Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693.sammen gebunden waren/ dem Haken [welcher unten an den Corden oder Siemen/ so in den Röllichen am Kloben herabgehen/ befindlich ist] fest anmachte/ daß er nicht außspringen oder loßgehen konte/ und so rücklings 2. Sprossen hoch hinauf zog: Da sie zwar anfangs sich stellete/ als wenn sie Schmertzen empfünde/ that aber bald die Augen zu/ schlief/ den Ansehen nach / ein/ und schnarchte darbey/ als ein Mensch/ der im tieffen Schlaf lieget. Der Scharffrichter aber bereücherte sie mit Teufels-Dreck/ Weirauch/ rothe Dosten u. schwarzen Kümmel/ hielt ihr auch angezündeten Schwesel vor die Nase/ da sie strack aufwachte/ greulich grosse Augen machte/ und das Maul flerrte. Wie nun der Actuarius die Feder ins Dintenfas tauchen/ und den Verlauf niederschreiben wolte/ ward er gewar/ daß eine kleine Mauß mit geschlitzten Ohren auf den Hinterbeinen uf seinen Protocol saß/ und wie man zu reden pfleget/ mit dem Vorderbeinen ein Männchen gegen ihm machte/ da doch keiner von den andern Gerichts-Personen gesehen/ wie/ wenn/ auch auf was Art und Weise sie auf den Tisch/ der doch mitten in der Volter-Stuben stund/ und sie alle darbey sassen/ kommen. Uber welche Begebenheit diese aufstunden/ daß die Mauß alleine auf den Tisch besitzen blieb. Alß aber der Ambtmann anschellete / und dadurch ein Zeichen gab/ daß der Diener hineinkommen solte/ sprang die Mauß gantz behende vom Tisch herab/ und wischte/ ehe der Diener noch hinbey kahm/ in einen gantz kleinen Spalt der Dielen/ womit die Stube bekleidet ist. Ungeachtet nun der Diener mit der Spitzen seiner Plauten drein stocherte/ war doch keine Mauß mehr zu sehen noch zu hören. Drum man sich wieder niedersetzte und den Schurffrichter/ der inzwischen die Chorden oder Siemen nachgelassen / weiter fort fahren ließ. Wie dieser zum andernmahl sie wieder 2. Sprossen in die Höhe zohe/ erhub sich ein überaus starcker Sturm-Wind/ welcher so gewaltig wider die Fenster der Volter-Stuben gieng/ daß man meinete/ sie würden mit samt den Rahmen hinein/ und zu tausend stücken fallen: Inzwischen wurd gebetet: Heilige Dreyfaltigkeit wohne uns bey sc. Die Inquisitin schrie unterdeß/ hilff mir! hilff mir! Ach geschwinde/ geschwinde/ ich sterbe! sammen gebunden waren/ dem Haken [welcher unten an den Corden oder Siemen/ so in den Röllichen am Kloben herabgehen/ befindlich ist] fest anmachte/ daß er nicht außspringen oder loßgehen konte/ und so rücklings 2. Sprossen hoch hinauf zog: Da sie zwar anfangs sich stellete/ als wenn sie Schmertzen empfünde/ that aber bald die Augen zu/ schlief/ den Ansehen nach / ein/ und schnarchte darbey/ als ein Mensch/ der im tieffen Schlaf lieget. Der Scharffrichter aber bereücherte sie mit Teufels-Dreck/ Weirauch/ rothe Dosten u. schwarzen Kümmel/ hielt ihr auch angezündeten Schwesel vor die Nase/ da sie strack aufwachte/ greulich grosse Augen machte/ und das Maul flerrte. Wie nun der Actuarius die Feder ins Dintenfas tauchen/ und den Verlauf niederschreiben wolte/ ward er gewar/ daß eine kleine Mauß mit geschlitzten Ohren auf den Hinterbeinen uf seinẽ Protocol saß/ und wie man zu reden pfleget/ mit dem Vorderbeinen ein Männchen gegen ihm machte/ da doch keiner von den andern Gerichts-Personen gesehen/ wie/ wenn/ auch auf was Art und Weise sie auf den Tisch/ der doch mitten in der Volter-Stuben stund/ und sie alle darbey sassen/ kommen. Uber welche Begebenheit diese aufstunden/ daß die Mauß alleine auf den Tisch besitzen blieb. Alß aber der Ambtmann anschellete / und dadurch ein Zeichen gab/ daß der Diener hineinkommen solte/ sprang die Mauß gantz behende vom Tisch herab/ und wischte/ ehe der Diener noch hinbey kahm/ in einen gantz kleinen Spalt der Dielen/ womit die Stube bekleidet ist. Ungeachtet nun der Diener mit der Spitzen seiner Plauten drein stocherte/ war doch keine Mauß mehr zu sehen noch zu hören. Drum man sich wieder niedersetzte und den Schurffrichter/ der inzwischen die Chorden oder Siemen nachgelassen / weiter fort fahren ließ. Wie dieser zum andernmahl sie wieder 2. Sprossen in die Höhe zohe/ erhub sich ein überaus starcker Sturm-Wind/ welcher so gewaltig wider die Fenster der Volter-Stuben gieng/ daß man meinete/ sie würden mit samt den Rahmen hinein/ und zu tausend stücken fallen: Inzwischen wurd gebetet: Heilige Dreyfaltigkeit wohne uns bey sc. Die Inquisitin schrie unterdeß/ hilff mir! hilff mir! Ach geschwinde/ geschwinde/ ich sterbe! <TEI> <text> <body> <div> <p><pb facs="#f0417" n="401"/> sammen gebunden waren/ dem Haken [welcher unten an den Corden oder Siemen/ so in den Röllichen am Kloben herabgehen/ befindlich ist] fest anmachte/ daß er nicht außspringen oder loßgehen konte/ und so rücklings 2. Sprossen hoch hinauf zog: Da sie zwar anfangs sich stellete/ als wenn sie Schmertzen empfünde/ that aber bald die Augen zu/ schlief/ den Ansehen nach / ein/ und schnarchte darbey/ als ein Mensch/ der im tieffen Schlaf lieget.