Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885.

Bild:
<< vorherige Seite

ein e da war, auch dasjenige o nicht wohl fehlen konnte,
welches zu dem e in einem Ablautsverhältniss steht. Ich
lasse diese Frage, zu welcher ich später zurückkehren werde,
augenblicklich auf sich beruhen, und gestatte mir hier nur
die subjective Behauptung, dass Curtius meiner Meinung
nach wahrscheinlich gemacht hat, dass im Europäischen e
und o vorhanden war. Demnach steht also die Sache so, dass
wir bei den Ostindogermanen a haben, bei den Westindo-
germanen a, e, o. Wo ist nun der ursprüngliche Zustand?
Curtius vermuthet in Asien, andere Gelehrte, denen ich
mich anschliesse, in Europa. Im ersten Falle hat man ab-
zunehmen, dass ein a sich in Europa in a e o spaltete, im
anderen Falle, dass in Asien sowohl e wie o zu a geworden
ist. Curtius weiss natürlich sehr wohl, wie schwierig und
verantwortlich es ist, über prähistorische Zustände etwas zu
behaupten, und drückt sich daher stets mit einer der Sache
angemessenen Vorsicht aus. "Ich begnüge mich übrigens --
so sagt er S. 91 -- einige Hauptpunkte und namentlich
solche zur Sprache zu bringen, welche mir mehr für die
ältere, als für die jüngere Ansicht zu sprechen scheinen."
Schliesslich fasst er die gegen die neue Ansicht sprechenden
Erwägungen S. 109 in folgende drei Sätze zusammen. Es
sprechen dagegen

1) Die Unerklärbarkeit der Entstehung des arischen a
aus ursprünglicher Dreiheit.

2) Die Unzulänglichkeit der Versuche, auch für das
Arische Spuren eines alten e nachzuweisen.

3) Der gänzliche Mangel eines Beweises für die Existenz
eines arischen o.

Indem ich mich auch dieser Reihenfolge anschliesse,
erörtere ich zuerst die behauptete Unerklärbarkeit des
arischen a aus a e o, und trete damit so zu sagen in die
Generaldiscussion der ganzen Frage ein. Selbstverständlich

ein e da war, auch dasjenige ο nicht wohl fehlen konnte,
welches zu dem e in einem Ablautsverhältniss steht. Ich
lasse diese Frage, zu welcher ich später zurückkehren werde,
augenblicklich auf sich beruhen, und gestatte mir hier nur
die subjective Behauptung, dass Curtius meiner Meinung
nach wahrscheinlich gemacht hat, dass im Europäischen e
und ο vorhanden war. Demnach steht also die Sache so, dass
wir bei den Ostindogermanen a haben, bei den Westindo-
germanen a, e, o. Wo ist nun der ursprüngliche Zustand?
Curtius vermuthet in Asien, andere Gelehrte, denen ich
mich anschliesse, in Europa. Im ersten Falle hat man ab-
zunehmen, dass ein a sich in Europa in a e ο spaltete, im
anderen Falle, dass in Asien sowohl e wie ο zu a geworden
ist. Curtius weiss natürlich sehr wohl, wie schwierig und
verantwortlich es ist, über prähistorische Zustände etwas zu
behaupten, und drückt sich daher stets mit einer der Sache
angemessenen Vorsicht aus. »Ich begnüge mich übrigens —
so sagt er S. 91 — einige Hauptpunkte und namentlich
solche zur Sprache zu bringen, welche mir mehr für die
ältere, als für die jüngere Ansicht zu sprechen scheinen.«
Schliesslich fasst er die gegen die neue Ansicht sprechenden
Erwägungen S. 109 in folgende drei Sätze zusammen. Es
sprechen dagegen

1) Die Unerklärbarkeit der Entstehung des arischen a
aus ursprünglicher Dreiheit.

2) Die Unzulänglichkeit der Versuche, auch für das
Arische Spuren eines alten e nachzuweisen.

3) Der gänzliche Mangel eines Beweises für die Existenz
eines arischen o.

Indem ich mich auch dieser Reihenfolge anschliesse,
erörtere ich zuerst die behauptete Unerklärbarkeit des
arischen a aus a e o, und trete damit so zu sagen in die
Generaldiscussion der ganzen Frage ein. Selbstverständlich

