Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.Cap. 4. Versuche über die Wirkung der Wärme. wurden schnell und dicht eingebogen. Dies Blatt wurde nun in einigewenige Tropfen einer starken Lösung von kohlensaurem Ammoniak (ein Theil auf 109 Theile Wasser) gethan; in 10 Minuten wurden sämmtliche Drüsen intensiv schwarz und in 2 Stunden war das Protoplasma in den Stielzellen ordentlich zusammengeballt. Ein anderes Blatt wurde plötzlich in Wasser von 48,8°C. (120° F.) getaucht und wie gewöhnlich umherge- schwenkt; in einer Zeit von 2 bis 3 Minuten waren die Tentakeln ein- gebogen, aber nur so weit, dasz sie zur Blattscheibe im rechten Winkel standen. Das Blatt wurde nun in dieselbe Lösung gebracht (d. h. ein Theil kohlensaures Ammoniak auf 109 Theile Wasser oder 4 Gran auf 1 Unze, was ich künftig immer als starke Lösung bezeichnen will), und als ich nach Verlauf von 1 Stunde wieder nach ihm sah, waren die Drü- sen geschwärzt und das Zusammenballen war scharf ausgesprochen. Nach Verlauf von noch weiteren 4 Stunden waren die Tentakeln viel bedeu- tender eingebogen. Es verdient Beachtung, dasz eine Lösung, welche so stark ist wie diese, in gewöhnlichen Fällen niemals Einbiegung verur- sacht. Endlich wurde ein Blatt plötzlich in Wasser von 51,6°C. (125°F.) gethan und darin gelassen, bis das Wasser abgekühlt war; die Tentakeln wurden dadurch hellroth und wurden bald eingebogen. Der Inhalt der Zellen unterlag in einem gewissen Grade einem Zusammenballen, welches im Verlauf von 3 Stunden noch zunahm; aber die Massen von Proto- plasma wurden nicht sphärisch, wie es beinahe immer vorkommt, wenn Blätter in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak getaucht werden. Wir ersehen aus diesen Fällen, dasz eine Temperatur von 48,8° 1. Versuch. -- Ein Blatt wurde in Wasser von 54,4°C. (130° F.) getaucht und wie in sämmtlichen Fällen einige Minuten lang umherge- schwenkt; es fand sich aber keine Spur einer Einbiegung; dann wurde es in kaltes Wasser gebracht, und nach Verlauf von 15 Minuten war an einer kleinen Masse von Protoplasma in einer der Zellen eines Tentakels eine sehr langsame Bewegung deutlich zu sehen2. Nach wenig Stunden wurden sämmtliche Tentakeln und die Blattränder eingebogen. 2. Versuch. -- Ein anderes Blatt wurde in Wasser von 54,4° zu 55° C. (130°--131° F.) gethan; und, wie vorher, es trat keine Einbiegung ein. Nachdem es 1 Stunde lang in kaltem Wasser gelassen worden war, wurde es in die starke Lösung von Ammoniak gethan, und in Zeit von 2 Sachs gibt an (Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., 1874, p. 700), dasz die Be-
wegungen des Protoplasma in den Haaren einer Cucurbita aufgehört hätten, nach- dem sie eine Minute lang in Wasser einer Temperatur von 47° bis 48°C. (117° bis 119° F.) ausgesetzt worden wären. Cap. 4. Versuche über die Wirkung der Wärme. wurden schnell und dicht eingebogen. Dies Blatt wurde nun in einigewenige Tropfen einer starken Lösung von kohlensaurem Ammoniak (ein Theil auf 109 Theile Wasser) gethan; in 10 Minuten wurden sämmtliche Drüsen intensiv schwarz und in 2 Stunden war das Protoplasma in den Stielzellen ordentlich zusammengeballt. Ein anderes Blatt wurde plötzlich in Wasser von 48,8°C. (120° F.) getaucht und wie gewöhnlich umherge- schwenkt; in einer Zeit von 2 bis 3 Minuten waren die Tentakeln ein- gebogen, aber nur so weit, dasz sie zur Blattscheibe im rechten Winkel standen. Das Blatt wurde nun in dieselbe Lösung gebracht (d. h. ein Theil kohlensaures Ammoniak auf 109 Theile Wasser oder 4 Gran auf 1 Unze, was ich künftig immer als starke Lösung bezeichnen will), und als ich nach Verlauf von 1 Stunde wieder nach ihm sah, waren die Drü- sen geschwärzt und das Zusammenballen war scharf ausgesprochen. Nach Verlauf von noch weiteren 4 Stunden waren die Tentakeln viel bedeu- tender eingebogen. Es verdient Beachtung, dasz eine Lösung, welche so stark ist wie diese, in gewöhnlichen Fällen niemals Einbiegung verur- sacht. Endlich wurde ein Blatt plötzlich in Wasser von 51,6°C. (125°F.) gethan und darin gelassen, bis das Wasser abgekühlt war; die Tentakeln wurden dadurch hellroth und wurden bald eingebogen. Der Inhalt der Zellen unterlag in einem gewissen Grade einem Zusammenballen, welches im Verlauf von 3 Stunden noch zunahm; aber die Massen von Proto- plasma wurden nicht sphärisch, wie es beinahe immer vorkommt, wenn Blätter in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak getaucht werden. Wir ersehen aus diesen Fällen, dasz eine Temperatur von 48,8° 1. Versuch. — Ein Blatt wurde in Wasser von 54,4°C. (130° F.) getaucht und wie in sämmtlichen Fällen einige Minuten lang umherge- schwenkt; es fand sich aber keine Spur einer Einbiegung; dann wurde es in kaltes Wasser gebracht, und nach Verlauf von 15 Minuten war an einer kleinen Masse von Protoplasma in einer der Zellen eines Tentakels eine sehr langsame Bewegung deutlich zu sehen2. Nach wenig Stunden wurden sämmtliche Tentakeln und die Blattränder eingebogen. 