Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693.Descriptio Imperii Turcici per Anonymum pag. 30. & 135. LXXXV. Wenn der König von Persien im Gerichte sitzet/ hat er ingemein zu Beysitzern/ neben zehen oder zwölff von den Hoffleuten und Officirern/ den Seder/ Minatzim und Hakim. Der Hakim ist der Leib-Medicus, der allezeit mit dem Könige zur Tafel sitzet/ und demselben saget/ welche Speisen zur Gesundheit dienen/ oder schädlich sind. Der Minatzim ist der Astrologus, welcher gleichfals darbey seyn/ und dem Könige die glückliche und unglückliche Stunden etwas zu thun oder zu lassen anzeigen muß. Ihm wird als einem Oraculo geglaubet / darum der König/ ohne dessen Einrathen/ selten etwas fürnmmit. Der Seder ist das geistl. Oberhaupt/ gleichwie in der Catholischen Kirchen der Pabst/ der wird vom König und Kasi erwehlet/ muß der Gelehrteste seyn/ den Alkoran/ und die Gesetze aus demselben wohl verstehen/ und wenn er nicht allein in geistlichen/ sondern auch in weltlichen Gerichte [am meisten aber in Criminal-Sachen] gefraget wird/ seine Meynung sagen können. Nach dessen Ausspruch werden auch die Urthel gefället. Etliche Urthel verfasset der Seder selbst/ und setzet sein Petschafft auf die andere Seite/ und schicket es also zum Könige/ welcher es unterschreibet: Diß ist die Meynung des Seders/ welche wir bekräfftigen/ und druckt sein Gerichts-Siegel drunter. LXXXVI. Sonst ist unter den alten Heydnischen Persianern/ so wohl das Gericht / als das Regiments-Wesen durch die Magos oder Persianische Königliche Räthe/ so lauter kluge/ und sonderlich in der Stern-Schauerey gelehrte Leute waren / bestellet worden. Francisci d. tr. lib. 2. disc. 4. p. 331. LXXXVII. In der grossen Residentz-Stadt Morocco des Königreichs/ auch also genannt/ sind nur zween Richter/ ein Cadis zu Bürgerlichen Händeln/ und ein Hacqvin zu Criminal-Sachen. Der Cadis sitzet an dem Thor seines Hauses/ oder in seinen Vorhoff/ wo er jederman Gehör gibt/ der zu ihm zu klagen kömmet / fertiget auch an der Stelle die Partheyen ab/ und hat zu Vollziehung seines Auspruchs/ welcher mündlich ergehet/ dann man allda nichts schrifftlich handelt/ unterschiedliche Citairis, welche Gerichts-Knechte sind/ die alsobald gehen/ und zusehen/ daß der Ausspruch gebührlich vollzogen werde/ oder im wiedrigen führen sie die verurtheilte Parthey in das Gefängniß/ und ob man sich wohl verwundern möchte/ wie der beklagte Theil so geschwind/ ohne Erfordern bey der Straffe/ vor den Richter zu bringen sey: So ist zu wissen/ daß wann eine Person seinen Gegentheil auf offener Strasse mit lauter Stimme anschreyet: Agy fel chera, Descriptio Imperii Turcici per Anonymum pag. 30. & 135. LXXXV. Wenn der König von Persien im Gerichte sitzet/ hat er ingemein zu Beysitzern/ neben zehen oder zwölff von den Hoffleuten und Officirern/ den Seder/ Minatzim und Hakim. Der Hakim ist der Leib-Medicus, der allezeit mit dem Könige zur Tafel sitzet/ und demselben saget/ welche Speisen zur Gesundheit dienen/ oder schädlich sind. Der Minatzim ist der Astrologus, welcher gleichfals darbey seyn/ und dem Könige die glückliche und unglückliche Stunden etwas zu thun oder zu lassen anzeigen muß. Ihm wird als einem Oraculo geglaubet / darum der König/ ohne dessen Einrathen/ selten etwas fürnm̃it. Der Seder ist das geistl. Oberhaupt/ gleichwie in der Catholischen Kirchen der Pabst/ der wird vom König und Kasi erwehlet/ muß der Gelehrteste seyn/ den Alkoran/ und die Gesetze aus demselben wohl verstehen/ und wenn er nicht allein in geistlichen/ sondern auch in weltlichen Gerichte [am meisten aber in Criminal-Sachen] gefraget wird/ seine Meynung sagen können. Nach dessen Ausspruch werden auch die Urthel gefället. Etliche Urthel verfasset der Seder selbst/ und setzet sein Petschafft auf die andere Seite/ und schicket es also zum Könige/ welcher es unterschreibet: Diß ist die Meynung des Seders/ welche wir bekräfftigen/ und druckt sein Gerichts-Siegel drunter. LXXXVI. Sonst ist unter den alten Heydnischen Persianern/ so wohl das Gericht / als das Regiments-Wesen durch die Magos oder Persianische Königliche Räthe/ so lauter kluge/ und sonderlich in der Stern-Schauerey gelehrte Leute waren / bestellet worden. Francisci d. tr. lib. 2. disc. 4. p. 331. LXXXVII. In der grossen Residentz-Stadt Morocco des Königreichs/ auch also genannt/ sind nur zween Richter/ ein Cadis zu Bürgerlichen Händeln/ und ein Hacqvin zu Criminal-Sachen. Der Cadis sitzet an dem Thor seines Hauses/ oder in seinen Vorhoff/ wo er jederman Gehör gibt/ der zu ihm zu klagen kömmet / fertiget auch an der Stelle die Partheyen ab/ und hat zu Vollziehung seines Auspruchs/ welcher mündlich ergehet/ dann man allda nichts schrifftlich handelt/ unterschiedliche Citairis, welche Gerichts-Knechte sind/ die alsobald gehen/ und zusehen/ daß der Ausspruch gebührlich vollzogen werde/ oder im wiedrigen führen sie die verurtheilte Parthey in das Gefängniß/ und ob man sich wohl verwundern möchte/ wie der beklagte Theil so geschwind/ ohne Erfordern bey der Straffe/ vor den Richter zu bringen sey: So ist zu wissen/ daß wann eine Person seinen Gegentheil auf offener Strasse mit lauter Stimme anschreyet: Agy fel chera, <TEI> <text> <body> <div> <pb facs="#f0038" n="22"/> <p>Descriptio Imperii Turcici per Anonymum pag. 30. & 135.</p> <p>LXXXV. Wenn der König von Persien im Gerichte sitzet/ hat er ingemein zu Beysitzern/ neben zehen oder zwölff von den Hoffleuten und Officirern/ den Seder/ Minatzim und Hakim. Der Hakim ist der Leib-Medicus, der allezeit mit dem Könige zur Tafel sitzet/ und demselben saget/ welche Speisen zur Gesundheit dienen/ oder schädlich sind. Der Minatzim ist der Astrologus, welcher gleichfals darbey seyn/ und dem Könige die glückliche und unglückliche Stunden etwas zu thun oder zu lassen anzeigen muß. Ihm wird als einem Oraculo geglaubet / darum der König/ ohne dessen Einrathen/ selten etwas fürnm̃it. Der Seder ist das geistl. Oberhaupt/ gleichwie in der Catholischen Kirchen der Pabst/ der wird vom König und Kasi erwehlet/ muß der Gelehrteste seyn/ den Alkoran/ und die Gesetze aus demselben wohl verstehen/ und wenn er nicht allein in geistlichen/ sondern auch in weltlichen Gerichte [am meisten aber in Criminal-Sachen] gefraget wird/ seine Meynung sagen können. Nach dessen Ausspruch werden auch die Urthel gefället. Etliche Urthel verfasset der Seder selbst/ und setzet sein Petschafft auf die andere Seite/ und schicket es also zum Könige/ welcher es unterschreibet: Diß ist die Meynung des Seders/ welche wir bekräfftigen/ und druckt sein Gerichts-Siegel drunter.</p> <p>LXXXVI. Sonst ist unter den alten Heydnischen Persianern/ so wohl das Gericht / als das Regiments-Wesen durch die Magos oder Persianische Königliche Räthe/ so lauter kluge/ und sonderlich in der Stern-Schauerey gelehrte Leute waren / bestellet worden.</p> <p>Francisci d. tr. lib. 2. disc. 4. p. 331.</p> <p>LXXXVII. In der grossen Residentz-Stadt Morocco des Königreichs/ auch also genannt/ sind nur zween Richter/ ein Cadis zu Bürgerlichen Händeln/ und ein Hacqvin zu Criminal-Sachen. Der Cadis sitzet an dem Thor seines Hauses/ oder in seinen Vorhoff/ wo er jederman Gehör gibt/ der zu ihm zu klagen kömmet / fertiget auch an der Stelle die Partheyen ab/ und hat zu Vollziehung seines Auspruchs/ welcher mündlich ergehet/ dann man allda nichts schrifftlich handelt/ unterschiedliche Citairis, welche Gerichts-Knechte sind/ die alsobald gehen/ und zusehen/ daß der Ausspruch gebührlich vollzogen werde/ oder im wiedrigen führen sie die verurtheilte Parthey in das Gefängniß/ und ob man sich wohl verwundern möchte/ wie der beklagte Theil so geschwind/ ohne Erfordern bey der Straffe/ vor den Richter zu bringen sey: So ist zu wissen/ daß wann eine Person seinen Gegentheil auf offener Strasse mit lauter Stimme anschreyet: Agy fel chera, </p> </div> </body> </text> </TEI> [22/0038]
Descriptio Imperii Turcici per Anonymum pag. 30. & 135.
