Consentius, Ernst: Meister Johann Dietz erzählt sein Leben. Nach der alten Handschrift in der Königlichen Bibliothek zu Berlin. Ebenhausen, 1915.Flicken und Waschen, welches jeder selbst thun muß, will er vor Ungeziefer, derer erschröcklich viel und groß immer die Masten hinauflaufen, sich retten. Da nimbt man die schwarze Wäsche in eine Balje oder Faß, giesset süß Wasser drauf (denn Seewasser kann man weder trinken noch damit waschen), dann schmieret man das Zeug mit Seifen und tritt mit barfüßen Beinen den Wust raus; wann das oft gethan, denn spület man es in Seewasser aus und hängets im Schiff auf; so im Augenblick trucken. Denn man glaubet's kaum, wie die Seeluft dick, salzig und austrucknet; daher es einen immer hungert. Und hab ich in Wahrheit oft den rohen Stockfisch auf dem Anker geklopfet und mit dem größten Appetit gessen. Dazu wohl mit geholfen hat, daß - auf Einraten eines guten Freundes - ich wohl sechszehen Kannen Franzwein mit eingeriebenem Meerrettich mitnahm und davon täglich, vor den Scharbock, zwei Gläser trank. Ich muß's in Wahrheit diesem Mittel, nebenst GOtt, zuschreiben, daß ich vor dem Scharbock präservieret. Die andern alle waren dran siech und konnten durch kein Mittel kurieret werden, als bis wir in Spitzbergen, welches außer Zweifel am äussersten Ende Americae und unterm Nordpol gelegen, den daselbst wachsenden Schlath und Erfrischung bekamen, Derohalb, und weil wir unser Schiff so bald glücklich und reich gnug beladen, auch daß die Zeit der Monatgelder denen Leuten zuwachsen sollte, machten wir uns aus dem Eis süd-nord und höreten unterweges ein grausames Gebrüll, gleich eines Kalbes, auf zwei Meiln. Unsere Leute mutmaßten: es wäre ein Nordkaper, oder großer Fisch. Da wir mit dem Schiff herzugesegelt, war es also ein großer Fisch, aber ganz anders gestalt, als Flicken und Waschen, welches jeder selbst thun muß, will er vor Ungeziefer, derer erschröcklich viel und groß immer die Masten hinauflaufen, sich retten. Da nimbt man die schwarze Wäsche in eine Balje oder Faß, giesset süß Wasser drauf (denn Seewasser kann man weder trinken noch damit waschen), dann schmieret man das Zeug mit Seifen und tritt mit barfüßen Beinen den Wust raus; wann das oft gethan, denn spület man es in Seewasser aus und hängets im Schiff auf; so im Augenblick trucken. Denn man glaubet’s kaum, wie die Seeluft dick, salzig und austrucknet; daher es einen immer hungert. Und hab ich in Wahrheit oft den rohen Stockfisch auf dem Anker geklopfet und mit dem größten Appetit gessen. Dazu wohl mit geholfen hat, daß – auf Einraten eines guten Freundes – ich wohl sechszehen Kannen Franzwein mit eingeriebenem Meerrettich mitnahm und davon täglich, vor den Scharbock, zwei Gläser trank. Ich muß’s in Wahrheit diesem Mittel, nebenst GOtt, zuschreiben, daß ich vor dem Scharbock präservieret. Die andern alle waren dran siech und konnten durch kein Mittel kurieret werden, als bis wir in Spitzbergen, welches außer Zweifel am äussersten Ende Americae und unterm Nordpol gelegen, den daselbst wachsenden Schlath und Erfrischung bekamen, Derohalb, und weil wir unser Schiff so bald glücklich und reich gnug beladen, auch daß die Zeit der Monatgelder denen Leuten zuwachsen sollte, machten wir uns aus dem Eis süd-nord und höreten unterweges ein grausames Gebrüll, gleich eines Kalbes, auf zwei Meiln. Unsere Leute mutmaßten: es wäre ein Nordkaper, oder großer Fisch. Da wir mit dem Schiff herzugesegelt, war es also ein großer Fisch, aber ganz anders gestalt, als <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="1"> <p><pb facs="#f0138"/> Flicken und Waschen, welches jeder selbst thun muß, will er vor Ungeziefer, derer erschröcklich viel und groß immer die Masten hinauflaufen, sich retten. Da nimbt man die schwarze Wäsche in eine Balje oder Faß, giesset süß Wasser drauf (denn Seewasser kann man weder trinken noch damit waschen), dann schmieret man das Zeug mit Seifen und tritt mit barfüßen Beinen den Wust raus; wann das oft gethan, denn spület man es in Seewasser aus und hängets im Schiff auf; so im Augenblick trucken. Denn man glaubet’s kaum, wie die Seeluft dick, salzig und austrucknet; daher es einen immer hungert.