Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.zwei Bassen (welches vornehme General untern Türken) totgeschossen wurden; welche ich in dem Tumult ganz wohl hätte ins Zelte ziehen und plündern können. Allein das Schröcken war im Anfang groß; weil keiner wußte, wie es ablaufen würde. Daher jedermann sich retirierte. Ich auch in unsere Wagenburg lief. Und da die Türken schwadronenweis auch auf uns stießen, ich weidlich mit gehauenen Kugeln unter selbige schoß. Unser Obrist und Obristleutenant verboten zwar, nicht ehe zu schießen, bis das Weiße im Auge zu sehn. Aber da war kein Haltens und Kommandierens, sondern es brennete los, wer nur kannte. Unser Obrist wollte gar die Stück umbkehren und ins Lager richten; allein er bekam dafür eine starke Reprimande. Ich mußte hernach ansehen, daß zwei oder drei kaiserliche Reiter (denn wir dicht dabeistunden) die beiden Bassen bei meinem Zelte auszogen und an Goldbörschen und anderm gute Beute machten. Ich kam dazu und wollte auch mit teilnehmen, weil es in unserm Lager und meinem Gezelt. Allein die Kerl gechten mich, als einen jungen Menschen, mit auf die Brust gesetztem Stilett bald davon, sagende: "Du etc. wir haben die totgeschossen, und du wolltest Beute haben?" Inzwischen hatten vorgedachte Kürassier-Regimenter, als der General Heißler und Dünewald, als berühmbte Helden, den Feind verfolget und weidlich scharmutzieret. Als er sich des vierten Tages drauf mit seiner ganzen Armee, hundertfunfzigtausend stark, in Form eines halben Mondes, in Schlachtordnung auf der andern Seite des Lagers, auf einem Berg, sehr vorteilhaft gestellet (indem durchaus vor seinem ganzen Lager eine große jählinge Tiefe und gleichsam Natur-Veste, daß ihm nicht beizukommen; auf welche Höhe sie große und viele Stück zwei Bassen (welches vornehme General untern Türken) totgeschossen wurden; welche ich in dem Tumult ganz wohl hätte ins Zelte ziehen und plündern können. Allein das Schröcken war im Anfang groß; weil keiner wußte, wie es ablaufen würde. Daher jedermann sich retirierte. Ich auch in unsere Wagenburg lief. Und da die Türken schwadronenweis auch auf uns stießen, ich weidlich mit gehauenen Kugeln unter selbige schoß. Unser Obrist und Obristleutenant verboten zwar, nicht ehe zu schießen, bis das Weiße im Auge zu sehn. Aber da war kein Haltens und Kommandierens, sondern es brennete los, wer nur kannte. Unser Obrist wollte gar die Stück umbkehren und ins Lager richten; allein er bekam dafür eine starke Reprimande. Ich mußte hernach ansehen, daß zwei oder drei kaiserliche Reiter (denn wir dicht dabeistunden) die beiden Bassen bei meinem Zelte auszogen und an Goldbörschen und anderm gute Beute machten. Ich kam dazu und wollte auch mit teilnehmen, weil es in unserm Lager und meinem Gezelt. Allein die Kerl gechten mich, als einen jungen Menschen, mit auf die Brust gesetztem Stilett bald davon, sagende: „Du etc. wir haben die totgeschossen, und du wolltest Beute haben?“ Inzwischen hatten vorgedachte Kürassier-Regimenter, als der General Heißler und Dünewald, als berühmbte Helden, den Feind verfolget und weidlich scharmutzieret. Als er sich des vierten Tages drauf mit seiner ganzen Armee, hundertfunfzigtausend stark, in Form eines halben Mondes, in Schlachtordnung auf der andern Seite des Lagers, auf einem Berg, sehr vorteilhaft gestellet (indem durchaus vor seinem ganzen Lager eine große jählinge Tiefe und gleichsam Natur-Veste, daß ihm nicht beizukommen; auf welche Höhe sie große und viele Stück <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0068"/> zwei Bassen (welches vornehme General untern Türken) totgeschossen wurden; welche