Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693.

Bild:
<< vorherige Seite

sprechen könten: Ist Klägern oder Beklagten/ nach erlangter Bewilligung des Gerichts/ erlaubt/ auf andere Weise und Wege die Unschuld und Billigkeit ihrer Sachen darzuthun: Indem er nemlich sich ins Wasser senckt / oder die Hände in siedendes Oel steckt/ oder mit blossen Füssen mitten durchs Feuer gehet/ oder auch einen Klumpen mit harten Flüchen beschwornen Reises aufisset. Wie denn diese und andere dergleichen Proben/ vor dem Gericht und allen Volck auf öffentlichen Platz/ entweder durch die Partheyen selbst/ oder durch deren Gevollmächtigte geschehen. Mit der Wasser-Probe gehet es also zu: Am Grunde des Wassers stecken zween Stäbe/ vermittelst deren fahren beyde Theile in den Grund hinab zu gleicher Zeit. Welcher aber von beyden am längsten unter dem Wasser dauren kan/ und am spätesten wieder empor kömmt: der wird loßgesprochen/ oder gewinnt die Sache. Also auch wer seine ins heisse Oel gedauchte Hände gar nichts/ oder weniger als des Gegners seine verbrandt wieder heraus zeucht: oder wer dreymahl nach einander/ vier oder fünf Schritte weit blosses Fusses/ unverletzt über glüende Kohlen gehet/ der sieget gleichfalls ob: Jedoch gibt man bey solcher Feuer-Probe wohl Achtung/ daß der durchgehende mit leichten Füssen nicht etwa nur überhin hüpffe/ noch die Glut gelinde berühre/ gestalt denn zu beyden Seiten dißfalls einer darbey stehet/ und ihm die Schultern fein hart niederdrücket. Denn mit vielen Beschwerungen gleichsam durchgewirckten Reiß-Teig aber reichen die Priester den rechtenden Theilen mit vielen Gebräuchen und Ceremonien/ wer denselbigen hinab schlingen/ und ohne Erbrechen bey sich behalten kan/ der behält den Sieg: Angesehen die Richter / sobald er durch dieses Mittel sein Recht oder Unschuld bewehret hat/ ihn ledig sprechen/ und die Freunde mit Frolocken und Triumphiren solchen in sein Hauß begleiten. Der falsche Ankläger aber/ wie auch der Leugner des beschuldigten Verbrechens/ werden in peinlichen Sachen/ nach solcher Wunder-Probe/ in casu succumbentiae, wenn sie die Bewehrung verlohren/ des Lebens beraubt; sonst aber in andern Rechts-Sachen zur Folter oder Gefängniß condemniret.

Jodoc. Schoute oder Schultze in Beschreibung des Reichs Siam, pag. 293. & 294.

vide Erasmi Francisci in neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel part. 6. disc. 2. pag. 1498. & seqq.

allwo wegen einer in Siam mit Gifft vergebenen Königlichen Princeßin viele durchs Feuer gehen müssen.

sprechen könten: Ist Klägern oder Beklagten/ nach erlangter Bewilligung des Gerichts/ erlaubt/ auf andere Weise und Wege die Unschuld und Billigkeit ihrer Sachen darzuthun: Indem er nemlich sich ins Wasser senckt / oder die Hände in siedendes Oel steckt/ oder mit blossen Füssen mitten durchs Feuer gehet/ oder auch einen Klumpen mit harten Flüchen beschwornen Reises aufisset. Wie denn diese und andere dergleichen Proben/ vor dem Gericht und allen Volck auf öffentlichen Platz/ entweder durch die Partheyen selbst/ oder durch deren Gevollmächtigte geschehen. Mit der Wasser-Probe gehet es also zu: Am Grunde des Wassers stecken zween Stäbe/ vermittelst deren fahren beyde Theile in den Grund hinab zu gleicher Zeit. Welcher aber von beyden am längsten unter dem Wasser dauren kan/ und am spätesten wieder empor kömmt: der wird loßgesprochen/ oder gewinnt die Sache. Also auch wer seine ins heisse Oel gedauchte Hände gar nichts/ oder weniger als des Gegners seine verbrandt wieder heraus zeucht: oder wer dreymahl nach einander/ vier oder fünf Schritte weit blosses Fusses/ unverletzt über glüende Kohlen gehet/ der sieget gleichfalls ob: Jedoch gibt man bey solcher Feuer-Probe wohl Achtung/ daß der durchgehende mit leichten Füssen nicht etwa nur überhin hüpffe/ noch die Glut gelinde berühre/ gestalt denn zu beyden Seiten dißfalls einer darbey stehet/ und ihm die Schultern fein hart niederdrücket. Denn mit vielen Beschwerungen gleichsam durchgewirckten Reiß-Teig aber reichen die Priester den rechtenden Theilen mit vielen Gebräuchen und Ceremonien/ wer denselbigen hinab schlingen/ und ohne Erbrechen bey sich behalten kan/ der behält den Sieg: Angesehen die Richter / sobald er durch dieses Mittel sein Recht oder Unschuld bewehret hat/ ihn ledig sprechen/ und die Freunde mit Frolocken und Triumphiren solchen in sein Hauß begleiten. Der falsche Ankläger aber/ wie auch der Leugner des beschuldigten Verbrechens/ werden in peinlichen Sachen/ nach solcher Wunder-Probe/ in casu succumbentiae, wenn sie die Bewehrung verlohren/ des Lebens beraubt; sonst aber in andern Rechts-Sachen zur Folter oder Gefängniß condemniret.

