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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Cap. 6. Natur der Säure im Secrete.
Auch die andern Bedingungen waren ungünstig, da es schon spät im
Jahre war und die Blätter klein waren. Prof. Frankland übernahm es
mit groszer Freundlichkeit, die in dieser Weise gesammelte Flüssigkeit zu
prüfen. Die Blätter wurden durch reine Glasstückchen gereizt, welche
24 Stunden vorher auf sie gelegt wurden. Ohne Zweifel würde viel mehr
Säure abgesondert worden sein, wenn die Blätter durch thierische Sub-
stanz gereizt worden wären; dies würde aber die Analyse schwieriger
gemacht haben. Prof. Frankland theilt mir mit, dasz die Flüssigkeit
keine Spur von Salzsäure, Schwefelsäure, Weinsteinsäure, Oxalsäure und
Ameisensäure enthalte. Nachdem dies ermittelt worden war, wurde die
übrige Flüssigkeit bis nahe zur Trockenheit abgedampft und mit Schwefel-
säure sauer gemacht; es entwickelte sich dabei ein flüchtiger saurer
Dampf, welcher verdichtet und mit kohlensaurem Silber digerirt wurde.
"Das Gewicht des dabei erzeugten Silbersalzes betrug nur 0,37 Gr., eine
"viel zu kleine Quantität, um das Atomgewicht der Säure genau bestimmen
"zu können. Die erhaltene Zahl entsprach indessen nahezu der der Pro-
"pionsäure; und ich glaube, dasz diese oder eine Mischung von Essig-
"und Buttersäure in der Flüssigkeit vorhanden war. Die Säure gehört
"ohne Zweifel zur Reihe der Essig- oder Fettsäuren."

Prof. Frankland sowohl, als auch sein Assistent, beobachteten (und
dies ist eine wichtige Thatsache), dasz die Flüssigkeit, "wenn sie mit
"Schwefelsäure angesäuert wurde, einen starken Geruch, ähnlich dem von
"Pepsin, entwickelte." Auch die Blätter, von welchen die Absonderung
abgewaschen worden war, wurden Prof. Frankland geschickt; sie wurden
einige Stunden lang macerirt, dann mit Schwefelsäure angesäuert und
destillirt; es gieng aber keine Säure über. Es musz daher die Säure,
welche frische Blätter enthalten, wie sich durch die Färbung des Lack-
mus-Papiers beim Zerquetschen derselben zeigt, von einer verschiedenen
Beschaffenheit sein von der, welche in dem Secret vorhanden ist. Auch
entwickelten die Blätter keinen Geruch von Pepsin.

Obgleich es seit langer Zeit bekannt ist, dasz Pepsin mit Essigsäure
die Fähigkeit hat, eiweiszhaltige Zusammensetzungen zu verdauen, so er-
schien es doch rathsam, zu ermitteln, ob die Essigsäure ohne Verlust der
verdauenden Kraft durch die verwandten Säuren ersetzt werden könne,
von denen angenommen wurde, dasz sie in der Absonderung der Drosera
vorkommen, nämlich Propionsäure, Buttersäure oder Valeriansäure. Dr.
Burdon Sanderson war so freundlich, mir zu Gefallen die folgenden Ver-
suche zu machen, deren Resultate ganz abgesehen von der vorliegenden
Untersuchung werthvoll sind. Prof. Frankland verschaffte uns die Säure.

"1. Der Zweck der folgenden Experimente war, die verdauende Thä-
"tigkeit von Pepsin enthaltenden Flüssigkeiten zu bestimmen, wenn sie
"mit gewissen flüchtigen, zu der Essig-Reihe gehörenden Säuren angesäuert
"wurden, im Vergleich mit Flüssigkeiten mit Salzsäure in einem Verhältnis
"angesäuert, welches dem im Magensafte vorhandenen ähnlich ist."

