Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693.Gefangener/ der seinen leiblichen Vater/ oder selbst eigene Kinder/ im Fallsie schuldig seynd / anzuklagen vergessen hätte/ als beraubet man ihn so balde seines Lebens por Negativos, welches ihre gewöhnliche Redens-Art ist: Solte sichs aber begeben / daß wider den Beklagten nicht gnugsame Proben seines Verbrechens könten dargethan werden/ so schickt man denselbigen/ jeduch allererst nach einer langwierigen Gefängnüß/ wenn ihm zuvor mehr als die Helffte seines Vermögens auf die Inqvisitions-Unkosten aufgangen/ befreyet nacher Hauß. Man kan zum zweyten mahl/ in dem man üm Verzeihung bittet/ por Negativos loß gesprochen werden/ jedoch verliehret der Beschuldigte gemeiniglich zum erstenmahl den meisten Theil seiner Güter/ die zum Nutzen der Königlichen Cammer alsdenn/ und die Unkosten der Inqvisition darmit zu bezahlen/ eingezogen werden. Die gerichtlichen Proceduten ingesammt/ werden dermassen geheim gehalten / daß auch/ ob schon nur ein eintziger Tag im gantzen Jahr/ üm den unglücklichen Ausspruch zufällen bestimmet/ man jedoch denselbigen niemahlen wissen kan; zumahlen man sich noch über das/ wegen des Argwohns/ darnach zu fragen befürchtet. Das Urtheil der Verdammung wird genannt: Auto da fe, und gleich darauf an den Beschuldigten vollnzogen. Es geschicht ferners solcher Richterliche Ausspruch mit gantz ungemeinen Ceremonien: Man richtet ein grosses Theatrum, daß fast den gantzen offentlichen Marck einnimmt/ und mehr als 3000. Personen enthalten kan/ von Bauholtz auf/ und setzet an einem Ende desselbigen gleich einem Amphitheatra unterschiedliche Reihen Stühle. Diesen wird gegenüber ein sehr reich-bezierter Altar nebens einer überaus hohen Catheder zur Seiten des Evangelii gestellet/ die Ceremonien fangen früh Morgens üm 6. Uhr an/ und enden sich an eben denselben Tage gemeiniglich üm diese Stunde wiederüm gegen Abend. Einer aus denen Inqvisitorn oder Ketzermeistern betritt die Catheder/ nennt je einen Beschuldigten nach dem andern bey Nahmen / welcher sobalden aufstehet/ zwischen die Familiers/ die auf dem Amphitheatro Achtung auf ihn geben/ hervor trit/ seine Laster und Mißhandlung/ üm deren Willen er ist angegeben worden/ verlesen anhöret/ und alsdenn sein über ihn ausgesprochenes Urtheil empfähet. Unter andern ubelthaten/ deren man sie beschuldigt/ werden ihnen manchmahl auch diese zugeschrieben/ daß sie die Cammern hinderst zuförderst/ das ist/ den Mist von der Thüren gegen dem Herd / da sie denselben vielmehr vom Herd gegen die Thüren werffen sollen/ ausgekehret hätten; sintemahl man bey denen Mohren und Juden/ so sich noch heimlich im Lande aufhalten/ als sehr Gefangener/ der seinen leiblichen Vater/ oder selbst eigene Kinder/ im Fallsie schuldig seynd / anzuklagen vergessen hätte/ als beraubet man ihn so balde seines Lebens por Negativos, welches ihre gewöhnliche Redens-Art ist: Solte sichs aber begeben / daß wider den Beklagten nicht gnugsame Proben seines Verbrechens könten dargethan werden/ so schickt man denselbigen/ jeduch allererst nach einer langwierigen Gefängnüß/ wenn ihm zuvor mehr als die Helffte seines Vermögens auf die Inqvisitions-Unkosten aufgangen/ befreyet nacher Hauß. Man kan zum zweyten mahl/ in dem man üm Verzeihung bittet/ por Negativos loß gesprochen werden/ jedoch verliehret der Beschuldigte gemeiniglich zum erstenmahl den meisten Theil seiner Güter/ die zum Nutzen der Königlichen Cammer alsdenn/ und die Unkosten der Inqvisition darmit zu bezahlen/ eingezogen werden. Die gerichtlichen Proceduten ingesam̃t/ werden dermassen geheim gehalten / daß auch/ ob schon nur ein eintziger Tag im gantzen Jahr/ üm den unglücklichen Ausspruch zufällen bestimmet/ man jedoch denselbigen niemahlen wissen kan; zumahlen man sich noch über das/ wegen des Argwohns/ darnach zu fragen befürchtet. Das Urtheil der Verdammung wird genannt: Auto da fe, und gleich darauf an den Beschuldigten vollnzogen. Es geschicht ferners solcher Richterliche Ausspruch mit gantz ungemeinen Ceremonien: Man richtet ein grosses Theatrum, daß fast den gantzen offentlichen Marck einnim̃t/ und mehr als 3000. Personen enthalten kan/ von Bauholtz auf/ und setzet an einem Ende desselbigen gleich einem Amphitheatra unterschiedliche Reihen Stühle. Diesen wird gegenüber ein sehr reich-bezierter Altar nebens einer überaus hohen Catheder zur Seiten des Evangelii gestellet/ die Ceremonien fangen früh Morgens üm 6. Uhr an/ und enden sich an eben denselben Tage gemeiniglich üm diese Stunde wiederüm gegen Abend. Einer aus denen Inqvisitorn oder Ketzermeistern betritt die Catheder/ nennt je einen Beschuldigten nach dem andern bey Nahmen / welcher sobalden aufstehet/ zwischen die Familiers/ die auf dem Amphitheatro Achtung auf ihn geben/ hervor trit/ seine Laster und Mißhandlung/ üm deren Willen er ist angegeben worden/ verlesen anhöret/ und alsdenn sein über ihn ausgesprochenes Urtheil empfähet. Unter andern ubelthaten/ deren man sie beschuldigt/ werden ihnen manchmahl auch diese zugeschrieben/ daß sie die Cammern hinderst zuförderst/ das ist/ den Mist von der Thüren gegen dem Herd / da sie denselben vielmehr vom Herd gegen die Thüren werffen sollen/ ausgekehret hätten; sintemahl man bey denen Mohren und Juden/ so sich noch heimlich im Lande aufhalten/ als sehr <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0043" n="27"/> Gefangener/ der seinen leiblichen Vater/ oder selbst eigene Kinder/ im Fallsie schuldig seynd / anzuklagen vergessen hätte/ als beraubet man ihn so balde seines Lebens por Negativos, welches ihre gewöhnliche Redens-Art ist: Solte sichs aber begeben / daß wider den Beklagten nicht gnugsame Proben seines Verbrechens könten dargethan werden/ so schickt man denselbigen/ jeduch allererst nach einer langwierigen Gefängnüß/ wenn ihm zuvor mehr als die Helffte seines Vermögens auf die Inqvisitions-Unkosten aufgangen/ befreyet nacher Hauß. Man kan zum zweyten mahl/ in dem man üm Verzeihung bittet/ por Negativos loß gesprochen werden/ jedoch verliehret der Beschuldigte gemeiniglich zum erstenmahl den meisten Theil seiner Güter/ die zum Nutzen der Königlichen Cammer alsdenn/ und die Unkosten der Inqvisition darmit zu bezahlen/ eingezogen werden. Die gerichtlichen Proceduten ingesam̃t/ werden dermassen geheim gehalten / daß auch/ ob schon nur ein eintziger Tag im gantzen Jahr/ üm den unglücklichen Ausspruch zufällen bestimmet/ man jedoch denselbigen niemahlen wissen kan; zumahlen man sich noch über das/ wegen des Argwohns/ darnach zu fragen befürchtet. Das Urtheil der Verdammung wird genannt: Auto da fe, und gleich darauf an den Beschuldigten vollnzogen. Es geschicht ferners solcher Richterliche Ausspruch mit gantz ungemeinen Ceremonien: Man richtet ein grosses Theatrum, daß fast den gantzen offentlichen Marck einnim̃t/ und mehr als 3000. Personen enthalten kan/ von Bauholtz auf/ und setzet an einem Ende desselbigen gleich einem Amphitheatra unterschiedliche Reihen Stühle. Diesen wird gegenüber ein sehr reich-bezierter Altar nebens einer überaus hohen Catheder zur Seiten des Evangelii gestellet/ die Ceremonien fangen früh Morgens üm 6. Uhr an/ und