Jodoc. Schoute oder Schultze in Beschreibung des Reichs Siam, pag. 293. & 294.

vide Erasmi Francisci in neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel part. 6. disc. 2. pag. 1498. & seqq.

allwo wegen einer in Siam mit Gifft vergebenen Königlichen Princeßin viele durchs Feuer gehen müssen.

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div>
        <p><pb facs="#f0099" n="83"/>
sprechen könten: Ist Klägern oder Beklagten/ nach erlangter                      Bewilligung des Gerichts/ erlaubt/ auf andere Weise und Wege die Unschuld und                      Billigkeit ihrer Sachen darzuthun: Indem er nemlich sich ins Wasser senckt /                      oder die Hände in siedendes Oel steckt/ oder mit blossen Füssen mitten durchs                      Feuer gehet/ oder auch einen Klumpen mit harten Flüchen beschwornen Reises                      aufisset. Wie denn diese und andere dergleichen Proben/ vor dem Gericht und                      allen Volck auf öffentlichen Platz/ entweder durch die Partheyen selbst/ oder                      durch deren Gevollmächtigte geschehen. Mit der Wasser-Probe gehet es also zu: Am                      Grunde des Wassers stecken zween Stäbe/ vermittelst deren fahren beyde Theile                      in den Grund hinab zu gleicher Zeit. Welcher aber von beyden am längsten unter                      dem Wasser dauren kan/ und am spätesten wieder empor kömmt: der wird                      loßgesprochen/ oder gewinnt die Sache. Also auch wer seine ins heisse Oel                      gedauchte Hände gar nichts/ oder weniger als des Gegners seine verbrandt wieder                      heraus zeucht: oder wer dreymahl nach einander/ vier oder fünf Schritte weit                      blosses Fusses/ unverletzt über glüende Kohlen gehet/ der sieget gleichfalls                      ob: Jedoch gibt man bey solcher Feuer-Probe wohl Achtung/ daß der durchgehende                      mit leichten Füssen nicht etwa nur überhin hüpffe/ noch die Glut gelinde                      berühre/ gestalt denn zu beyden Seiten dißfalls einer darbey stehet/ und ihm                      die Schultern fein hart niederdrücket. Denn mit vielen Beschwerungen gleichsam                      durchgewirckten Reiß-Teig aber reichen die Priester den rechtenden Theilen mit                      vielen Gebräuchen und Ceremonien/ wer denselbigen hinab schlingen/ und ohne                      Erbrechen bey sich behalten kan/ der behält den Sieg: Angesehen die Richter /                      sobald er durch dieses Mittel sein Recht oder Unschuld bewehret hat/ ihn ledig                      sprechen/ und die Freunde mit Frolocken und Triumphiren solchen in sein Hauß                      begleiten. Der falsche Ankläger aber/ wie auch der Leugner des beschuldigten                      Verbrechens/ werden in peinlichen Sachen/ nach solcher Wunder-Probe/ in casu                      succumbentiae, wenn sie die Bewehrung verlohren/ des Lebens beraubt; sonst aber                      in andern Rechts-Sachen zur Folter oder Gefängniß condemniret.</p>
        <p>Jodoc. Schoute oder Schultze in Beschreibung des Reichs Siam, pag. 293. &amp;                      294.</p>
        <p>vide Erasmi Francisci in neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel part.                      6. disc. 2. pag. 1498. &amp; seqq.</p>