ich in dem Tumult ganz wohl hätte ins Zelte ziehen und plündern können. Allein das Schröcken war im Anfang groß; weil keiner wußte, wie es ablaufen würde. Daher jedermann sich retirierte. Ich auch in unsere Wagenburg lief. Und da die Türken schwadronenweis auch auf uns stießen, ich weidlich mit gehauenen Kugeln unter selbige schoß. Unser Obrist und Obristleutenant verboten zwar, nicht ehe zu schießen, bis das Weiße im Auge zu sehn. Aber da war kein Haltens und Kommandierens, sondern es brennete los, wer nur kannte. Unser Obrist wollte gar die Stück umbkehren und ins Lager richten; allein er bekam dafür eine starke Reprimande.</p> <p>Ich mußte hernach ansehen, daß zwei oder drei kaiserliche Reiter (denn wir dicht dabeistunden) die beiden Bassen bei meinem Zelte auszogen und an Goldbörschen und anderm gute Beute machten. Ich kam dazu und wollte auch mit teilnehmen, weil es in unserm Lager und meinem Gezelt. Allein die Kerl gechten mich, als einen jungen Menschen, mit auf die Brust gesetztem Stilett bald davon, sagende: „Du etc. wir haben die totgeschossen, und du wolltest Beute haben?“</p> <p>Inzwischen hatten vorgedachte Kürassier-Regimenter, als der General Heißler und Dünewald, als berühmbte Helden, den Feind verfolget und weidlich scharmutzieret.</p> <p><hi rendition="#in">A</hi>ls er sich des vierten Tages drauf mit seiner ganzen Armee, hundertfunfzigtausend stark, in Form eines halben Mondes, in Schlachtordnung auf der andern Seite des Lagers, auf einem Berg, sehr vorteilhaft gestellet (indem durchaus vor seinem ganzen Lager eine große jählinge Tiefe und gleichsam Natur-Veste, daß ihm nicht beizukommen; auf welche Höhe sie große und viele Stück </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0068]
zwei Bassen (welches vornehme General untern Türken) totgeschossen wurden; welche ich in dem Tumult ganz wohl hätte ins Zelte ziehen und plündern können. Allein das Schröcken war im Anfang groß; weil keiner wußte, wie es ablaufen würde. Daher jedermann sich retirierte. Ich auch in unsere Wagenburg lief. Und da die Türken schwadronenweis auch auf uns stießen, ich weidlich mit gehauenen Kugeln unter selbige schoß. Unser Obrist und Obristleutenant verboten zwar, nicht ehe zu schießen, bis das Weiße im Auge zu sehn. Aber da war kein Haltens und Kommandierens, sondern es brennete los, wer nur kannte. Unser Obrist wollte gar die Stück umbkehren und ins Lager richten; allein er bekam dafür eine starke Reprimande.
Ich mußte hernach ansehen, daß zwei oder drei kaiserliche Reiter (denn wir dicht dabeistunden) die beiden Bassen bei meinem Zelte auszogen und an Goldbörschen und anderm gute Beute machten. Ich kam dazu und wollte auch mit teilnehmen, weil es in unserm Lager und meinem Gezelt. Allein die Kerl gechten mich, als einen jungen Menschen, mit auf die Brust gesetztem Stilett bald davon, sagende: „Du etc. wir haben die totgeschossen, und du wolltest Beute haben?“
Inzwischen hatten vorgedachte Kürassier-Regimenter, als der General Heißler und Dünewald, als berühmbte Helden, den Feind verfolget und weidlich scharmutzieret.
Als er sich des vierten Tages drauf mit seiner ganzen Armee, hundertfunfzigtausend stark, in Form eines halben Mondes, in Schlachtordnung auf der andern Seite des Lagers, auf einem Berg, sehr vorteilhaft gestellet (indem durchaus vor seinem ganzen Lager eine große jählinge Tiefe und gleichsam Natur-Veste, daß ihm nicht beizukommen; auf welche Höhe sie große und viele Stück
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Zitationshilfe: | Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dietz_leben_1915/68>, abgerufen am 05.07.2024. |