärferer Beobachtung eines Volkes aber erkennen wir, daß außer diesen, allen Schichten der Bevölkerung gemeinsamen Eigenthümlich- keiten sich Stände und Klassen im Lauf der Zeit in- nere und äußere Eigenschaften erwerben, die sie von einander unterscheiden. Ja, der Satz wird aufge- stellt, daß jede einzelne Berufsart die zu ihr ge-  

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-07T16:13:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/13
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 5. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/13>, abgerufen am 03.12.2024.