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Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836.

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nastik, Turnkunst und heitere männliche Spiele, sondern um
der Allseitigkeit der Bildung willen. Wahre Geistesbildung,
d. h. Mannhaftigkeit der Gesinnung und des Charakters ge-
deiht und reift nur in gekräftigten Leibern.

5) Wir verlangen ferner Anstalten zur gesell-
schaftlichen Entwicklung und Bildung unse-
rer Jünglinge
.

Ueberall, wo junge Leute auf sich selbst beschränkt sind,
nur mit einander umgehen, reißt ein Geist der Rohheit ein,
rohe Sitten, Verachtung äußerlicher, feiner Sitte und Erschei-
nung. Solches kann man sogar in den Schullehrer- und
Priester-Seminarien lernen. Natürlich. Der junge, kräftige,
frei sich fühlende Mensch durchschaut bald die Leere äußerer
Ceremonien und gesellschaftlicher Uebertreibungen. Indem sein
Sinn auf das Wesen gerichtet ist, verwirft er, was ihm ein
hohler Schemen zu sein dünkt, und gerade der Tüchtigste ge-
fällt sich leicht in der Verachtung äußerer Freiheit und schö-
ner Sitte. Um solcher rohen Erscheinungsweise vorzubeugen,
hat man in manche Schullehrer- und Priester-Seminarien die
Mystik, den Pietismus eingeführt. Gewiß, ein herrliches
Mittel für diesen Zweck! Denn aller Orten auf dem weiten
Erdenrund gleichen die Frömmler sich in äußerer Ehrbarkeit
und stiller Gesittung. Der Schein soll das Wesen ersetzen.
Aber unsre Leser werden es uns nicht zutrauen, daß wir die-
ses Mittel geistiger Entmannung anempfehlen. Den wildesten,
wüstesten Burschencomment ziehen wir dem Heuchler- und
Frömmlerwesen vor. Aber wir wünschen daneben, daß den
Jünglingen feine Sitten und Gesittung angebildet werde. Denn
auch sie gehören zur Bildung, und mancher Jüngling hat in

naſtik, Turnkunſt und heitere maͤnnliche Spiele, ſondern um
der Allſeitigkeit der Bildung willen. Wahre Geiſtesbildung,
d. h. Mannhaftigkeit der Geſinnung und des Charakters ge-
deiht und reift nur in gekraͤftigten Leibern.

5) Wir verlangen ferner Anſtalten zur geſell-
ſchaftlichen Entwicklung und Bildung unſe-
rer Juͤnglinge
.

Ueberall, wo junge Leute auf ſich ſelbſt beſchraͤnkt ſind,
nur mit einander umgehen, reißt ein Geiſt der Rohheit ein,
rohe Sitten, Verachtung aͤußerlicher, feiner Sitte und Erſchei-
nung. Solches kann man ſogar in den Schullehrer- und
Prieſter-Seminarien lernen. Natuͤrlich. Der junge, kraͤftige,
frei ſich fuͤhlende Menſch durchſchaut bald die Leere aͤußerer
Ceremonien und geſellſchaftlicher Uebertreibungen. Indem ſein
Sinn auf das Weſen gerichtet iſt, verwirft er, was ihm ein
hohler Schemen zu ſein duͤnkt, und gerade der Tuͤchtigſte ge-
faͤllt ſich leicht in der Verachtung aͤußerer Freiheit und ſchoͤ-
ner Sitte. Um ſolcher rohen Erſcheinungsweiſe vorzubeugen,
hat man in manche Schullehrer- und Prieſter-Seminarien die
Myſtik, den Pietismus eingefuͤhrt. Gewiß, ein herrliches
Mittel fuͤr dieſen Zweck! Denn aller Orten auf dem weiten
Erdenrund gleichen die Froͤmmler ſich in aͤußerer Ehrbarkeit
und ſtiller Geſittung. Der Schein ſoll das Weſen erſetzen.
Aber unſre Leſer werden es uns nicht zutrauen, daß wir die-
ſes Mittel geiſtiger Entmannung anempfehlen. Den wildeſten,
wuͤſteſten Burſchencomment ziehen wir dem Heuchler- und
Froͤmmlerweſen vor. Aber wir wuͤnſchen daneben, daß den
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[20/0038] naſtik, Turnkunſt und heitere maͤnnliche Spiele, ſondern um der Allſeitigkeit der Bildung willen. Wahre Geiſtesbildung, d. h. Mannhaftigkeit der Geſinnung und des Charakters ge- deiht und reift nur in gekraͤftigten Leibern. 5) Wir verlangen ferner Anſtalten zur geſell- ſchaftlichen Entwicklung und Bildung unſe- rer Juͤnglinge. Ueberall, wo junge Leute auf ſich ſelbſt beſchraͤnkt ſind, nur mit einander umgehen, reißt ein Geiſt der Rohheit ein, rohe Sitten, Verachtung aͤußerlicher, feiner Sitte und Erſchei- nung. Solches kann man ſogar in den Schullehrer- und Prieſter-Seminarien lernen. Natuͤrlich. Der junge, kraͤftige, frei ſich fuͤhlende Menſch durchſchaut bald die Leere aͤußerer Ceremonien und geſellſchaftlicher Uebertreibungen. Indem ſein Sinn auf das Weſen gerichtet iſt, verwirft er, was ihm ein hohler Schemen zu ſein duͤnkt, und gerade der Tuͤchtigſte ge- faͤllt ſich leicht in der Verachtung aͤußerer Freiheit und ſchoͤ- ner Sitte. Um ſolcher rohen Erſcheinungsweiſe vorzubeugen, hat man in manche Schullehrer- und Prieſter-Seminarien die Myſtik, den Pietismus eingefuͤhrt. Gewiß, ein herrliches Mittel fuͤr dieſen Zweck! Denn aller Orten auf dem weiten Erdenrund gleichen die Froͤmmler ſich in aͤußerer Ehrbarkeit und ſtiller Geſittung. Der Schein ſoll das Weſen erſetzen. Aber unſre Leſer werden es uns nicht zutrauen, daß wir die- ſes Mittel geiſtiger Entmannung anempfehlen. Den wildeſten, wuͤſteſten Burſchencomment ziehen wir dem Heuchler- und Froͤmmlerweſen vor. Aber wir wuͤnſchen daneben, daß den Juͤnglingen feine Sitten und Geſittung angebildet werde. Denn auch ſie gehoͤren zur Bildung, und mancher Juͤngling hat in

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Zitationshilfe: Diesterweg, Adolph: Über das Verderben auf den deutschen Universitäten. Essen, 1836, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/diesterweg_universitaeten_1836/38>, abgerufen am 28.11.2024.