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Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693.

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titulus est: Toxatis sive amicitia, ubi eorum foedus ac jus jurandum, quod maximum appellat, recensetur. Etenim, inquit Scytha illa Lucianicus, simulat[unleserliches Material] incisis digitis sanguinem in calicem destillaverimus, summis[unleserliches Material] intinctis gladiis, ambo pariter admoventes biberimus, non est quicquam, quod deinde nos queat dirimere. Huc quoque Solinus, polyhistor, spectasse videtur ubi de Scythis ita scribit: Haustu mutui sanguinis foedus sanciunt, non sua tantum, sed Medorum quo[unleserliches Material] usurpata disciplina. Simile quiddam tribuit Posidonius, apud Athenaeum, Germanis, ferunt, inquit, hos in symposiis benigne complexos, venas in fronte adscindere, & sanguinem defluentem in poculo miscentes bibere, summum amicitiae terminum attigisse existimantes, cum sanguinem vicissim inter se degustarint.

XVI. Einer solchen Manier hat sich auch Radamistus Pharasimanis/ Königs in Iberien/ welche Landschafft heut zu tage Georgiana genennet wird/ Sohn/ wie wohl lechtfertiger und betrieglicher Weise/ wieder seinen Vetter Mitheridatem, König in Armenien gebrauchet: Denn als er demselben weder durch Gewald/ noch Hinterlist bey kommen konte/ stellete er sich/ als wolte er die bisherige Streitigkeit durch gütlichen Vertrag und Bündnis beylegen/ verschaffte auch / daß der gute Mithridates zu ihm auf ein Gespräch und Unterredung kahm. Als es nun an dem wahr/ das zu Bestetigung des Friedens beyde Könige ihre beyde Daumen zusammen binden lassen wolten/ stellete sich der/ so das Band in händen hatte / als wenn ihm solches unversehens auf die Erde fiehl/ wahr aber geschwinde her / und band damit dem Mitheidati die Füsse/ daß er mit samt der Gemahlin und Kindern von dem Radamisto gefangen genommen/ und weggeführet wurde. Ob nun wohl dieser ihnen versprochen/ sie weder mit Schwerd noch Gifft zu verletzen/ hat er sie doch alle mit Küssen/ so man ihnen über die Gesichte gelegt/ ersticken lassen.

Ex Baptista Fulgoso Camerar. d. cap. 57. And. Ehrens. lib. 9. memorab. exempl. de proditione.

XVII. Wenn die Einwohner der Palm-Insel die alda ankommende Fremde in ihre Gunst und Freundschafft aufnehmen/ schneiden sie sich mit einen Scheer- oder scharffen steinernen Messer in die Zungen/ Hand/ Arm/ oder ander Gliedmaß des Leibes/ in Beyseyn solches Fremden/ daß das Blut auf die Erde laufet/ davor haltende/ es wehre keine rechte Freundschafft zu ach-

titulus est: Toxatis sive amicitia, ubi eorum foedus ac jus jurandum, quod maximum appellat, recensetur. Etenim, inquit Scytha illa Lucianicus, simulat[unleserliches Material] incisis digitis sanguinem in calicem destillaverimus, summis[unleserliches Material] intinctis gladiis, ambo pariter admoventes biberimus, non est quicquam, quod deinde nos queat dirimere. Huc quoque Solinus, polyhistor, spectasse videtur ubi de Scythis ita scribit: Haustu mutui sanguinis foedus sanciunt, non sua tantum, sed Medorum quo[unleserliches Material] usurpata disciplina. Simile quiddam tribuit Posidonius, apud Athenaeum, Germanis, ferunt, inquit, hos in symposiis benignè complexos, venas in fronte adscindere, & sanguinem defluentem in poculo miscentes bibere, summum amicitiae terminum attigisse existimantes, cum sanguinem vicissim inter se degustarint.

