Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Döpler, Jacob: Theatripoenarum, Suppliciorum Et Executionum Crminalium, Oder Schau-Platzes Derer Leibes- und Lebens-Strafen. Bd. 2. Leipzig, 1697.

Bild:
<< vorherige Seite

der Römer darbey wahr/ sich deshalber beschwehrete/ legte Brennus einer von den Galliern sein Schwerd lachenden Mundes zu dem Gewichte in die Wage Schale und sagte:

VAE VICTIS!

oder

So mußmans denen Uberwundenen machen!

Indem kommet zu allem Glück Camillus (den die Römer vorhero ins Elend gewiesen / jetzo aber in ihren grösten Nöthen wieder berufften/ und zum Dictator machten) mit dem Römischen Krieges Heer zur Stadt hinein gezogen/ hieß das alles auff eine Seite thun/ sagte sie solten das Gold liegen lassen/ und dafür nach den kalten Eisen greiffen/ es müste gefochten seyn. Die Galli hatten sich dessen nicht versehen/ sondern zohen den getroffenen Accord an. Camillus sagte: Er wäre Dictator, die im Schloß hätten nicht Macht gehabt/ ohne ihm zu accordiren. Gleichwie nun die Galli nicht viel Lust hatten zum fechten/ also wurden sie auch leicht geschlagen/ flohen für die Stadt hinaus/ und samleten sich wieder. Da griff sie Camillus noch einmahl an/ und schlug sie dermassen daß auch keiner wieder heim kahm/ der sagen konte/ wie es den andern ergangen. Alles Guth das die Gelli zu Rom geraubet/ brachte Camillus wieder in die Stadt/ zohe mit herrlichen Triumph hinein/ und wurde ihm der Nahme der zweyte oder andere Romulus gegeben.

Livius lib. 5. Hist. c. 46. & 49. Plutarch. in Camillo.

LXII. In der Stadt Gordia zwischen groß und klein Phrygia lag im Tempel Jovis ein Knopff von Riemen in einander geflochten/ und war eine alte Sage/ wer diesen Knopff NODUS GORDIUS genandt/ aufflösen würde/ der solte die solte die Beherschung über gantz Asiam erlangen. Wie es aber mit diesen Knopff ergangen / erzehlen die Historici also: Als an dem Orthe einer mit Nahmen Gordius im Felde pflügte flohen die Vogel hauffenweise üm ihn her/ und weil solches etliche mahl geschahe/ warder beweget in die näheste Stadt zu gehen/ und sich bey den Wahrsagern Raths zu erfragen. Da er nun biß an das Stadtthor kahm/ begegnete ihm eine schöne Jungfer/ die fragte Gordius wo er einen Wahrsager antreffen möchte? da sie von ihm die Ursache dessen vernommen/ und sich selber auff die Kunst wol verstund/ sagte sie er würde König werden/ both sich auch an er solte sie heyrathen. Das geschahe/ und bald darauff wie ein grosser Streit unter den Phrygiern sich erhub/ gaben die Götter die Antwort: Es könte diese Bürgerliche Uneinigkeit anders nicht/ denn durch einen König/ erörtert werden.

der Römer darbey wahr/ sich deshalber beschwehrete/ legte Brennus einer von den Galliern sein Schwerd lachenden Mundes zu dem Gewichte in die Wage Schale und sagte:

VAE VICTIS!

oder

So mußmans denen Uberwundenen machen!

Indem kommet zu allem Glück Camillus (den die Römer vorhero ins Elend gewiesen / jetzo aber in ihren grösten Nöthen wieder berufften/ und zum Dictator machten) mit dem Römischen Krieges Heer zur Stadt hinein gezogen/ hieß das alles auff eine Seite thun/ sagte sie solten das Gold liegen lassen/ und dafür nach den kalten Eisen greiffen/ es müste gefochten seyn. Die Galli hatten sich dessen nicht versehen/ sondern zohen den getroffenen Accord an. Camillus sagte: Er wäre Dictator, die im Schloß hätten nicht Macht gehabt/ ohne ihm zu accordiren. Gleichwie nun die Galli nicht viel Lust hatten zum fechten/ also wurden sie auch leicht geschlagen/ flohen für die Stadt hinaus/ und samleten sich wieder. Da griff sie Camillus noch einmahl an/ und schlug sie dermassen daß auch keiner wieder heim kahm/ der sagen konte/ wie es den andern ergangen. Alles Guth das die Gelli zu Rom geraubet/ brachte Camillus wieder in die Stadt/ zohe mit herrlichen Triumph hinein/ und wurde ihm der Nahme der zweyte oder andere Romulus gegeben.