2. Versuch. — Ein anderes Blatt wurde in Wasser von 54,4° zu 55° C. (130°—131° F.) gethan; und, wie vorher, es trat keine Einbiegung ein. Nachdem es 1 Stunde lang in kaltem Wasser gelassen worden war, wurde es in die starke Lösung von Ammoniak gethan, und in Zeit von 2 Sachs gibt an (Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., 1874, p. 700), dasz die Be-
wegungen des Protoplasma in den Haaren einer Cucurbita aufgehört hätten, nach- dem sie eine Minute lang in Wasser einer Temperatur von 47° bis 48°C. (117° bis 119° F.) ausgesetzt worden wären. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0075" n="61"/><fw place="top" type="header">Cap. 4. Versuche über die Wirkung der Wärme.</fw><lb/> wurden schnell und dicht eingebogen. Dies Blatt wurde nun in einige<lb/> wenige Tropfen einer starken Lösung von kohlensaurem Ammoniak (ein<lb/> Theil auf 109 Theile Wasser) gethan; in 10 Minuten wurden sämmtliche<lb/> Drüsen intensiv schwarz und in 2 Stunden war das Protoplasma in den<lb/> Stielzellen ordentlich zusammengeballt. Ein anderes Blatt wurde plötzlich<lb/> in Wasser von 48,8°C. (120° F.) getaucht und wie gewöhnlich umherge-<lb/> schwenkt; in einer Zeit von 2 bis 3 Minuten waren die Tentakeln ein-<lb/> gebogen, aber nur so weit, dasz sie zur Blattscheibe im rechten Winkel<lb/> standen. Das Blatt wurde nun in dieselbe Lösung gebracht (d. h. ein<lb/> Theil kohlensaures Ammoniak auf 109 Theile Wasser oder 4 Gran auf<lb/> 1 Unze, was ich künftig immer als starke Lösung bezeichnen will), und<lb/> als ich nach Verlauf von 1 Stunde wieder nach ihm sah, waren die Drü-<lb/> sen geschwärzt und das Zusammenballen war scharf ausgesprochen. Nach<lb/> Verlauf von noch weiteren 4 Stunden waren die Tentakeln viel bedeu-<lb/> tender eingebogen. Es verdient Beachtung, dasz eine Lösung, welche so<lb/> stark ist wie diese, in gewöhnlichen Fällen niemals Einbiegung verur-<lb/> sacht. Endlich wurde ein Blatt plötzlich in Wasser von 51,6°C. (125°F.)<lb/> gethan und darin gelassen, bis das Wasser abgekühlt war; die Tentakeln<lb/> wurden dadurch hellroth und wurden bald eingebogen. Der Inhalt der<lb/> Zellen unterlag in einem gewissen Grade einem Zusammenballen, welches<lb/> im Verlauf von 3 Stunden noch zunahm; aber die Massen von Proto-<lb/> plasma wurden nicht sphärisch, wie es beinahe immer vorkommt, wenn<lb/> Blätter in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak getaucht werden.</p><lb/> <p>Wir ersehen aus diesen Fällen, dasz eine Temperatur von 48,8°<lb/> zu 51,6°C. (120°—125° F.) die Tentakeln zu schneller Bewegung an-<lb/> reizt, aber die Blätter nicht tödtet, wie sich entweder durch ihr spä-<lb/> ter wieder eintretendes Ausbreiten oder durch die Zusammenballung<lb/> des Protoplasma zeigt. Wir werden nun sehen, dasz eine Temperatur<lb/> von 54,4°C. (130° F.) zu hoch ist, um eine sofortige Einbiegung zu<lb/> verursachen, aber doch die Blätter nicht tödtet.</p><lb/> <list> <item>1. <hi rendition="#g">Versuch.</hi> — Ein Blatt wurde in Wasser von 54,4°C. (130° F.)<lb/> getaucht und wie in sämmtlichen Fällen einige Minuten lang umherge-<lb/> schwenkt; es fand sich aber keine Spur einer Einbiegung; dann wurde<lb/> es in kaltes Wasser gebracht, und nach Verlauf von 15 Minuten war an<lb/> einer kleinen Masse von Protoplasma in einer der Zellen eines Tentakels<lb/> eine sehr langsame Bewegung deutlich zu sehen<note place="foot" n="2"><hi rendition="#g">Sachs</hi> gibt an (Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., 1874, p. 700), dasz die Be-<lb/> wegungen des Protoplasma in den Haaren einer <hi rendition="#i">Cucurbita</hi> aufgehört hätten, nach-<lb/> dem sie eine Minute lang in Wasser einer Temperatur von 47° bis 48°C. (117° bis<lb/> 119° F.) ausgesetzt worden wären.</note>. Nach wenig Stunden<lb/> wurden sämmtliche Tentakeln und die Blattränder eingebogen.</item><lb/> <item>2. <hi rendition="#g">Versuch.</hi> — Ein anderes Blatt wurde in Wasser von 54,4° zu<lb/> 55° C. (130°—131° F.) gethan; und, wie vorher, es trat keine Einbiegung<lb/> ein. Nachdem es 1 Stunde lang in kaltem Wasser gelassen worden war,<lb/> wurde es in die starke Lösung von Ammoniak gethan, und in Zeit von<lb/></item> </list> </div> </body> </text> </TEI> [61/0075]
Cap. 4. Versuche über die Wirkung der Wärme.
