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Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.

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ist dabei zunächst zu erörtern, warum man nicht an der
alten Hypothese festhalten will. Ein allgemeiner Grund
dafür ist von Brugmann angegeben worden in den von
Curtius S. 93 angeführten Worten: "Die Annahme, dass
unter ganz denselben Verhältnissen ein Laut in einem Theil
der Formen auf diesem, in einem andern Theil auf jenem
Wege umgestaltet worden sei -- etwa in Folge der Laune
des Sprechenden -- widerstreitet den heutzutage immer
mehr und mehr zur Geltung kommenden methodologischen
Principien durchaus." Curtius meint dagegen, es komme
auf derartige, a priori construirte Principien viel weniger
an als auf die Thatsachen der Sprachen und deren wahr-
scheinliche Deutung. Den Abscheu gegen a priori con-
struirte Principien theilen wir heutzutage wohl Alle (wenn
auch zuzugeben ist, dass wir uns unbewusst recht oft von
ihnen leiten lassen), aber es handelt sich, wie mir scheint,
im vorliegenden Falle nicht um ein aus den Fingern ge-
sogenes, sondern um ein mittelst der Erfahrung aus den
Thatsachen destillirtes Princip, das übrigens auch durch
die Geschichte der Spaltungshypothesen zwar nicht bewiesen,
aber doch empfohlen wird. Wir hatten früher in der indo-
germanischen Lautlehre zwei grosse Spaltungshypothesen
und eine Anzahl kleinerer. Die beiden grossen waren die
Hypothesen von der Spaltung des a-Lautes und der k-Laute,
eine kleinere z. B. die Hypothese von der Spaltung eines
indogermanischen j in griechisches z und `. Hinsichtlich
der k-Laute nahm Schleicher mit grosser Bestimmtheit an,
es sei nur ein k, ein p, ein gh in der Ursprache vorhanden
gewesen, und aus ihnen seien die mannichfaltigen k-Laute
der Einzelsprachen durch Spaltung hervorgegangen. Diese
Ansicht nun ist jetzt (auch von Curtius) verlassen und zwar
zu Gunsten einer von Ascoli und Fick, aufgestellten An-
sicht, wonach bereits in der Urzeit zwei k-Reihen vorhan-

ist dabei zunächst zu erörtern, warum man nicht an der
alten Hypothese festhalten will. Ein allgemeiner Grund
dafür ist von Brugmann angegeben worden in den von
Curtius S. 93 angeführten Worten: »Die Annahme, dass
unter ganz denselben Verhältnissen ein Laut in einem Theil
der Formen auf diesem, in einem andern Theil auf jenem
Wege umgestaltet worden sei — etwa in Folge der Laune
des Sprechenden — widerstreitet den heutzutage immer
mehr und mehr zur Geltung kommenden methodologischen
Principien durchaus.« Curtius meint dagegen, es komme
auf derartige, a priori construirte Principien viel weniger
an als auf die Thatsachen der Sprachen und deren wahr-
scheinliche Deutung. Den Abscheu gegen a priori con-
struirte Principien theilen wir heutzutage wohl Alle (wenn
auch zuzugeben ist, dass wir uns unbewusst recht oft von
ihnen leiten lassen), aber es handelt sich, wie mir scheint,
im vorliegenden Falle nicht um ein aus den Fingern ge-
sogenes, sondern um ein mittelst der Erfahrung aus den
Thatsachen destillirtes Princip, das übrigens auch durch
die Geschichte der Spaltungshypothesen zwar nicht bewiesen,
aber doch empfohlen wird. Wir hatten früher in der indo-
germanischen Lautlehre zwei grosse Spaltungshypothesen
und eine Anzahl kleinerer. Die beiden grossen waren die
Hypothesen von der Spaltung des a-Lautes und der k-Laute,
eine kleinere z. B. die Hypothese von der Spaltung eines
indogermanischen j in griechisches ζ und . Hinsichtlich
der k-Laute nahm Schleicher mit grosser Bestimmtheit an,
es sei nur ein k, ein p, ein gh in der Ursprache vorhanden
gewesen, und aus ihnen seien die mannichfaltigen k-Laute
der Einzelsprachen durch Spaltung hervorgegangen. Diese
Ansicht nun ist jetzt (auch von Curtius) verlassen und zwar
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sicht, wonach bereits in der Urzeit zwei k-Reihen vorhan-

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[32/0037] ist dabei zunächst zu erörtern, warum man nicht an der alten Hypothese festhalten will. Ein allgemeiner Grund dafür ist von Brugmann angegeben worden in den von Curtius S. 93 angeführten Worten: »Die Annahme, dass unter ganz denselben Verhältnissen ein Laut in einem Theil der Formen auf diesem, in einem andern Theil auf jenem Wege umgestaltet worden sei — etwa in Folge der Laune des Sprechenden — widerstreitet den heutzutage immer mehr und mehr zur Geltung kommenden methodologischen Principien durchaus.« Curtius meint dagegen, es komme auf derartige, a priori construirte Principien viel weniger an als auf die Thatsachen der Sprachen und deren wahr- scheinliche Deutung. Den Abscheu gegen a priori con- struirte Principien theilen wir heutzutage wohl Alle (wenn auch zuzugeben ist, dass wir uns unbewusst recht oft von ihnen leiten lassen), aber es handelt sich, wie mir scheint, im vorliegenden Falle nicht um ein aus den Fingern ge- sogenes, sondern um ein mittelst der Erfahrung aus den Thatsachen destillirtes Princip, das übrigens auch durch die Geschichte der Spaltungshypothesen zwar nicht bewiesen, aber doch empfohlen wird. Wir hatten früher in der indo- germanischen Lautlehre zwei grosse Spaltungshypothesen und eine Anzahl kleinerer. Die beiden grossen waren die Hypothesen von der Spaltung des a-Lautes und der k-Laute, eine kleinere z. B. die Hypothese von der Spaltung eines indogermanischen j in griechisches ζ und ῾. Hinsichtlich der k-Laute nahm Schleicher mit grosser Bestimmtheit an, es sei nur ein k, ein p, ein gh in der Ursprache vorhanden gewesen, und aus ihnen seien die mannichfaltigen k-Laute der Einzelsprachen durch Spaltung hervorgegangen. Diese Ansicht nun ist jetzt (auch von Curtius) verlassen und zwar zu Gunsten einer von Ascoli und Fick, aufgestellten An- sicht, wonach bereits in der Urzeit zwei k-Reihen vorhan-

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Zitationshilfe: Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 32. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/delbrueck_sprachforschung_1885/37>, abgerufen am 21.11.2024.