</p> <p>Und hab ich in Wahrheit oft den rohen Stockfisch auf dem Anker geklopfet und mit dem größten Appetit gessen. Dazu wohl mit geholfen hat, daß – auf Einraten eines guten Freundes – ich wohl sechszehen Kannen Franzwein mit eingeriebenem Meerrettich mitnahm und davon täglich, vor den Scharbock, zwei Gläser trank. Ich muß’s in Wahrheit diesem Mittel, nebenst GOtt, zuschreiben, daß ich vor dem Scharbock präservieret. Die andern alle waren dran siech und konnten durch kein Mittel kurieret werden, als bis wir in Spitzbergen, welches außer Zweifel am äussersten Ende <hi rendition="#aq">Americae</hi> und unterm Nordpol gelegen, den daselbst wachsenden Schlath und Erfrischung bekamen,</p> <p><hi rendition="#in">D</hi>erohalb, und weil wir unser Schiff so bald glücklich und reich gnug beladen, auch daß die Zeit der Monatgelder denen Leuten zuwachsen sollte, machten wir uns aus dem Eis süd-nord und höreten unterweges ein grausames Gebrüll, gleich eines Kalbes, auf zwei Meiln. Unsere Leute mutmaßten: es wäre ein Nordkaper, oder großer Fisch. Da wir mit dem Schiff herzugesegelt, war es also ein großer Fisch, aber ganz anders gestalt, als </p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0138]
Flicken und Waschen, welches jeder selbst thun muß, will er vor Ungeziefer, derer erschröcklich viel und groß immer die Masten hinauflaufen, sich retten. Da nimbt man die schwarze Wäsche in eine Balje oder Faß, giesset süß Wasser drauf (denn Seewasser kann man weder trinken noch damit waschen), dann schmieret man das Zeug mit Seifen und tritt mit barfüßen Beinen den Wust raus; wann das oft gethan, denn spület man es in Seewasser aus und hängets im Schiff auf; so im Augenblick trucken. Denn man glaubet’s kaum, wie die Seeluft dick, salzig und austrucknet; daher es einen immer hungert.
Und hab ich in Wahrheit oft den rohen Stockfisch auf dem Anker geklopfet und mit dem größten Appetit gessen. Dazu wohl mit geholfen hat, daß – auf Einraten eines guten Freundes – ich wohl sechszehen Kannen Franzwein mit eingeriebenem Meerrettich mitnahm und davon täglich, vor den Scharbock, zwei Gläser trank. Ich muß’s in Wahrheit diesem Mittel, nebenst GOtt, zuschreiben, daß ich vor dem Scharbock präservieret. Die andern alle waren dran siech und konnten durch kein Mittel kurieret werden, als bis wir in Spitzbergen, welches außer Zweifel am äussersten Ende Americae und unterm Nordpol gelegen, den daselbst wachsenden Schlath und Erfrischung bekamen,
Derohalb, und weil wir unser Schiff so bald glücklich und reich gnug beladen, auch daß die Zeit der Monatgelder denen Leuten zuwachsen sollte, machten wir uns aus dem Eis süd-nord und höreten unterweges ein grausames Gebrüll, gleich eines Kalbes, auf zwei Meiln. Unsere Leute mutmaßten: es wäre ein Nordkaper, oder großer Fisch. Da wir mit dem Schiff herzugesegelt, war es also ein großer Fisch, aber ganz anders gestalt, als
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Projekt Gutenberg-DE: Bereitstellung der Texttranskription.
(2013-06-28T07:11:29Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Frank Wiegand: Bearbeitung der digitalen Edition
(2012-09-04T07:11:29Z)
Frederike Neuber: Überarbeitung der digitalen Edition
(2014-01-10T14:11:29Z)
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-06-28T07:11:29Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |