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Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859.

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der wilde Tullus Hostilius waren latinischen, der
friedliche, hehre, priesterliche Numa sabinischen Ursprunges.
Daß der Gründer Rom's ein Sohn des römischen Kriegs-
gottes Mars gewesen sein soll, ist höchst bezeichnend für
den kriegerischen Charakter dieses Volkes und Staates;
wie denn auch Rom die Stadt des Mars, urbs Mavortis,
heißt. *) Mit dem diesem Gotte geweiheten Monate, dem
martischen oder März, begann in ältester Zeit auch das
römische Jahr, das nur zehn Monate hatte; daher die
Namen September, October, November, December, noch
jetzt, wiewohl ganz falsch nach jetziger Einrichtung, statt
des neunten bis zwölften, den siebenten bis zehnten Monat
bezeichnen. Der unbändige Gott der Schlachten Mavors,
Mamers, Mars Gradivus, "der mit raschem
Schritte zum Kampf eilende,"
war der natürliche
Volks- und Staatsgenius des ursprünglichen Rom, der
vor Allem gefeiert wurde, und dessen Fest daher ganz an
gemessen auch an der Spitze des römischen Kalenders stand.

preußische und litthauische Volkssagen, Berlin 1837. S. 9 f. Die
Richtung auf ein Höheres, Himmlisches scheint hiemit schon durch die
Namen dieser Völker ausgedrückt. Was den moralischen Charakter und
Einfluß der Sabiner auf die Römer betrifft, so findet sich eine schöne
Schilderung davon in Schlosser's Weltgeschichte III. S. 142 ff.
"Von allen samnitischen Völkerschaften haben die Sabiner die alten,
guten Sitten und den einfachen, frommen und gerechten Sinn der frü-
heren Zeit am strengsten und reinsten bewahrt." -- -- -- "Von den
Samniten ging eine Art strenger Sittenlehre auf die Römer über und
entwickelte bei diesen in ihrer früheren Zeit eine besondere Gattung der
Poesie. Die alten Samniten, namentlich das wackere Volk der Sabi-
ner, verliehen, als sie mit den Römern innig vereinigt wurden, diesen
nicht allein durch ihre unverdorbenen Sitten, ihre moralische Festigkeit,
ihre Frömmigkeit und Gerechtigkeit Macht und Ansehen unter den
Völkern Italiens; sie blieben auch den späteren Römern, die zum Theil
ihre Nachkommen waren, Muster der Einfachheit und Biederkeit, so
daß der Name sabinische Tugend sprüchwörtlich wurde und in den
Werken der römischen Dichter nicht selten erwähnt wird."
*) Virg. Aen. VI. 813.

der wilde Tullus Hoſtilius waren latiniſchen, der
friedliche, hehre, prieſterliche Numa ſabiniſchen Urſprunges.
Daß der Gründer Rom’s ein Sohn des römiſchen Kriegs-
gottes Mars geweſen ſein ſoll, iſt höchſt bezeichnend für
den kriegeriſchen Charakter dieſes Volkes und Staates;
wie denn auch Rom die Stadt des Mars, urbs Mavortis,
heißt. *) Mit dem dieſem Gotte geweiheten Monate, dem
martiſchen oder März, begann in älteſter Zeit auch das
römiſche Jahr, das nur zehn Monate hatte; daher die
Namen September, October, November, December, noch
jetzt, wiewohl ganz falſch nach jetziger Einrichtung, ſtatt
des neunten bis zwölften, den ſiebenten bis zehnten Monat
bezeichnen. Der unbändige Gott der Schlachten Mavors,
Mamers, Mars Gradivus, „der mit raſchem
Schritte zum Kampf eilende,“
war der natürliche
Volks- und Staatsgenius des urſprünglichen Rom, der
vor Allem gefeiert wurde, und deſſen Feſt daher ganz an
gemeſſen auch an der Spitze des römiſchen Kalenders ſtand.

