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Deucer, Johann: Nützliches Gebet-Buch. Zittau, 1665.

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an die Krancken.
Maß und Bescheidenheit geschicht. So man sich aber in ein heid-
nisch und unchristlichs Trauren schicken wil/ gehet es ohn viel
Sünd nicht ab. Denn erstlich so thun wir unserm eigen Leib we-
he/ wie Sirach spricht: Traurigkeit bringet Kranckheit/ Kranck-
heit bringet den Todt/ wir legen uns damit nur selber zu Bette.

Darnach ists wieder Gott/ demselbigen wollen wir sein Ziel ändern
oder verrucken/ so er doch eim iedern sein letztes Stündlein aufgesetzt
hat Zum dritten ist es ein Anzeigung/ daß wir unserm lieben Bru-
der die grosse/ unaussprechliche himmlische Freude nicht gönnen/ wel-
che ihm Gott nicht allein gegönnet/ sondern allbereit der Seelen nach
schon gegeben hat. Denn der Gerechten Seelen sind in Gottes
Hand/ und keine Qvaal rühret sie an. Zum vierdten/ ist unser zu
viel Trauren ümsonst und vergebens/ wenn wir ihn mit unserm
Weinen und Klagen wiederüm lebendig machen könten/ wäre es
wol eine Meinung/ aber es ist ümsonst üm den Todten weinen/
wir können ihn nicht wiederholen/ und müssen mit dem königlichen
Propheten David/ da er von seim hertzliebsten verstorbenen Kind
redet/ sprechen: Jch muß zu ihm fahren/ er aber kömmt nicht wieder
zu mir/ Wir haben ihn aber nicht gar verlohren/ sondern nur voran
geschickt/ der tröstlichen Hoffnung und ungezweiffelter Zuversicht/
wir werden/ es stehe kurtz oder lang an/ hernach folgen und diesen
Weg auch gutwillig folgen und wandeln.

Unter dessen aber wollen wir ihn dem allmächtigen GOtt und ge-
treuen Vater im Himmel befehlen/ nicht zweiffelend/ Er habe ihn
schon väterlich versorget/ der Seelen nach/ und werde diesen Leib/ so
wir allhie sehen/ vor uns liegen in Schwachheit/ in Unehr und na-
türlich/ in Krafft und Herrligkeit zu einem geistlichen Leib/ an seinem
grossen Tag wiederüm erwecken. Der allmächtige GOtt wolle
euch euers Leids väterlich ergetzen/ und unserm geliebten Bruder eine
fröliche Urstende/ und uns allen gnädiglich verleihen/ Amen.

Ein andere.
Weil

an die Krancken.
Maß und Beſcheidenheit geſchicht. So man ſich aber in ein heid-
niſch und unchriſtlichs Trauren ſchicken wil/ gehet es ohn viel
Sünd nicht ab. Denn erſtlich ſo thun wir unſerm eigen Leib we-
he/ wie Sirach ſpricht: Traurigkeit bringet Kranckheit/ Kranck-
heit bringet den Todt/ wir legen uns damit nur ſelber zu Bette.

Darnach iſts wieder Gott/ demſelbigen wollen wir ſein Ziel ändern
oder verrucken/ ſo er doch eim iedern ſein letztes Stündlein aufgeſetzt
hat Zum dritten iſt es ein Anzeigung/ daß wir unſerm lieben Bru-
der die groſſe/ unausſprechliche him̃liſche Freude nicht gönnen/ wel-
che ihm Gott nicht allein gegönnet/ ſondern allbereit der Seelen nach
ſchon gegeben hat. Denn der Gerechten Seelen ſind in Gottes
Hand/ und keine Qvaal rühret ſie an. Zum vierdten/ iſt unſer zu
viel Trauren ümſonſt und vergebens/ wenn wir ihn mit unſerm
Weinen und Klagen wiederüm lebendig machen könten/ wäre es
wol eine Meinung/ aber es iſt ümſonſt üm den Todten weinen/
wir können ihn nicht wiederholen/ und müſſen mit dem königlichen
Propheten David/ da er von ſeim hertzliebſten verſtorbenen Kind
redet/ ſprechen: Jch muß zu ihm fahren/ er aber köm̃t nicht wieder
zu mir/ Wir haben ihn aber nicht gar verlohren/ ſondern nur voran
geſchickt/ der tröſtlichen Hoffnung und ungezweiffelter Zuverſicht/
wir werden/ es ſtehe kurtz oder lang an/ hernach folgen und dieſen
Weg auch gutwillig folgen und wandeln.