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0036" n="31"/>
ein<hi rendition="#i"> e</hi> da war, auch dasjenige <hi rendition="#i">&#x03BF;</hi> nicht wohl fehlen konnte,<lb/>
welches zu dem <hi rendition="#i">e</hi> in einem Ablautsverhältniss steht. Ich<lb/>
lasse diese Frage, zu welcher ich später zurückkehren werde,<lb/>
augenblicklich auf sich beruhen, und gestatte mir hier nur<lb/>
die subjective Behauptung, dass Curtius meiner Meinung<lb/>
nach wahrscheinlich gemacht hat, dass im Europäischen e<lb/>
und <hi rendition="#i">&#x03BF;</hi> vorhanden war. Demnach steht also die Sache so, dass<lb/>
wir bei den Ostindogermanen a haben, bei den Westindo-<lb/>
germanen <hi rendition="#i">a, e, o</hi>. Wo ist nun der ursprüngliche Zustand?<lb/>
Curtius vermuthet in Asien, andere Gelehrte, denen ich<lb/>
mich anschliesse, in Europa. Im ersten Falle hat man ab-<lb/>
zunehmen, dass ein <hi rendition="#i">a</hi> sich in Europa in <hi rendition="#i">a e &#x03BF;</hi> spaltete, im<lb/>
anderen Falle, dass in Asien sowohl <hi rendition="#i">e</hi> wie <hi rendition="#i">&#x03BF;</hi> zu <hi rendition="#i">a</hi> geworden<lb/>
ist. Curtius weiss natürlich sehr wohl, wie schwierig und<lb/>
verantwortlich es ist, über prähistorische Zustände etwas zu<lb/>
behaupten, und drückt sich daher stets mit einer der Sache<lb/>
angemessenen Vorsicht aus. »Ich begnüge mich übrigens &#x2014;<lb/>
so sagt er S. 91 &#x2014; einige Hauptpunkte und namentlich<lb/>
solche zur Sprache zu bringen, welche mir mehr für die<lb/>
ältere, als für die jüngere Ansicht zu sprechen scheinen.«<lb/>
Schliesslich fasst er die gegen die neue Ansicht sprechenden<lb/>
Erwägungen S. 109 in folgende drei Sätze zusammen. Es<lb/>
sprechen dagegen<lb/></p>
        <p> 1) Die Unerklärbarkeit der Entstehung des arischen <hi rendition="#i">a</hi><lb/>
aus ursprünglicher Dreiheit.<lb/></p>
        <p> 2) Die Unzulänglichkeit der Versuche, auch für das<lb/>
Arische Spuren eines alten <hi rendition="#i">e</hi> nachzuweisen.<lb/></p>
        <p>3) Der gänzliche Mangel eines Beweises für die Existenz<lb/>
eines arischen <hi rendition="#i">o</hi>.<lb/></p>
        <p> Indem ich mich auch dieser Reihenfolge anschliesse,<lb/>
erörtere ich zuerst die behauptete Unerklärbarkeit des<lb/>
arischen <hi rendition="#i">a</hi> aus <hi rendition="#i">a e o</hi>, und trete damit so zu sagen in die<lb/>
Generaldiscussion der ganzen Frage ein. Selbstverständlich<lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[31/0036] ein e da war, auch dasjenige ο nicht wohl fehlen konnte, welches zu dem e in einem Ablautsverhältniss steht. Ich lasse diese Frage, zu welcher ich später zurückkehren werde, augenblicklich auf sich beruhen, und gestatte mir hier nur die subjective Behauptung, dass Curtius meiner Meinung nach wahrscheinlich gemacht hat, dass im Europäischen e und ο vorhanden war. Demnach steht also die Sache so, dass wir bei den Ostindogermanen a haben, bei den Westindo- germanen a, e, o. Wo ist nun der ursprüngliche Zustand? Curtius vermuthet in Asien, andere Gelehrte, denen ich mich anschliesse, in Europa. Im ersten Falle hat man ab- zunehmen, dass ein a sich in Europa in a e ο spaltete, im anderen Falle, dass in Asien sowohl e wie ο zu a geworden ist. Curtius weiss natürlich sehr wohl, wie schwierig und verantwortlich es ist, über prähistorische Zustände etwas zu behaupten, und drückt sich daher stets mit einer der Sache angemessenen Vorsicht aus. »Ich begnüge mich übrigens — so sagt er S. 91 — einige Hauptpunkte und namentlich solche zur Sprache zu bringen, welche mir mehr für die ältere, als für die jüngere Ansicht zu sprechen scheinen.« Schliesslich fasst er die gegen die neue Ansicht sprechenden Erwägungen S. 109 in folgende drei Sätze zusammen. Es sprechen dagegen 1) Die Unerklärbarkeit der Entstehung des arischen a aus ursprünglicher Dreiheit. 2) Die Unzulänglichkeit der Versuche, auch für das Arische Spuren eines alten e nachzuweisen. 3) Der gänzliche Mangel eines Beweises für die Existenz eines arischen o. Indem ich mich auch dieser Reihenfolge anschliesse, erörtere ich zuerst die behauptete Unerklärbarkeit des arischen a aus a e o, und trete damit so zu sagen in die Generaldiscussion der ganzen Frage ein. Selbstverständlich

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/delbrueck_sprachforschung_1885
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/delbrueck_sprachforschung_1885/36
Zitationshilfe: Delbrück, Berthold: Die neueste Sprachforschung. Betrachtungen über Georg Curtius Schrift zur Kritik der neuesten Sprachforschung. Leipzig, 1885, S. 31. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/delbrueck_sprachforschung_1885/36>, abgerufen am 18.12.2024.