enden sich an eben denselben Tage gemeiniglich üm diese Stunde wiederüm gegen Abend. Einer aus denen Inqvisitorn oder Ketzermeistern betritt die Catheder/ nennt je einen Beschuldigten nach dem andern bey Nahmen / welcher sobalden aufstehet/ zwischen die Familiers/ die auf dem Amphitheatro Achtung auf ihn geben/ hervor trit/ seine Laster und Mißhandlung/ üm deren Willen er ist angegeben worden/ verlesen anhöret/ und alsdenn sein über ihn ausgesprochenes Urtheil empfähet. Unter andern ubelthaten/ deren man sie beschuldigt/ werden ihnen manchmahl auch diese zugeschrieben/ daß sie die Cammern hinderst zuförderst/ das ist/ den Mist von der Thüren gegen dem Herd / da sie denselben vielmehr vom Herd gegen die Thüren werffen sollen/ ausgekehret hätten; sintemahl man bey denen Mohren und Juden/ so sich noch heimlich im Lande aufhalten/ als sehr </p> </div> </body> </text> </TEI> [27/0043]
Gefangener/ der seinen leiblichen Vater/ oder selbst eigene Kinder/ im Fallsie schuldig seynd / anzuklagen vergessen hätte/ als beraubet man ihn so balde seines Lebens por Negativos, welches ihre gewöhnliche Redens-Art ist: Solte sichs aber begeben / daß wider den Beklagten nicht gnugsame Proben seines Verbrechens könten dargethan werden/ so schickt man denselbigen/ jeduch allererst nach einer langwierigen Gefängnüß/ wenn ihm zuvor mehr als die Helffte seines Vermögens auf die Inqvisitions-Unkosten aufgangen/ befreyet nacher Hauß. Man kan zum zweyten mahl/ in dem man üm Verzeihung bittet/ por Negativos loß gesprochen werden/ jedoch verliehret der Beschuldigte gemeiniglich zum erstenmahl den meisten Theil seiner Güter/ die zum Nutzen der Königlichen Cammer alsdenn/ und die Unkosten der Inqvisition darmit zu bezahlen/ eingezogen werden. Die gerichtlichen Proceduten ingesam̃t/ werden dermassen geheim gehalten / daß auch/ ob schon nur ein eintziger Tag im gantzen Jahr/ üm den unglücklichen Ausspruch zufällen bestimmet/ man jedoch denselbigen niemahlen wissen kan; zumahlen man sich noch über das/ wegen des Argwohns/ darnach zu fragen befürchtet. Das Urtheil der Verdammung wird genannt: Auto da fe, und gleich darauf an den Beschuldigten vollnzogen. Es geschicht ferners solcher Richterliche Ausspruch mit gantz ungemeinen Ceremonien: Man richtet ein grosses Theatrum, daß fast den gantzen offentlichen Marck einnim̃t/ und mehr als 3000. Personen enthalten kan/ von Bauholtz auf/ und setzet an einem Ende desselbigen gleich einem Amphitheatra unterschiedliche Reihen Stühle. Diesen wird gegenüber ein sehr reich-bezierter Altar nebens einer überaus hohen Catheder zur Seiten des Evangelii gestellet/ die Ceremonien fangen früh Morgens üm 6. Uhr an/ und enden sich an eben denselben Tage gemeiniglich üm diese Stunde wiederüm gegen Abend. Einer aus denen Inqvisitorn oder Ketzermeistern betritt die Catheder/ nennt je einen Beschuldigten nach dem andern bey Nahmen / welcher sobalden aufstehet/ zwischen die Familiers/ die auf dem Amphitheatro Achtung auf ihn geben/ hervor trit/ seine Laster und Mißhandlung/ üm deren Willen er ist angegeben worden/ verlesen anhöret/ und alsdenn sein über ihn ausgesprochenes Urtheil empfähet. Unter andern ubelthaten/ deren man sie beschuldigt/ werden ihnen manchmahl auch diese zugeschrieben/ daß sie die Cammern hinderst zuförderst/ das ist/ den Mist von der Thüren gegen dem Herd / da sie denselben vielmehr vom Herd gegen die Thüren werffen sollen/ ausgekehret hätten; sintemahl man bey denen Mohren und Juden/ so sich noch heimlich im Lande aufhalten/ als sehr
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