Livius lib. 5. Hist. c. 46. & 49. Plutarch. in Camillo.

LXII. In der Stadt Gordia zwischen groß und klein Phrygia lag im Tempel Jovis ein Knopff von Riemen in einander geflochten/ und war eine alte Sage/ wer diesen Knopff NODUS GORDIUS genandt/ aufflösen würde/ der solte die solte die Beherschung über gantz Asiam erlangen. Wie es aber mit diesen Knopff ergangen / erzehlen die Historici also: Als an dem Orthe einer mit Nahmen Gordius im Felde pflügte flohen die Vogel hauffenweise üm ihn her/ und weil solches etliche mahl geschahe/ warder beweget in die näheste Stadt zu gehen/ und sich bey den Wahrsagern Raths zu erfragen. Da er nun biß an das Stadtthor kahm/ begegnete ihm eine schöne Jungfer/ die fragte Gordius wo er einen Wahrsager antreffen möchte? da sie von ihm die Ursache dessen vernommen/ und sich selber auff die Kunst wol verstund/ sagte sie er würde König werden/ both sich auch an er solte sie heyrathen. Das geschahe/ und bald darauff wie ein grosser Streit unter den Phrygiern sich erhub/ gaben die Götter die Antwort: Es könte diese Bürgerliche Uneinigkeit anders nicht/ denn durch einen König/ erörtert werden.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0055" n="45"/>
der Römer darbey wahr/ sich deshalber beschwehrete/ legte Brennus                      einer von den Galliern sein Schwerd lachenden Mundes zu dem Gewichte in die Wage                      Schale und sagte:</p>
        <p>VAE VICTIS!</p>
        <p>oder</p>
        <p>So mußmans denen Uberwundenen machen!</p>
        <p>Indem kommet zu allem Glück Camillus (den die Römer vorhero ins Elend gewiesen /                      jetzo aber in ihren grösten Nöthen wieder berufften/ und zum Dictator machten)                      mit dem Römischen Krieges Heer zur Stadt hinein gezogen/ hieß das alles auff                      eine Seite thun/ sagte sie solten das Gold liegen lassen/ und dafür nach den                      kalten Eisen greiffen/ es müste gefochten seyn. Die Galli hatten sich dessen                      nicht versehen/ sondern zohen den getroffenen Accord an. Camillus sagte: Er                      wäre Dictator, die im Schloß hätten nicht Macht gehabt/ ohne ihm zu accordiren.                      Gleichwie nun die Galli nicht viel Lust hatten zum fechten/ also wurden sie                      auch leicht geschlagen/ flohen für die Stadt hinaus/ und samleten sich wieder.                      Da griff sie Camillus noch einmahl an/ und schlug sie dermassen daß auch keiner                      wieder heim kahm/ der sagen konte/ wie es den andern ergangen. Alles Guth das                      die Gelli zu Rom geraubet/ brachte Camillus wieder in die Stadt/ zohe mit                      herrlichen Triumph hinein/ und wurde ihm der Nahme der zweyte oder andere                      Romulus gegeben.</p>
        <p>Livius lib. 5. Hist. c. 46. &amp; 49. Plutarch. in Camillo.</p>
        <p>LXII. In der Stadt Gordia zwischen groß und klein Phrygia lag im Tempel Jovis ein                      Knopff von Riemen in einander geflochten/ und war eine alte Sage/ wer diesen                      Knopff NODUS GORDIUS genandt/ aufflösen würde/ der solte die solte die                      Beherschung über gantz Asiam erlangen. Wie es aber mit diesen Knopff ergangen /                      erzehlen die Historici also: Als an dem Orthe einer mit Nahmen Gordius im Felde                      pflügte flohen die Vogel hauffenweise üm ihn her/ und weil solches etliche mahl                      geschahe/ warder beweget in die näheste Stadt zu