"2. Es ist empirisch festgestellt worden, dasz bei künstlicher Ver-
"dauung die besten Resultate erhalten werden, wenn eine Flüssigkeit an-
"gewendet wird, welche dem Gewichte nach zwei pro mille von salz-
"saurem Gas enthält. Dies entspricht ungefähr 6,25 Cubikcentimeter per
"Liter gewöhnlicher starker Salzsäure. Die Quantitäten von Propionsäure,

Cap. 6. Natur der Säure im Secrete.
Auch die andern Bedingungen waren ungünstig, da es schon spät im
Jahre war und die Blätter klein waren. Prof. Frankland übernahm es
mit groszer Freundlichkeit, die in dieser Weise gesammelte Flüssigkeit zu
prüfen. Die Blätter wurden durch reine Glasstückchen gereizt, welche
24 Stunden vorher auf sie gelegt wurden. Ohne Zweifel würde viel mehr
Säure abgesondert worden sein, wenn die Blätter durch thierische Sub-
stanz gereizt worden wären; dies würde aber die Analyse schwieriger
gemacht haben. Prof. Frankland theilt mir mit, dasz die Flüssigkeit
keine Spur von Salzsäure, Schwefelsäure, Weinsteinsäure, Oxalsäure und
Ameisensäure enthalte. Nachdem dies ermittelt worden war, wurde die
übrige Flüssigkeit bis nahe zur Trockenheit abgedampft und mit Schwefel-
säure sauer gemacht; es entwickelte sich dabei ein flüchtiger saurer
Dampf, welcher verdichtet und mit kohlensaurem Silber digerirt wurde.
„Das Gewicht des dabei erzeugten Silbersalzes betrug nur 0,37 Gr., eine
„viel zu kleine Quantität, um das Atomgewicht der Säure genau bestimmen
„zu können. Die erhaltene Zahl entsprach indessen nahezu der der Pro-
„pionsäure; und ich glaube, dasz diese oder eine Mischung von Essig-
„und Buttersäure in der Flüssigkeit vorhanden war. Die Säure gehört
„ohne Zweifel zur Reihe der Essig- oder Fettsäuren.«

Prof. Frankland sowohl, als auch sein Assistent, beobachteten (und
dies ist eine wichtige Thatsache), dasz die Flüssigkeit, »wenn sie mit
„Schwefelsäure angesäuert wurde, einen starken Geruch, ähnlich dem von
„Pepsin, entwickelte.« Auch die Blätter, von welchen die Absonderung
abgewaschen worden war, wurden Prof. Frankland geschickt; sie wurden
einige Stunden lang macerirt, dann mit Schwefelsäure angesäuert und
destillirt; es gieng aber keine Säure über. Es musz daher die Säure,
welche frische Blätter enthalten, wie sich durch die Färbung des Lack-
mus-Papiers beim Zerquetschen derselben zeigt, von einer verschiedenen
Beschaffenheit sein von der, welche in dem Secret vorhanden ist. Auch
entwickelten die Blätter keinen Geruch von Pepsin.

Obgleich es seit langer Zeit bekannt ist, dasz Pepsin mit Essigsäure
die Fähigkeit hat, eiweiszhaltige Zusammensetzungen zu verdauen, so er-
schien es doch rathsam, zu ermitteln, ob die Essigsäure ohne Verlust der
verdauenden Kraft durch die verwandten Säuren ersetzt werden könne,
von denen angenommen wurde, dasz sie in der Absonderung der Drosera
vorkommen, nämlich Propionsäure, Buttersäure oder Valeriansäure. Dr.
Burdon Sanderson war so freundlich, mir zu Gefallen die folgenden Ver-
suche zu machen, deren Resultate ganz abgesehen von der vorliegenden
Untersuchung werthvoll sind. Prof. Frankland verschaffte uns die Säure.

»1. Der Zweck der folgenden Experimente war, die verdauende Thä-
„tigkeit von Pepsin enthaltenden Flüssigkeiten zu bestimmen, wenn sie
„mit gewissen flüchtigen, zu der Essig-Reihe gehörenden Säuren angesäuert
„wurden, im Vergleich mit Flüssigkeiten mit Salzsäure in einem Verhältnis
„angesäuert, welches dem im Magensafte vorhandenen ähnlich ist.«

