pdi_359.001 entnimmt, oder ein Forscher leitet aus Daten, in deren pdi_359.002 Besitz er schon war, die Erklärung einer Thatsache ab, die ihm pdi_359.003 längst bekannt gewesen.
pdi_359.004
Indem nun der Wille diese elementaren Vorgänge und Bildungsprocesse pdi_359.005 in energischer Spannung, mit dem Bewusstsein pdi_359.006 seines Zieles, lenkt, entsteht jene tiefgreifende Verschiedenheit, pdi_359.007 welche von dem Spiel unserer Vorstellungen das logische Denken pdi_359.008 trennt. Wenn die Psychologie von der Totalität des Lebens pdi_359.009 ausgeht, wenn sie das Ineinandergreifen von Willens- und Vorstellungsvorgängen pdi_359.010 erfasst, dann braucht sie nicht das Spiel der pdi_359.011 Vorstellungen von dem beziehenden Denken zu trennen und pdi_359.012 über den unwillkürlichen Processen eine höhere Form des geistigen pdi_359.013 Lebens anzunehmen. Sonderbare Vorstellung! Ein Vorgang pdi_359.014 der Verschmelzung und über ihm, ganz in der Wurzel von pdi_359.015 ihm getrennt, der logische Vorgang der Gleichsetzung; ein Vorgang pdi_359.016 der Ideenassociation und über ihm, aber unabhängig, pdi_359.017 logische Verknüpfung der Vorstellungen. In Wirklichkeit ist es pdi_359.018 nur gleichsam eine höhere Lage der dargelegten Vorgänge, eine pdi_359.019 Zusammensetzung höheren Grades, besonders aber der Antheil des pdi_359.020 Willens, was in den Vorgängen des Denkens hinzutritt. So entspringt pdi_359.021 zunächst der einfache logische Operationenkreis; von pdi_359.022 ihm sind dann die zusammengesetzten logischen Vorgänge, Denkformen, pdi_359.023 Denkgesetze, bedingt; diese Entwicklung wird von der pdi_359.024 Sprache getragen, welche die Erwerbungen des Seelenlebens pdi_359.025 festhält, in Formen fixirt und von einer Generation auf die andere pdi_359.026 überliefert. Es entspringen die Wissenschaften, als die mächtigen pdi_359.027 Organe der Bildungsprocesse, welche die Vorstellungen zur Darstellung pdi_359.028 und Erklärung der Wirklichkeit geeignet machen. Und pdi_359.029 hier entstehen auch die Hypothesen: Begriffe und Verbindungen pdi_359.030 von Begriffen, welche zum Zweck dieser Erklärung den Kreis pdi_359.031 der Erfahrungen überschreiten. Wenn man den Begriff der pdi_359.032 Einbildungskraft anwenden will, so würden die Hypothesen
pdi_359.001 entnimmt, oder ein Forscher leitet aus Daten, in deren pdi_359.002 Besitz er schon war, die Erklärung einer Thatsache ab, die ihm pdi_359.003 längst bekannt gewesen.
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Indem nun der Wille diese elementaren Vorgänge und Bildungsprocesse pdi_359.005 in energischer Spannung, mit dem Bewusstsein pdi_359.006 seines Zieles, lenkt, entsteht jene tiefgreifende Verschiedenheit, pdi_359.007 welche von dem Spiel unserer Vorstellungen das logische Denken pdi_359.008 trennt. Wenn die Psychologie von der Totalität des Lebens pdi_359.009 ausgeht, wenn sie das Ineinandergreifen von Willens- und Vorstellungsvorgängen pdi_359.010 erfasst, dann braucht sie nicht das Spiel der pdi_359.011 Vorstellungen von dem beziehenden Denken zu trennen und pdi_359.012 über den unwillkürlichen Processen eine höhere Form des geistigen pdi_359.013 Lebens anzunehmen. Sonderbare Vorstellung! Ein Vorgang pdi_359.014 der Verschmelzung und über ihm, ganz in der Wurzel von pdi_359.015 ihm getrennt, der logische Vorgang der Gleichsetzung; ein Vorgang pdi_359.016 der Ideenassociation und über ihm, aber unabhängig, pdi_359.017 logische Verknüpfung der Vorstellungen. In Wirklichkeit ist es pdi_359.018 nur gleichsam eine höhere Lage der dargelegten Vorgänge, eine pdi_359.019 Zusammensetzung höheren Grades, besonders aber der Antheil des pdi_359.020 Willens, was in den Vorgängen des Denkens hinzutritt. So entspringt pdi_359.021 zunächst der einfache logische Operationenkreis; von pdi_359.022 ihm sind dann die zusammengesetzten logischen Vorgänge, Denkformen, pdi_359.023 Denkgesetze, bedingt; diese Entwicklung wird von der pdi_359.024 Sprache getragen, welche die Erwerbungen des Seelenlebens pdi_359.025 festhält, in Formen fixirt und von einer Generation auf die andere pdi_359.026 überliefert. Es entspringen die Wissenschaften, als die mächtigen pdi_359.027 Organe der Bildungsprocesse, welche die Vorstellungen zur Darstellung pdi_359.028 und Erklärung der Wirklichkeit geeignet machen. Und pdi_359.029 hier entstehen auch die Hypothesen: Begriffe und Verbindungen pdi_359.030 von Begriffen, welche zum Zweck dieser Erklärung den Kreis pdi_359.031 der Erfahrungen überschreiten. Wenn man den Begriff der pdi_359.032 Einbildungskraft anwenden will, so würden die Hypothesen
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pdi_359.004
Indem nun der Wille diese elementaren Vorgänge und Bildungsprocesse pdi_359.005
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ihm getrennt, der logische Vorgang der Gleichsetzung; ein Vorgang pdi_359.016
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Willens, was in den Vorgängen des Denkens hinzutritt. So entspringt pdi_359.021
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Einbildungskraft anwenden will, so würden die Hypothesen
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Dilthey, Wilhelm: Die Einbildungskraft des Dichters: Bausteine für eine Poetik. In: Philosophische Aufsätze. Eduard Zeller zu seinem fünfzigjährigen Doctor-Jubiläum gewidmet. (= Philosphische Aufsätze, 10.) Leipzig, 1887, S. 303–482, hier S. 359. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dilthey_poetik_1887/61>, abgerufen am 17.02.2025.
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