XVI. Einer solchen Manier hat sich auch Radamistus Pharasimanis/ Königs in Iberien/ welche Landschafft heut zu tage Georgiana genennet wird/ Sohn/ wie wohl lechtfertiger und betrieglicher Weise/ wieder seinen Vetter Mitheridatem, König in Armenien gebrauchet: Denn als er demselben weder durch Gewald/ noch Hinterlist bey kommen konte/ stellete er sich/ als wolte er die bisherige Streitigkeit durch gütlichen Vertrag und Bündnis beylegen/ verschaffte auch / daß der gute Mithridates zu ihm auf ein Gespräch und Unterredung kahm. Als es nun an dem wahr/ das zu Bestetigung des Friedens beyde Könige ihre beyde Daumen zusammen binden lassen wolten/ stellete sich der/ so das Band in händen hatte / als wenn ihm solches unversehens auf die Erde fiehl/ wahr aber geschwinde her / und band damit dem Mitheidati die Füsse/ daß er mit samt der Gemahlin und Kindern von dem Radamisto gefangen genommen/ und weggeführet wurde. Ob nun wohl dieser ihnen versprochen/ sie weder mit Schwerd noch Gifft zu verletzen/ hat er sie doch alle mit Küssen/ so man ihnen über die Gesichte gelegt/ ersticken lassen.

Ex Baptista Fulgoso Camerar. d. cap. 57. And. Ehrens. lib. 9. memorab. exempl. de proditione.

XVII. Wenn die Einwohner der Palm-Insel die alda ankommende Fremde in ihre Gunst und Freundschafft aufnehmen/ schneiden sie sich mit einen Scheer- oder scharffen steinernen Messer in die Zungen/ Hand/ Arm/ oder ander Gliedmaß des Leibes/ in Beyseyn solches Fremden/ daß das Blut auf die Erde laufet/ davor haltende/ es wehre keine rechte Freundschafft zu ach-

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[984/0990] titulus est: Toxatis sive amicitia, ubi eorum foedus ac jus jurandum, quod maximum appellat, recensetur. Etenim, inquit Scytha illa Lucianicus, simulat_ incisis digitis sanguinem in calicem destillaverimus, summis_ intinctis gladiis, ambo pariter admoventes biberimus, non est quicquam, quod deinde nos queat dirimere. Huc quoque Solinus, polyhistor, spectasse videtur ubi de Scythis ita scribit: Haustu mutui sanguinis foedus sanciunt, non sua tantum, sed Medorum quo_ usurpata disciplina. Simile quiddam tribuit Posidonius, apud Athenaeum, Germanis, ferunt, inquit, hos in symposiis benignè complexos, venas in fronte adscindere, & sanguinem defluentem in poculo miscentes bibere, summum amicitiae terminum attigisse existimantes, cum sanguinem vicissim inter se degustarint. XVI. Einer solchen Manier hat sich auch Radamistus Pharasimanis/ Königs in Iberien/ welche Landschafft heut zu tage Georgiana genennet wird/ Sohn/ wie wohl lechtfertiger und betrieglicher Weise/ wieder seinen Vetter Mitheridatem, König in Armenien gebrauchet: Denn als er demselben weder durch Gewald/ noch Hinterlist bey kommen konte/ stellete er sich/ als wolte er die bisherige Streitigkeit durch gütlichen Vertrag und Bündnis beylegen/ verschaffte auch / daß der gute Mithridates zu ihm auf ein Gespräch und Unterredung kahm. Als es nun an dem wahr/ das zu Bestetigung des Friedens beyde Könige ihre beyde Daumen zusammen binden lassen wolten/ stellete sich der/ so das Band in händen hatte / als wenn ihm solches unversehens auf die Erde fiehl/ wahr aber geschwinde her / und band damit dem Mitheidati die Füsse/ daß er mit samt der Gemahlin und Kindern von dem Radamisto gefangen genommen/ und weggeführet wurde. Ob nun wohl dieser ihnen versprochen/ sie weder mit Schwerd noch Gifft zu verletzen/ hat er sie doch alle mit Küssen/ so man ihnen über die Gesichte gelegt/ ersticken lassen. Ex Baptista Fulgoso Camerar. d. cap. 57. And. Ehrens. lib. 9. memorab. exempl. de proditione. XVII. Wenn die Einwohner der Palm-Insel die alda ankommende Fremde in ihre Gunst und Freundschafft aufnehmen/ schneiden sie sich mit einen Scheer- oder scharffen steinernen Messer in die Zungen/ Hand/ Arm/ oder ander Gliedmaß des Leibes/ in Beyseyn solches Fremden/ daß das Blut auf die Erde laufet/ davor haltende/ es wehre keine rechte Freundschafft zu ach-

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Zitationshilfe: Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693, S. 984. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/990>, abgerufen am 20.05.2024.