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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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III.

Das Griechenthum, sofern es als eine ideelle Anticipation des Chri-
stenthums zu betrachten ist. Der Heraklesmythus ein Christenthum
der Idee, eine poetische und mythologische Fata Morgana der
christlichen Wahrheit und Wirklichkeit.

Wir haben im vorstehenden Capitel zu zeigen versucht,
wie das alte, weltliche Rom zur ganz speciellen und un-
mittelbaren Vorbereitung und Grundlegung des geistlichen
auf Seiten des heidnischen Weltprozesses gedient. Da wir
aber bei unserer Analyse des römisch-katholischen Priester-
und Kirchenthums nicht nur ein römisches, sondern auch
ein griechisches Element und Princip erkannt, so kann es
schicklich und interessant erscheinen, nun auch einen nähe-
ren Blick auf das alte Griechenthum zu werfen, um seine
etwaige, wenn auch entferntere und verstecktere Beziehung
zu christlichen und kirchlichen Dingen zu erkennen.

Es ist hier nicht die Rede von einzelnen und abson-
derlichen Erscheinungen, nicht von solchen, die mehr oder
weniger aus dem allgemeinen Wesen der griechischen Welt
heraustraten und dadurch eine gewisse Beziehung zum Chri-
stenthum erlangten, oder die gar ein uns an diesem Orte
speciell interessirendes Gepräge erst bei den Römern an-

III.

Das Griechenthum, ſofern es als eine ideelle Anticipation des Chri-
ſtenthums zu betrachten iſt. Der Heraklesmythus ein Chriſtenthum
der Idee, eine poetiſche und mythologiſche Fata Morgana der
chriſtlichen Wahrheit und Wirklichkeit.

Wir haben im vorſtehenden Capitel zu zeigen verſucht,
wie das alte, weltliche Rom zur ganz ſpeciellen und un-
mittelbaren Vorbereitung und Grundlegung des geiſtlichen
auf Seiten des heidniſchen Weltprozeſſes gedient. Da wir
aber bei unſerer Analyſe des römiſch-katholiſchen Prieſter-
und Kirchenthums nicht nur ein römiſches, ſondern auch
ein griechiſches Element und Princip erkannt, ſo kann es
ſchicklich und intereſſant erſcheinen, nun auch einen nähe-
ren Blick auf das alte Griechenthum zu werfen, um ſeine
etwaige, wenn auch entferntere und verſtecktere Beziehung
zu chriſtlichen und kirchlichen Dingen zu erkennen.

Es iſt hier nicht die Rede von einzelnen und abſon-
derlichen Erſcheinungen, nicht von ſolchen, die mehr oder
weniger aus dem allgemeinen Weſen der griechiſchen Welt
heraustraten und dadurch eine gewiſſe Beziehung zum Chri-
ſtenthum erlangten, oder die gar ein uns an dieſem Orte
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[[23]/0045] III. Das Griechenthum, ſofern es als eine ideelle Anticipation des Chri- ſtenthums zu betrachten iſt. Der Heraklesmythus ein Chriſtenthum der Idee, eine poetiſche und mythologiſche Fata Morgana der chriſtlichen Wahrheit und Wirklichkeit. Wir haben im vorſtehenden Capitel zu zeigen verſucht, wie das alte, weltliche Rom zur ganz ſpeciellen und un- mittelbaren Vorbereitung und Grundlegung des geiſtlichen auf Seiten des heidniſchen Weltprozeſſes gedient. Da wir aber bei unſerer Analyſe des römiſch-katholiſchen Prieſter- und Kirchenthums nicht nur ein römiſches, ſondern auch ein griechiſches Element und Princip erkannt, ſo kann es ſchicklich und intereſſant erſcheinen, nun auch einen nähe- ren Blick auf das alte Griechenthum zu werfen, um ſeine etwaige, wenn auch entferntere und verſtecktere Beziehung zu chriſtlichen und kirchlichen Dingen zu erkennen. Es iſt hier nicht die Rede von einzelnen und abſon- derlichen Erſcheinungen, nicht von ſolchen, die mehr oder weniger aus dem allgemeinen Weſen der griechiſchen Welt heraustraten und dadurch eine gewiſſe Beziehung zum Chri- ſtenthum erlangten, oder die gar ein uns an dieſem Orte ſpeciell intereſſirendes Gepräge erſt bei den Römern an-

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. [23]. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/45>, abgerufen am 09.11.2024.