        <p>allwo wegen einer in Siam mit Gifft vergebenen Königlichen Princeßin viele durchs                      Feuer gehen müssen.</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[83/0099] sprechen könten: Ist Klägern oder Beklagten/ nach erlangter Bewilligung des Gerichts/ erlaubt/ auf andere Weise und Wege die Unschuld und Billigkeit ihrer Sachen darzuthun: Indem er nemlich sich ins Wasser senckt / oder die Hände in siedendes Oel steckt/ oder mit blossen Füssen mitten durchs Feuer gehet/ oder auch einen Klumpen mit harten Flüchen beschwornen Reises aufisset. Wie denn diese und andere dergleichen Proben/ vor dem Gericht und allen Volck auf öffentlichen Platz/ entweder durch die Partheyen selbst/ oder durch deren Gevollmächtigte geschehen. Mit der Wasser-Probe gehet es also zu: Am Grunde des Wassers stecken zween Stäbe/ vermittelst deren fahren beyde Theile in den Grund hinab zu gleicher Zeit. Welcher aber von beyden am längsten unter dem Wasser dauren kan/ und am spätesten wieder empor kömmt: der wird loßgesprochen/ oder gewinnt die Sache. Also auch wer seine ins heisse Oel gedauchte Hände gar nichts/ oder weniger als des Gegners seine verbrandt wieder heraus zeucht: oder wer dreymahl nach einander/ vier oder fünf Schritte weit blosses Fusses/ unverletzt über glüende Kohlen gehet/ der sieget gleichfalls ob: Jedoch gibt man bey solcher Feuer-Probe wohl Achtung/ daß der durchgehende mit leichten Füssen nicht etwa nur überhin hüpffe/ noch die Glut gelinde berühre/ gestalt denn zu beyden Seiten dißfalls einer darbey stehet/ und ihm die Schultern fein hart niederdrücket. Denn mit vielen Beschwerungen gleichsam durchgewirckten Reiß-Teig aber reichen die Priester den rechtenden Theilen mit vielen Gebräuchen und Ceremonien/ wer denselbigen hinab schlingen/ und ohne Erbrechen bey sich behalten kan/ der behält den Sieg: Angesehen die Richter / sobald er durch dieses Mittel sein Recht oder Unschuld bewehret hat/ ihn ledig sprechen/ und die Freunde mit Frolocken und Triumphiren solchen in sein Hauß begleiten. Der falsche Ankläger aber/ wie auch der Leugner des beschuldigten Verbrechens/ werden in peinlichen Sachen/ nach solcher Wunder-Probe/ in casu succumbentiae, wenn sie die Bewehrung verlohren/ des Lebens beraubt; sonst aber in andern Rechts-Sachen zur Folter oder Gefängniß condemniret. Jodoc. Schoute oder Schultze in Beschreibung des Reichs Siam, pag. 293. & 294. vide Erasmi Francisci in neu-polirten Geschicht-Kunst- und Sitten-Spiegel part. 6. disc. 2. pag. 1498. & seqq. allwo wegen einer in Siam mit Gifft vergebenen Königlichen Princeßin viele durchs Feuer gehen müssen.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Theatrum-Literatur der Frühen Neuzeit: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in XML/TEI. (2013-11-26T12:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Wolfenbütteler Digitale Bibliothek: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-11-26T12:54:31Z)
Arne Binder: Konvertierung nach XML gemäß DTA-Basisformat, Tagging der Titelblätter, Korrekturen der Transkription. (2013-11-26T12:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Rundes r (ꝛ) wird als normales r (r) wiedergegeben bzw. in der Kombination ꝛc. als et (etc.) aufgelöst.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.
  • Ligaturen werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Silbentrennungen über Seitengrenzen hinweg werden beibehalten.
  • Kolumnentitel, Bogensignaturen und Kustoden werden nicht erfasst.
  • Griechische Schrift wird nicht transkribiert, sondern im XML mit <foreign xml:lang="el"><gap reason="fm"/></foreign> vermerkt.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/99
Zitationshilfe: Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693, S. 83. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/99>, abgerufen am 24.11.2024.