Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876.

Bild:
<< vorherige Seite

Mann und Weib besitzen verschiedene moralische
und geistige Eigenschaften, ihrer verschiedenen körper-
lichen Organisation entsprechend, auf Grund deren
die Beziehungen der Geschlechter von der Zeit
Eva's bis zur Gegenwart bestimmt worden
sind
.

Diesen oder ähnlichen Aussprüchen und Phrasen
ist die Ehre zu Theil geworden, als Wahrheit und
Grundprincip seit unvordenklichen Zeiten in Aller Munde
zu leben und in den Geistern Aller zu wirken.

Zu untersuchen ob und inwieweit obiger Ausspruch
auf Wahrheit beruhe, zu erforschen, ob die Eigenart
des weiblichen Geschlechts, seine charakteristischen Eigen-
thümlichkeiten sich auf Grund wissenschaftlicher Erkennt-
nisse heut schon bestimmen lassen, ist der Zweck dieses
Aufsatzes.

Eine vorurtheilsfreie und erfolgreiche Untersuchung
auf diesem Gebiete kann aber nur unternommen werden,
indem wir den Nimbus des Alterthums an obiger
Phrase völlig mißachten, und indem wir unsere Vor-
stellungen der schleppenden Gewänder der Tradition
entkleiden. Erst wenn die Vernunft sich aller vergilb-
ten Flittern kindischer Phantasien, alles morschen
geistigen Gerümpels entledigt hat, erst dann vermag

1*

Mann und Weib besitzen verschiedene moralische
und geistige Eigenschaften, ihrer verschiedenen körper-
lichen Organisation entsprechend, auf Grund deren
die Beziehungen der Geschlechter von der Zeit
Eva's bis zur Gegenwart bestimmt worden
sind
.

Diesen oder ähnlichen Aussprüchen und Phrasen
ist die Ehre zu Theil geworden, als Wahrheit und
Grundprincip seit unvordenklichen Zeiten in Aller Munde
zu leben und in den Geistern Aller zu wirken.

Zu untersuchen ob und inwieweit obiger Ausspruch
auf Wahrheit beruhe, zu erforschen, ob die Eigenart
des weiblichen Geschlechts, seine charakteristischen Eigen-
thümlichkeiten sich auf Grund wissenschaftlicher Erkennt-
nisse heut schon bestimmen lassen, ist der Zweck dieses
Aufsatzes.

Eine vorurtheilsfreie und erfolgreiche Untersuchung
auf diesem Gebiete kann aber nur unternommen werden,
indem wir den Nimbus des Alterthums an obiger
Phrase völlig mißachten, und indem wir unsere Vor-
stellungen der schleppenden Gewänder der Tradition
entkleiden. Erst wenn die Vernunft sich aller vergilb-
ten Flittern kindischer Phantasien, alles morschen
geistigen Gerümpels entledigt hat, erst dann vermag

1*
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0011" n="3"/>
        <p>Mann und Weib besitzen verschiedene moralische<lb/>
und geistige Eigenschaften, ihrer verschiedenen körper-<lb/>
lichen Organisation entsprechend, <hi rendition="#g">auf Grund deren<lb/>
die Beziehungen der Geschlechter von der Zeit<lb/>
Eva's bis zur Gegenwart bestimmt worden<lb/>
sind</hi>.</p><lb/>
        <p>Diesen oder ähnlichen Aussprüchen und Phrasen<lb/>
ist die Ehre zu Theil geworden, als Wahrheit und<lb/>
Grundprincip seit unvordenklichen Zeiten in Aller Munde<lb/>
zu leben und in den Geistern Aller zu wirken.</p><lb/>
        <p>Zu untersuchen ob und inwieweit obiger Ausspruch<lb/>
auf Wahrheit beruhe, zu erforschen, ob die Eigenart<lb/>
des weiblichen Geschlechts, seine charakteristischen Eigen-<lb/>
thümlichkeiten sich auf Grund wissenschaftlicher Erkennt-<lb/>
nisse heut schon bestimmen lassen, ist der Zweck dieses<lb/>
Aufsatzes.</p><lb/>
        <p>Eine vorurtheilsfreie und erfolgreiche Untersuchung<lb/>
auf diesem Gebiete kann aber nur unternommen werden,<lb/>
indem wir den Nimbus des Alterthums an obiger<lb/>
Phrase völlig mißachten, und indem wir unsere Vor-<lb/>
stellungen der schleppenden Gewänder der Tradition<lb/>
entkleiden. Erst wenn die Vernunft sich aller vergilb-<lb/>
ten Flittern kindischer Phantasien, alles morschen<lb/>
geistigen Gerümpels entledigt hat, erst dann vermag<lb/>
<fw place="bottom" type="sig">1*</fw><lb/>
&#x2003;
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[3/0011] Mann und Weib besitzen verschiedene moralische und geistige Eigenschaften, ihrer verschiedenen körper- lichen Organisation entsprechend, auf Grund deren die Beziehungen der Geschlechter von der Zeit Eva's bis zur Gegenwart bestimmt worden sind. Diesen oder ähnlichen Aussprüchen und Phrasen ist die Ehre zu Theil geworden, als Wahrheit und Grundprincip seit unvordenklichen Zeiten in Aller Munde zu leben und in den Geistern Aller zu wirken. Zu untersuchen ob und inwieweit obiger Ausspruch auf Wahrheit beruhe, zu erforschen, ob die Eigenart des weiblichen Geschlechts, seine charakteristischen Eigen- thümlichkeiten sich auf Grund wissenschaftlicher Erkennt- nisse heut schon bestimmen lassen, ist der Zweck dieses Aufsatzes. Eine vorurtheilsfreie und erfolgreiche Untersuchung auf diesem Gebiete kann aber nur unternommen werden, indem wir den Nimbus des Alterthums an obiger Phrase völlig mißachten, und indem wir unsere Vor- stellungen der schleppenden Gewänder der Tradition entkleiden. Erst wenn die Vernunft sich aller vergilb- ten Flittern kindischer Phantasien, alles morschen geistigen Gerümpels entledigt hat, erst dann vermag   1*

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Texte der ersten Frauenbewegung, betreut von Anna Pfundt und Thomas Gloning, JLU Gießen: Bereitstellung der Texttranskription. (2017-04-07T16:13:32Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Anna Pfundt: Bearbeitung der digitalen Edition. (2017-04-07T16:13:32Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): gekennzeichnet; i/j in Fraktur: keine Angabe; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: keine Angabe; Kustoden: keine Angabe; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (ꝛ): keine Angabe; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: keine Angabe; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/11
Zitationshilfe: Dohm, Hedwig: Der Frauen Natur und Recht. Berlin, 1876, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dohm_frauenfrage_1876/11>, abgerufen am 19.04.2024.