Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dickens, Charles: Der Weihnachtsabend (Übers. Edward Aubrey Moriarty). Leipzig, 1844.

Bild:
<< vorherige Seite

"Du willst ihnen die Mittel nehmen, jeden siebenten Tag zu Mittag zu essen, und doch ist das der einzige Tag, wo sie überhaupt zu Mittag essen können," sagte Scrooge.

"Ich?" rief der Geist.

"Verzeihe mir, wenn ich Unrecht habe. Es ist in Deinem Namen geschehen oder wenigstens in dem Deiner Familie," sagte Scrooge.

"Es giebt Menschen auf Eurer Erde," entgegnete der Geist, "welche uns kennen wollen und ihre Thaten des Stolzes, der Mißgunst, des Hasses, des Neides, des Fanatismus und der Selbstsucht in unserm Namen thun; die uns in Allem, was zu uns gehört, so fremd sind, als wenn sie nie gelebt hätten. Bedenke das und schreibe ihre Thaten ihnen selbst zu und nicht uns."

Scrooge versprach es und sie gingen unsichtbar, wie bisher, weiter in die Vorstadt. Es war eine wunderbare Eigenschaft des Geistes (Scrooge hatte sie bei dem Bäcker bemerkt), daß er, trotz seiner riesenhaften Gestalt, doch überall leicht Platz fand; und daß er unter einem niedrigen Dach eben so schön und wie ein übernatürliches Wesen dastand, wie im geräumigen hohen Saal.

Vielleicht war es die Freude, welche der gute Geist darin fühlte, diese Macht zu zeigen, vielleicht auch seine warmherzige, freundliche Natur und seine Theilnahme für alle Armen, was ihn gerade zu Scrooge's Diener führte; denn er ging wirklich hin und nahm Scrooge mit, der sich an sein Gewand festhielt. Auf der Schwelle stand der Geist

„Du willst ihnen die Mittel nehmen, jeden siebenten Tag zu Mittag zu essen, und doch ist das der einzige Tag, wo sie überhaupt zu Mittag essen können,“ sagte Scrooge.

„Ich?“ rief der Geist.

„Verzeihe mir, wenn ich Unrecht habe. Es ist in Deinem Namen geschehen oder wenigstens in dem Deiner Familie,“ sagte Scrooge.

„Es giebt Menschen auf Eurer Erde,“ entgegnete der Geist, „welche uns kennen wollen und ihre Thaten des Stolzes, der Mißgunst, des Hasses, des Neides, des Fanatismus und der Selbstsucht in unserm Namen thun; die uns in Allem, was zu uns gehört, so fremd sind, als wenn sie nie gelebt hätten. Bedenke das und schreibe ihre Thaten ihnen selbst zu und nicht uns.“

Scrooge versprach es und sie gingen unsichtbar, wie bisher, weiter in die Vorstadt. Es war eine wunderbare Eigenschaft des Geistes (Scrooge hatte sie bei dem Bäcker bemerkt), daß er, trotz seiner riesenhaften Gestalt, doch überall leicht Platz fand; und daß er unter einem niedrigen Dach eben so schön und wie ein übernatürliches Wesen dastand, wie im geräumigen hohen Saal.

Vielleicht war es die Freude, welche der gute Geist darin fühlte, diese Macht zu zeigen, vielleicht auch seine warmherzige, freundliche Natur und seine Theilnahme für alle Armen, was ihn gerade zu Scrooge’s Diener führte; denn er ging wirklich hin und nahm Scrooge mit, der sich an sein Gewand festhielt. Auf der Schwelle stand der Geist