LXXXV. Wenn der König von Persien im Gerichte sitzet/ hat er ingemein zu Beysitzern/ neben zehen oder zwölff von den Hoffleuten und Officirern/ den Seder/ Minatzim und Hakim. Der Hakim ist der Leib-Medicus, der allezeit mit dem Könige zur Tafel sitzet/ und demselben saget/ welche Speisen zur Gesundheit dienen/ oder schädlich sind. Der Minatzim ist der Astrologus, welcher gleichfals darbey seyn/ und dem Könige die glückliche und unglückliche Stunden etwas zu thun oder zu lassen anzeigen muß. Ihm wird als einem Oraculo geglaubet / darum der König/ ohne dessen Einrathen/ selten etwas fürnm̃it. Der Seder ist das geistl. Oberhaupt/ gleichwie in der Catholischen Kirchen der Pabst/ der wird vom König und Kasi erwehlet/ muß der Gelehrteste seyn/ den Alkoran/ und die Gesetze aus demselben wohl verstehen/ und wenn er nicht allein in geistlichen/ sondern auch in weltlichen Gerichte [am meisten aber in Criminal-Sachen] gefraget wird/ seine Meynung sagen können. Nach dessen Ausspruch werden auch die Urthel gefället. Etliche Urthel verfasset der Seder selbst/ und setzet sein Petschafft auf die andere Seite/ und schicket es also zum Könige/ welcher es unterschreibet: Diß ist die Meynung des Seders/ welche wir bekräfftigen/ und druckt sein Gerichts-Siegel drunter.
LXXXVI. Sonst ist unter den alten Heydnischen Persianern/ so wohl das Gericht / als das Regiments-Wesen durch die Magos oder Persianische Königliche Räthe/ so lauter kluge/ und sonderlich in der Stern-Schauerey gelehrte Leute waren / bestellet worden.
Francisci d. tr. lib. 2. disc. 4. p. 331.
LXXXVII. In der grossen Residentz-Stadt Morocco des Königreichs/ auch also genannt/ sind nur zween Richter/ ein Cadis zu Bürgerlichen Händeln/ und ein Hacqvin zu Criminal-Sachen. Der Cadis sitzet an dem Thor seines Hauses/ oder in seinen Vorhoff/ wo er jederman Gehör gibt/ der zu ihm zu klagen kömmet / fertiget auch an der Stelle die Partheyen ab/ und hat zu Vollziehung seines Auspruchs/ welcher mündlich ergehet/ dann man allda nichts schrifftlich handelt/ unterschiedliche Citairis, welche Gerichts-Knechte sind/ die alsobald gehen/ und zusehen/ daß der Ausspruch gebührlich vollzogen werde/ oder im wiedrigen führen sie die verurtheilte Parthey in das Gefängniß/ und ob man sich wohl verwundern möchte/ wie der beklagte Theil so geschwind/ ohne Erfordern bey der Straffe/ vor den Richter zu bringen sey: So ist zu wissen/ daß wann eine Person seinen Gegentheil auf offener Strasse mit lauter Stimme anschreyet: Agy fel chera,
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Zitationshilfe: | Döpler, Jacob: Theatrum poenarum, Suppliciorum Et Executionum Criminalium, Oder Schau-Platz/ Derer Leibes und Lebens-Straffen. Bd. 1. Sonderhausen, 1693, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/doepler_theatrum01_1693/38>, abgerufen am 16.07.2024. |