</p> <p>Der Scharffrichter</p> <p>aber bereücherte sie mit Teufels-Dreck/ Weirauch/ rothe Dosten u. schwarzen Kümmel/ hielt ihr auch angezündeten Schwesel vor die Nase/ da sie strack aufwachte/ greulich grosse Augen machte/ und das Maul flerrte.</p> <p>Wie nun der Actuarius die Feder ins Dintenfas tauchen/ und den Verlauf niederschreiben wolte/ ward er gewar/ daß eine kleine Mauß mit geschlitzten Ohren auf den Hinterbeinen uf seinẽ Protocol saß/ und wie man zu reden pfleget/ mit dem Vorderbeinen ein Männchen gegen ihm machte/ da doch keiner von den andern Gerichts-Personen gesehen/ wie/ wenn/ auch auf was Art und Weise sie auf den Tisch/ der doch mitten in der Volter-Stuben stund/ und sie alle darbey sassen/ kommen. Uber welche Begebenheit diese aufstunden/ daß die Mauß alleine auf den Tisch besitzen blieb. Alß aber der Ambtmann anschellete / und dadurch ein Zeichen gab/ daß der Diener hineinkommen solte/ sprang die Mauß gantz behende vom Tisch herab/ und wischte/ ehe der Diener noch hinbey kahm/ in einen gantz kleinen Spalt der Dielen/ womit die Stube bekleidet ist. Ungeachtet nun der Diener mit der Spitzen seiner Plauten drein stocherte/ war doch keine Mauß mehr zu sehen noch zu hören. Drum man sich wieder niedersetzte und den Schurffrichter/ der inzwischen die Chorden oder Siemen nachgelassen / weiter fort fahren ließ. Wie dieser zum andernmahl sie wieder 2. Sprossen in die Höhe zohe/ erhub sich ein überaus starcker Sturm-Wind/ welcher so gewaltig wider die Fenster der Volter-Stuben gieng/ daß man meinete/ sie würden mit samt den Rahmen hinein/ und zu tausend stücken fallen: Inzwischen wurd gebetet: Heilige Dreyfaltigkeit wohne uns bey sc.</p> <p>Die Inquisitin</p> <p>schrie unterdeß/ hilff mir! hilff mir! Ach geschwinde/ geschwinde/ ich sterbe!</p> </div> </body> </text> </TEI> [401/0417]
sammen gebunden waren/ dem Haken [welcher unten an den Corden oder Siemen/ so in den Röllichen am Kloben herabgehen/ befindlich ist] fest anmachte/ daß er nicht außspringen oder loßgehen konte/ und so rücklings 2. Sprossen hoch hinauf zog: Da sie zwar anfangs sich stellete/ als wenn sie Schmertzen empfünde/ that aber bald die Augen zu/ schlief/ den Ansehen nach / ein/ und schnarchte darbey/ als ein Mensch/ der im tieffen Schlaf lieget.
Der Scharffrichter
aber bereücherte sie mit Teufels-Dreck/ Weirauch/ rothe Dosten u. schwarzen Kümmel/ hielt ihr auch angezündeten Schwesel vor die Nase/ da sie strack aufwachte/ greulich grosse Augen machte/ und das Maul flerrte.
Wie nun der Actuarius die Feder ins Dintenfas tauchen/ und den Verlauf niederschreiben wolte/ ward er gewar/ daß eine kleine Mauß mit geschlitzten Ohren auf den Hinterbeinen uf seinẽ Protocol saß/ und wie man zu reden pfleget/ mit dem Vorderbeinen ein Männchen gegen ihm machte/ da doch keiner von den andern Gerichts-Personen gesehen/ wie/ wenn/ auch auf was Art und Weise sie auf den Tisch/ der doch mitten in der Volter-Stuben stund/ und sie alle darbey sassen/ kommen. Uber welche Begebenheit diese aufstunden/ daß die Mauß alleine auf den Tisch besitzen blieb. Alß aber der Ambtmann anschellete / und dadurch ein Zeichen gab/ daß der Diener hineinkommen solte/ sprang die Mauß gantz behende vom Tisch herab/ und wischte/ ehe der Diener noch hinbey kahm/ in einen gantz kleinen Spalt der Dielen/ womit die Stube bekleidet ist. Ungeachtet nun der Diener mit der Spitzen seiner Plauten drein stocherte/ war doch keine Mauß mehr zu sehen noch zu hören. Drum man sich wieder niedersetzte und den Schurffrichter/ der inzwischen die Chorden oder Siemen nachgelassen / weiter fort fahren ließ. Wie dieser zum andernmahl sie wieder 2. Sprossen in die Höhe zohe/ erhub sich ein überaus starcker Sturm-Wind/ welcher so gewaltig wider die Fenster der Volter-Stuben gieng/ daß man meinete/ sie würden mit samt den Rahmen hinein/ und zu tausend stücken fallen: Inzwischen wurd gebetet: Heilige Dreyfaltigkeit wohne uns bey sc.
Die Inquisitin
schrie unterdeß/ hilff mir! hilff mir! Ach geschwinde/ geschwinde/ ich sterbe!
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Zitationshilfe: | Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693, S. 401. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/417>, abgerufen am 16.07.2024. |