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0073" n="73"/>
        <p>&#x201E;Du willst ihnen die Mittel nehmen, jeden siebenten Tag zu Mittag zu essen, und doch ist das der einzige Tag, wo sie überhaupt zu Mittag essen können,&#x201C; sagte Scrooge.</p>
        <p>&#x201E;Ich?&#x201C; rief der Geist.</p>
        <p>&#x201E;Verzeihe mir, wenn ich Unrecht habe. Es ist in Deinem Namen geschehen oder wenigstens in dem Deiner Familie,&#x201C; sagte Scrooge.</p>
        <p>&#x201E;Es giebt Menschen auf Eurer Erde,&#x201C; entgegnete der Geist, &#x201E;welche uns kennen wollen und ihre Thaten des Stolzes, der Mißgunst, des Hasses, des Neides, des Fanatismus und der Selbstsucht in unserm Namen thun; die uns in Allem, was zu uns gehört, so fremd sind, als wenn sie nie gelebt hätten. Bedenke das und schreibe ihre Thaten ihnen selbst zu und nicht uns.&#x201C;</p>
        <p>Scrooge versprach es und sie gingen unsichtbar, wie bisher, weiter in die Vorstadt. Es war eine wunderbare Eigenschaft des Geistes (Scrooge hatte sie bei dem Bäcker bemerkt), daß er, trotz seiner riesenhaften Gestalt, doch überall leicht Platz fand; und daß er unter einem niedrigen Dach eben so schön und wie ein übernatürliches Wesen dastand, wie im geräumigen hohen Saal.</p>
        <p>Vielleicht war es die Freude, welche der gute Geist darin fühlte, diese Macht zu zeigen, vielleicht auch seine warmherzige, freundliche Natur und seine Theilnahme für alle Armen, was ihn gerade zu Scrooge&#x2019;s Diener führte; denn er ging wirklich hin und nahm Scrooge mit, der sich an sein Gewand festhielt. Auf der Schwelle stand der Geist
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[73/0073] „Du willst ihnen die Mittel nehmen, jeden siebenten Tag zu Mittag zu essen, und doch ist das der einzige Tag, wo sie überhaupt zu Mittag essen können,“ sagte Scrooge. „Ich?“ rief der Geist. „Verzeihe mir, wenn ich Unrecht habe. Es ist in Deinem Namen geschehen oder wenigstens in dem Deiner Familie,“ sagte Scrooge. „Es giebt Menschen auf Eurer Erde,“ entgegnete der Geist, „welche uns kennen wollen und ihre Thaten des Stolzes, der Mißgunst, des Hasses, des Neides, des Fanatismus und der Selbstsucht in unserm Namen thun; die uns in Allem, was zu uns gehört, so fremd sind, als wenn sie nie gelebt hätten. Bedenke das und schreibe ihre Thaten ihnen selbst zu und nicht uns.“ Scrooge versprach es und sie gingen unsichtbar, wie bisher, weiter in die Vorstadt. Es war eine wunderbare Eigenschaft des Geistes (Scrooge hatte sie bei dem Bäcker bemerkt), daß er, trotz seiner riesenhaften Gestalt, doch überall leicht Platz fand; und daß er unter einem niedrigen Dach eben so schön und wie ein übernatürliches Wesen dastand, wie im geräumigen hohen Saal. Vielleicht war es die Freude, welche der gute Geist darin fühlte, diese Macht zu zeigen, vielleicht auch seine warmherzige, freundliche Natur und seine Theilnahme für alle Armen, was ihn gerade zu Scrooge’s Diener führte; denn er ging wirklich hin und nahm Scrooge mit, der sich an sein Gewand festhielt. Auf der Schwelle stand der Geist

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Wikisource: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in Wikisource-Syntax. (2012-11-27T08:24:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme aus Wikisource entsprechen muss.
Wikimedia Commons: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2012-11-27T08:24:31Z)
Frank Wiegand: Konvertierung von Wikisource-Markup nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat (2012-11-27T08:24:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dickens_weihnachtsabend_1844
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dickens_weihnachtsabend_1844/73
Zitationshilfe: Dickens, Charles: Der Weihnachtsabend (Übers. Edward Aubrey Moriarty). Leipzig, 1844, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dickens_weihnachtsabend_1844/73>, abgerufen am 22.11.2024.