Unter deſſen aber wollen wir ihn dem allmächtigen GOtt und ge-
treuen Vater im Himmel befehlen/ nicht zweiffelend/ Er habe ihn
ſchon väterlich verſorget/ der Seelen nach/ und werde dieſen Leib/ ſo
wir allhie ſehen/ vor uns liegen in Schwachheit/ in Unehr und na-
türlich/ in Krafft und Herrligkeit zu einem geiſtlichen Leib/ an ſeinem
groſſen Tag wiederüm erwecken. Der allmächtige GOtt wolle
euch euers Leids väterlich ergetzen/ und unſerm geliebten Bruder eine
fröliche Urſtende/ und uns allen gnädiglich verleihen/ Amen.

Ein andere.
Weil
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[99[100]/0443] an die Krancken. Maß und Beſcheidenheit geſchicht. So man ſich aber in ein heid- niſch und unchriſtlichs Trauren ſchicken wil/ gehet es ohn viel Sünd nicht ab. Denn erſtlich ſo thun wir unſerm eigen Leib we- he/ wie Sirach ſpricht: Traurigkeit bringet Kranckheit/ Kranck- heit bringet den Todt/ wir legen uns damit nur ſelber zu Bette. Darnach iſts wieder Gott/ demſelbigen wollen wir ſein Ziel ändern oder verrucken/ ſo er doch eim iedern ſein letztes Stündlein aufgeſetzt hat Zum dritten iſt es ein Anzeigung/ daß wir unſerm lieben Bru- der die groſſe/ unausſprechliche him̃liſche Freude nicht gönnen/ wel- che ihm Gott nicht allein gegönnet/ ſondern allbereit der Seelen nach ſchon gegeben hat. Denn der Gerechten Seelen ſind in Gottes Hand/ und keine Qvaal rühret ſie an. Zum vierdten/ iſt unſer zu viel Trauren ümſonſt und vergebens/ wenn wir ihn mit unſerm Weinen und Klagen wiederüm lebendig machen könten/ wäre es wol eine Meinung/ aber es iſt ümſonſt üm den Todten weinen/ wir können ihn nicht wiederholen/ und müſſen mit dem königlichen Propheten David/ da er von ſeim hertzliebſten verſtorbenen Kind redet/ ſprechen: Jch muß zu ihm fahren/ er aber köm̃t nicht wieder zu mir/ Wir haben ihn aber nicht gar verlohren/ ſondern nur voran geſchickt/ der tröſtlichen Hoffnung und ungezweiffelter Zuverſicht/ wir werden/ es ſtehe kurtz oder lang an/ hernach folgen und dieſen Weg auch gutwillig folgen und wandeln. Unter deſſen aber wollen wir ihn dem allmächtigen GOtt und ge- treuen Vater im Himmel befehlen/ nicht zweiffelend/ Er habe ihn ſchon väterlich verſorget/ der Seelen nach/ und werde dieſen Leib/ ſo wir allhie ſehen/ vor uns liegen in Schwachheit/ in Unehr und na- türlich/ in Krafft und Herrligkeit zu einem geiſtlichen Leib/ an ſeinem groſſen Tag wiederüm erwecken. Der allmächtige GOtt wolle euch euers Leids väterlich ergetzen/ und unſerm geliebten Bruder eine fröliche Urſtende/ und uns allen gnädiglich verleihen/ Amen. Ein andere. Weil

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Zitationshilfe: Deucer, Johann: Nützliches Gebet-Buch. Zittau, 1665, S. 99[100]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/deucer_gebetbuch_1665/443>, abgerufen am 17.09.2024.