»2. Es ist empirisch festgestellt worden, dasz bei künstlicher Ver-
„dauung die besten Resultate erhalten werden, wenn eine Flüssigkeit an-
„gewendet wird, welche dem Gewichte nach zwei pro mille von salz-
„saurem Gas enthält. Dies entspricht ungefähr 6,25 Cubikcentimeter per
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[79/0093] Cap. 6. Natur der Säure im Secrete. Auch die andern Bedingungen waren ungünstig, da es schon spät im Jahre war und die Blätter klein waren. Prof. Frankland übernahm es mit groszer Freundlichkeit, die in dieser Weise gesammelte Flüssigkeit zu prüfen. Die Blätter wurden durch reine Glasstückchen gereizt, welche 24 Stunden vorher auf sie gelegt wurden. Ohne Zweifel würde viel mehr Säure abgesondert worden sein, wenn die Blätter durch thierische Sub- stanz gereizt worden wären; dies würde aber die Analyse schwieriger gemacht haben. Prof. Frankland theilt mir mit, dasz die Flüssigkeit keine Spur von Salzsäure, Schwefelsäure, Weinsteinsäure, Oxalsäure und Ameisensäure enthalte. Nachdem dies ermittelt worden war, wurde die übrige Flüssigkeit bis nahe zur Trockenheit abgedampft und mit Schwefel- säure sauer gemacht; es entwickelte sich dabei ein flüchtiger saurer Dampf, welcher verdichtet und mit kohlensaurem Silber digerirt wurde. „Das Gewicht des dabei erzeugten Silbersalzes betrug nur 0,37 Gr., eine „viel zu kleine Quantität, um das Atomgewicht der Säure genau bestimmen „zu können. Die erhaltene Zahl entsprach indessen nahezu der der Pro- „pionsäure; und ich glaube, dasz diese oder eine Mischung von Essig- „und Buttersäure in der Flüssigkeit vorhanden war. Die Säure gehört „ohne Zweifel zur Reihe der Essig- oder Fettsäuren.« Prof. Frankland sowohl, als auch sein Assistent, beobachteten (und dies ist eine wichtige Thatsache), dasz die Flüssigkeit, »wenn sie mit „Schwefelsäure angesäuert wurde, einen starken Geruch, ähnlich dem von „Pepsin, entwickelte.« Auch die Blätter, von welchen die Absonderung abgewaschen worden war, wurden Prof. Frankland geschickt; sie wurden einige Stunden lang macerirt, dann mit Schwefelsäure angesäuert und destillirt; es gieng aber keine Säure über. Es musz daher die Säure, welche frische Blätter enthalten, wie sich durch die Färbung des Lack- mus-Papiers beim Zerquetschen derselben zeigt, von einer verschiedenen Beschaffenheit sein von der, welche in dem Secret vorhanden ist. Auch entwickelten die Blätter keinen Geruch von Pepsin. Obgleich es seit langer Zeit bekannt ist, dasz Pepsin mit Essigsäure die Fähigkeit hat, eiweiszhaltige Zusammensetzungen zu verdauen, so er- schien es doch rathsam, zu ermitteln, ob die Essigsäure ohne Verlust der verdauenden Kraft durch die verwandten Säuren ersetzt werden könne, von denen angenommen wurde, dasz sie in der Absonderung der Drosera vorkommen, nämlich Propionsäure, Buttersäure oder Valeriansäure. Dr. Burdon Sanderson war so freundlich, mir zu Gefallen die folgenden Ver- suche zu machen, deren Resultate ganz abgesehen von der vorliegenden Untersuchung werthvoll sind. Prof. Frankland verschaffte uns die Säure. »1. Der Zweck der folgenden Experimente war, die verdauende Thä- „tigkeit von Pepsin enthaltenden Flüssigkeiten zu bestimmen, wenn sie „mit gewissen flüchtigen, zu der Essig-Reihe gehörenden Säuren angesäuert „wurden, im Vergleich mit Flüssigkeiten mit Salzsäure in einem Verhältnis „angesäuert, welches dem im Magensafte vorhandenen ähnlich ist.« »2. Es ist empirisch festgestellt worden, dasz bei künstlicher Ver- „dauung die besten Resultate erhalten werden, wenn eine Flüssigkeit an- „gewendet wird, welche dem Gewichte nach zwei pro mille von salz- „saurem Gas enthält. Dies entspricht ungefähr 6,25 Cubikcentimeter per „Liter gewöhnlicher starker Salzsäure. Die Quantitäten von Propionsäure,

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 79. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/93>, abgerufen am 23.11.2024.