gehen/ und sich bey den                      Wahrsagern Raths zu erfragen. Da er nun biß an das Stadtthor kahm/ begegnete                      ihm eine schöne Jungfer/ die fragte Gordius wo er einen Wahrsager antreffen                      möchte? da sie von ihm die Ursache dessen vernommen/ und sich selber auff die                      Kunst wol verstund/ sagte sie er würde König werden/ both sich auch an er                      solte sie heyrathen. Das geschahe/ und bald darauff wie ein grosser Streit                      unter den Phrygiern sich erhub/ gaben die Götter die Antwort: Es könte diese                      Bürgerliche Uneinigkeit anders nicht/ denn durch einen König/ erörtert                          werden.
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[45/0055] der Römer darbey wahr/ sich deshalber beschwehrete/ legte Brennus einer von den Galliern sein Schwerd lachenden Mundes zu dem Gewichte in die Wage Schale und sagte: VAE VICTIS! oder So mußmans denen Uberwundenen machen! Indem kommet zu allem Glück Camillus (den die Römer vorhero ins Elend gewiesen / jetzo aber in ihren grösten Nöthen wieder berufften/ und zum Dictator machten) mit dem Römischen Krieges Heer zur Stadt hinein gezogen/ hieß das alles auff eine Seite thun/ sagte sie solten das Gold liegen lassen/ und dafür nach den kalten Eisen greiffen/ es müste gefochten seyn. Die Galli hatten sich dessen nicht versehen/ sondern zohen den getroffenen Accord an. Camillus sagte: Er wäre Dictator, die im Schloß hätten nicht Macht gehabt/ ohne ihm zu accordiren. Gleichwie nun die Galli nicht viel Lust hatten zum fechten/ also wurden sie auch leicht geschlagen/ flohen für die Stadt hinaus/ und samleten sich wieder. Da griff sie Camillus noch einmahl an/ und schlug sie dermassen daß auch keiner wieder heim kahm/ der sagen konte/ wie es den andern ergangen. Alles Guth das die Gelli zu Rom geraubet/ brachte Camillus wieder in die Stadt/ zohe mit herrlichen Triumph hinein/ und wurde ihm der Nahme der zweyte oder andere Romulus gegeben. Livius lib. 5. Hist. c. 46. & 49. Plutarch. in Camillo. LXII. In der Stadt Gordia zwischen groß und klein Phrygia lag im Tempel Jovis ein Knopff von Riemen in einander geflochten/ und war eine alte Sage/ wer diesen Knopff NODUS GORDIUS genandt/ aufflösen würde/ der solte die solte die Beherschung über gantz Asiam erlangen. Wie es aber mit diesen Knopff ergangen / erzehlen die Historici also: Als an dem Orthe einer mit Nahmen Gordius im Felde pflügte flohen die Vogel hauffenweise üm ihn her/ und weil solches etliche mahl geschahe/ warder beweget in die näheste Stadt zu gehen/ und sich bey den Wahrsagern Raths zu erfragen. Da er nun biß an das Stadtthor kahm/ begegnete ihm eine schöne Jungfer/ die fragte Gordius wo er einen Wahrsager antreffen möchte? da sie von ihm die Ursache dessen vernommen/ und sich selber auff die Kunst wol verstund/ sagte sie er würde König werden/ both sich auch an er solte sie heyrathen. Das geschahe/ und bald darauff wie ein grosser Streit unter den Phrygiern sich erhub/ gaben die Götter die Antwort: Es könte diese Bürgerliche Uneinigkeit anders nicht/ denn durch einen König/ erörtert werden.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum02_1697
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum02_1697/55
Zitationshilfe: Döpler, Jacob: Theatripoenarum, Suppliciorum Et Executionum Crminalium, Oder Schau-Platzes Derer Leibes- und Lebens-Strafen. Bd. 2. Leipzig, 1697, S. 45. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum02_1697/55>, abgerufen am 09.05.2024.