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Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914.

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Zu den Skulpturen des Bamberger Domes
muß notwendig angenommen werden. Warum unter ihnen
nicht auch Bildhauer? Die Ableitung der Bamberger West-
türme von den Türmen der Kathedrale in Laon, also einem
Reims nahe benachbarten Orte, ist längst erkannt. Nun
finden sich diese Türme auch an einem der Statuenbalda-
chine, und zwar in noch genauerer Nachahmung. Damit ist die
gleiche Herkunft und Schulung der Bauleute und der Bild-
hauer erwiesen. Die Zeit ihrer Ankunft in Bamberg ist un-
sicher. Man pflegt die Türme in die sechziger oder siebziger
Jahre zu setzen. Sie könnten sehr wohl um einiges älter sein.

Nach obigem scheint es mir geboten, nun auch andere deutsche
Bildhauerschulen auf etwaige französische Anregungen hin, sei es
direkte, sei es indirekte, in Untersuchung zu stellen, -- welche
auszuführen ich mich zurzeit leider außerstande sehe. Eine
einzelne Bemerkung möchte ich mir indes gestatten. Wenn Bode
Beeinflussung der Bamberger Skulpturen durch die Naumburger
annahm, so wird das Verhältnis nunmehr umzukehren sein. Es
ist auch a priori das Wahrscheinlichere, da die Naumburger
Hütte sich im Architektonischen durchaus und fortdauernd, vom
Grundriß und dem System des Schiffes bis herab zu den Türmen,
von Bamberg abhängig zeigt. Es kann aber auch sein, daß
die Naumburger Bildhauer direkt an Reims angeknüpft haben.
Hier liegt noch ein weites Feld der Erforschung offen.



Nachwort 1892.

C. Frey sagt in einem Aufsatz über "Ursprung und Ent-
wicklung Staufischer Kunst in Süditalien" (Deutsche Rundschau,
1891, Augustheft), nachdem er eine mehr vaterländische Haltung
unserer kunstgeschichtlichen Forschung gefordert hat, zum Schluß:
"Wie kann ihm (dem Historiker) die intensive Kultur der Staufer
im XIII. Jahrhundert klar werden, wenn er von staufischer Kunst
nichts weiß, sie womöglich als Erzeugnis französischer überlegener
Kunst und Kultur preist, wie dies jüngst mit den Bamberger
Skulpturen versucht ist?" Offenbar ist das eine Anspielung auf

Zu den Skulpturen des Bamberger Domes
muß notwendig angenommen werden. Warum unter ihnen
nicht auch Bildhauer? Die Ableitung der Bamberger West-
türme von den Türmen der Kathedrale in Laon, also einem
Reims nahe benachbarten Orte, ist längst erkannt. Nun
finden sich diese Türme auch an einem der Statuenbalda-
chine, und zwar in noch genauerer Nachahmung. Damit ist die
gleiche Herkunft und Schulung der Bauleute und der Bild-
hauer erwiesen. Die Zeit ihrer Ankunft in Bamberg ist un-
sicher. Man pflegt die Türme in die sechziger oder siebziger
Jahre zu setzen. Sie könnten sehr wohl um einiges älter sein.

Nach obigem scheint es mir geboten, nun auch andere deutsche
Bildhauerschulen auf etwaige französische Anregungen hin, sei es
direkte, sei es indirekte, in Untersuchung zu stellen, — welche
auszuführen ich mich zurzeit leider außerstande sehe. Eine
einzelne Bemerkung möchte ich mir indes gestatten. Wenn Bode
Beeinflussung der Bamberger Skulpturen durch die Naumburger
annahm, so wird das Verhältnis nunmehr umzukehren sein. Es
ist auch a priori das Wahrscheinlichere, da die Naumburger
Hütte sich im Architektonischen durchaus und fortdauernd, vom
Grundriß und dem System des Schiffes bis herab zu den Türmen,
von Bamberg abhängig zeigt. Es kann aber auch sein, daß
die Naumburger Bildhauer direkt an Reims angeknüpft haben.
Hier liegt noch ein weites Feld der Erforschung offen.



Nachwort 1892.

C. Frey sagt in einem Aufsatz über »Ursprung und Ent-
wicklung Staufischer Kunst in Süditalien« (Deutsche Rundschau,
1891, Augustheft), nachdem er eine mehr vaterländische Haltung
unserer kunstgeschichtlichen Forschung gefordert hat, zum Schluß:
»Wie kann ihm (dem Historiker) die intensive Kultur der Staufer
im XIII. Jahrhundert klar werden, wenn er von staufischer Kunst
nichts weiß, sie womöglich als Erzeugnis französischer überlegener
Kunst und Kultur preist, wie dies jüngst mit den Bamberger
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[98/0112] Zu den Skulpturen des Bamberger Domes muß notwendig angenommen werden. Warum unter ihnen nicht auch Bildhauer? Die Ableitung der Bamberger West- türme von den Türmen der Kathedrale in Laon, also einem Reims nahe benachbarten Orte, ist längst erkannt. Nun finden sich diese Türme auch an einem der Statuenbalda- chine, und zwar in noch genauerer Nachahmung. Damit ist die gleiche Herkunft und Schulung der Bauleute und der Bild- hauer erwiesen. Die Zeit ihrer Ankunft in Bamberg ist un- sicher. Man pflegt die Türme in die sechziger oder siebziger Jahre zu setzen. Sie könnten sehr wohl um einiges älter sein. Nach obigem scheint es mir geboten, nun auch andere deutsche Bildhauerschulen auf etwaige französische Anregungen hin, sei es direkte, sei es indirekte, in Untersuchung zu stellen, — welche auszuführen ich mich zurzeit leider außerstande sehe. Eine einzelne Bemerkung möchte ich mir indes gestatten. Wenn Bode Beeinflussung der Bamberger Skulpturen durch die Naumburger annahm, so wird das Verhältnis nunmehr umzukehren sein. Es ist auch a priori das Wahrscheinlichere, da die Naumburger Hütte sich im Architektonischen durchaus und fortdauernd, vom Grundriß und dem System des Schiffes bis herab zu den Türmen, von Bamberg abhängig zeigt. Es kann aber auch sein, daß die Naumburger Bildhauer direkt an Reims angeknüpft haben. Hier liegt noch ein weites Feld der Erforschung offen. Nachwort 1892. C. Frey sagt in einem Aufsatz über »Ursprung und Ent- wicklung Staufischer Kunst in Süditalien« (Deutsche Rundschau, 1891, Augustheft), nachdem er eine mehr vaterländische Haltung unserer kunstgeschichtlichen Forschung gefordert hat, zum Schluß: »Wie kann ihm (dem Historiker) die intensive Kultur der Staufer im XIII. Jahrhundert klar werden, wenn er von staufischer Kunst nichts weiß, sie womöglich als Erzeugnis französischer überlegener Kunst und Kultur preist, wie dies jüngst mit den Bamberger Skulpturen versucht ist?« Offenbar ist das eine Anspielung auf

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Zitationshilfe: Dehio, Georg: Kunsthistorische Aufsätze. München u. a., 1914, S. 98. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dehio_aufsaetze_1914/112>, abgerufen am 21.11.2024.