wurden schnell und dicht eingebogen. Dies Blatt wurde nun in einige
wenige Tropfen einer starken Lösung von kohlensaurem Ammoniak (ein
Theil auf 109 Theile Wasser) gethan; in 10 Minuten wurden sämmtliche
Drüsen intensiv schwarz und in 2 Stunden war das Protoplasma in den
Stielzellen ordentlich zusammengeballt. Ein anderes Blatt wurde plötzlich
in Wasser von 48,8°C. (120° F.) getaucht und wie gewöhnlich umherge-
schwenkt; in einer Zeit von 2 bis 3 Minuten waren die Tentakeln ein-
gebogen, aber nur so weit, dasz sie zur Blattscheibe im rechten Winkel
standen. Das Blatt wurde nun in dieselbe Lösung gebracht (d. h. ein
Theil kohlensaures Ammoniak auf 109 Theile Wasser oder 4 Gran auf
1 Unze, was ich künftig immer als starke Lösung bezeichnen will), und
als ich nach Verlauf von 1 Stunde wieder nach ihm sah, waren die Drü-
sen geschwärzt und das Zusammenballen war scharf ausgesprochen. Nach
Verlauf von noch weiteren 4 Stunden waren die Tentakeln viel bedeu-
tender eingebogen. Es verdient Beachtung, dasz eine Lösung, welche so
stark ist wie diese, in gewöhnlichen Fällen niemals Einbiegung verur-
sacht. Endlich wurde ein Blatt plötzlich in Wasser von 51,6°C. (125°F.)
gethan und darin gelassen, bis das Wasser abgekühlt war; die Tentakeln
wurden dadurch hellroth und wurden bald eingebogen. Der Inhalt der
Zellen unterlag in einem gewissen Grade einem Zusammenballen, welches
im Verlauf von 3 Stunden noch zunahm; aber die Massen von Proto-
plasma wurden nicht sphärisch, wie es beinahe immer vorkommt, wenn
Blätter in eine Lösung von kohlensaurem Ammoniak getaucht werden.
Wir ersehen aus diesen Fällen, dasz eine Temperatur von 48,8°
zu 51,6°C. (120°—125° F.) die Tentakeln zu schneller Bewegung an-
reizt, aber die Blätter nicht tödtet, wie sich entweder durch ihr spä-
ter wieder eintretendes Ausbreiten oder durch die Zusammenballung
des Protoplasma zeigt. Wir werden nun sehen, dasz eine Temperatur
von 54,4°C. (130° F.) zu hoch ist, um eine sofortige Einbiegung zu
verursachen, aber doch die Blätter nicht tödtet.
1. Versuch. — Ein Blatt wurde in Wasser von 54,4°C. (130° F.)
getaucht und wie in sämmtlichen Fällen einige Minuten lang umherge-
schwenkt; es fand sich aber keine Spur einer Einbiegung; dann wurde
es in kaltes Wasser gebracht, und nach Verlauf von 15 Minuten war an
einer kleinen Masse von Protoplasma in einer der Zellen eines Tentakels
eine sehr langsame Bewegung deutlich zu sehen 2. Nach wenig Stunden
wurden sämmtliche Tentakeln und die Blattränder eingebogen.
2. Versuch. — Ein anderes Blatt wurde in Wasser von 54,4° zu
55° C. (130°—131° F.) gethan; und, wie vorher, es trat keine Einbiegung
ein. Nachdem es 1 Stunde lang in kaltem Wasser gelassen worden war,
wurde es in die starke Lösung von Ammoniak gethan, und in Zeit von
2 Sachs gibt an (Lehrbuch der Botanik, 4. Aufl., 1874, p. 700), dasz die Be-
wegungen des Protoplasma in den Haaren einer Cucurbita aufgehört hätten, nach-
dem sie eine Minute lang in Wasser einer Temperatur von 47° bis 48°C. (117° bis
119° F.) ausgesetzt worden wären.
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