preußiſche und litthauiſche Volksſagen, Berlin 1837. S. 9 f. Die
Richtung auf ein Höheres, Himmliſches ſcheint hiemit ſchon durch die
Namen dieſer Völker ausgedrückt. Was den moraliſchen Charakter und
Einfluß der Sabiner auf die Römer betrifft, ſo findet ſich eine ſchöne
Schilderung davon in Schloſſer’s Weltgeſchichte III. S. 142 ff.
„Von allen ſamnitiſchen Völkerſchaften haben die Sabiner die alten,
guten Sitten und den einfachen, frommen und gerechten Sinn der frü-
heren Zeit am ſtrengſten und reinſten bewahrt.“ — — — „Von den
Samniten ging eine Art ſtrenger Sittenlehre auf die Römer über und
entwickelte bei dieſen in ihrer früheren Zeit eine beſondere Gattung der
Poeſie. Die alten Samniten, namentlich das wackere Volk der Sabi-
ner, verliehen, als ſie mit den Römern innig vereinigt wurden, dieſen
nicht allein durch ihre unverdorbenen Sitten, ihre moraliſche Feſtigkeit,
ihre Frömmigkeit und Gerechtigkeit Macht und Anſehen unter den
Völkern Italiens; ſie blieben auch den ſpäteren Römern, die zum Theil
ihre Nachkommen waren, Muſter der Einfachheit und Biederkeit, ſo
daß der Name ſabiniſche Tugend ſprüchwörtlich wurde und in den
Werken der römiſchen Dichter nicht ſelten erwähnt wird.“
*) Virg. Aen. VI. 813.
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[86/0108] der wilde Tullus Hoſtilius waren latiniſchen, der friedliche, hehre, prieſterliche Numa ſabiniſchen Urſprunges. Daß der Gründer Rom’s ein Sohn des römiſchen Kriegs- gottes Mars geweſen ſein ſoll, iſt höchſt bezeichnend für den kriegeriſchen Charakter dieſes Volkes und Staates; wie denn auch Rom die Stadt des Mars, urbs Mavortis, heißt. *) Mit dem dieſem Gotte geweiheten Monate, dem martiſchen oder März, begann in älteſter Zeit auch das römiſche Jahr, das nur zehn Monate hatte; daher die Namen September, October, November, December, noch jetzt, wiewohl ganz falſch nach jetziger Einrichtung, ſtatt des neunten bis zwölften, den ſiebenten bis zehnten Monat bezeichnen. Der unbändige Gott der Schlachten Mavors, Mamers, Mars Gradivus, „der mit raſchem Schritte zum Kampf eilende,“ war der natürliche Volks- und Staatsgenius des urſprünglichen Rom, der vor Allem gefeiert wurde, und deſſen Feſt daher ganz an gemeſſen auch an der Spitze des römiſchen Kalenders ſtand. **) *) Virg. Aen. VI. 813. **) preußiſche und litthauiſche Volksſagen, Berlin 1837. S. 9 f. Die Richtung auf ein Höheres, Himmliſches ſcheint hiemit ſchon durch die Namen dieſer Völker ausgedrückt. Was den moraliſchen Charakter und Einfluß der Sabiner auf die Römer betrifft, ſo findet ſich eine ſchöne Schilderung davon in Schloſſer’s Weltgeſchichte III. S. 142 ff. „Von allen ſamnitiſchen Völkerſchaften haben die Sabiner die alten, guten Sitten und den einfachen, frommen und gerechten Sinn der frü- heren Zeit am ſtrengſten und reinſten bewahrt.“ — — — „Von den Samniten ging eine Art ſtrenger Sittenlehre auf die Römer über und entwickelte bei dieſen in ihrer früheren Zeit eine beſondere Gattung der Poeſie. Die alten Samniten, namentlich das wackere Volk der Sabi- ner, verliehen, als ſie mit den Römern innig vereinigt wurden, dieſen nicht allein durch ihre unverdorbenen Sitten, ihre moraliſche Feſtigkeit, ihre Frömmigkeit und Gerechtigkeit Macht und Anſehen unter den Völkern Italiens; ſie blieben auch den ſpäteren Römern, die zum Theil ihre Nachkommen waren, Muſter der Einfachheit und Biederkeit, ſo daß der Name ſabiniſche Tugend ſprüchwörtlich wurde und in den Werken der römiſchen Dichter nicht ſelten erwähnt wird.“

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Zitationshilfe: Daumer, Georg Friedrich: Die dreifache Krone Rom's. Münster, 1859, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/daumer_krone_1859/108>, abgerufen am 24.11.2024.