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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Drosera rotundifolia. Cap. 2.
Tentakeln, ebenso wie Stückchen Fleisch auf andere Drüsen und be-
deckte sie so, dasz kein Lichtstrahl eindringen konnte; aber am näch-
sten Morgen, nach Verlauf von 13 Stunden, waren alle Theilchen nach
dem Centrum der Blätter hingeschafft worden.

Die negativen Resultate führten mich dazu, noch viele andere
Experimente anzustellen, indem ich Theilchen auf die Oberfläche der
Tropfen der Absonderung legte und dabei so sorgfältig, als ich konnte,
beobachtete, ob sie durchdrangen und die Oberfläche der Drüsen be-
rührten. Das Secret bildet in Folge seines Gewichts gewöhnlich eine
dickere Lage auf der unteren als auf der oberen Seite der Drüsen,
was auch immer die Stellung der Tentakeln sein mag. Kleine Stück-
chen trocknen Korks, Faden, Löschpapier und Kohle wurden versucht,
ähnlich den vorher angewendeten, und ich beobachtete nun, dasz sie
im Verlaufe weniger Minuten viel mehr von der Absonderung auf-
saugten, als ich für möglich gehalten haben würde; da sie auf die
obere Fläche der Absonderung, wo sie am dünnsten ist, gelegt wor-
den waren, so wurden sie oft nach einiger Zeit herunter gezogen und
mit wenigstens einem Theil der Drüse in Berührung gebracht. In
Bezug auf die kleinen Glassplitterchen und Haartheilchen beobachtete
ich, dasz die Absonderung sich langsam ein wenig über ihre Ober-
fläche ausbreitete, wodurch sie gleichfalls herunter oder seitwärts ge-
zogen wurden; und so kam ein Ende oder irgend eine kleine Hervor-
ragung dazu, die Drüse früher oder später zu berühren.

In den vorausgehenden und folgenden Fällen ist es wahrschein-
lich, dasz die Schwingungen, welchen die Möbeln jedes Zimmers be-
ständig ausgesetzt sind, dazu helfen, die Theilchen in Berührung mit
den Drüsen zu bringen. Aber da es manchmal in Folge der Strahlen-
brechung der Absonderung schwer war, darüber sicher zu sein, ob
die Theilchen in Berührung waren, so stellte ich folgendes Experiment
an. Ungewöhnlich minutiöse Theilchen Glas, Haar und Kork wurden
sanft auf die Tropfen an mehreren Drüsen gelegt und sehr wenig
Tentakeln bewegten sich. Die, welche nicht afficirt waren, wurden eine
halbe Stunde ruhig gelassen; dann wurden die Theilchen gestört, oder
mit einer feinen Nadel unter dem Mikroskop mehrere Male umgedreht,
wobei die Drüsen nicht berührt wurden. Und nun fiengen im Laufe
von wenig Minuten alle bis dahin bewegungslosen Tentakeln an, sich
zu bewegen; und dies wurde ohne Zweifel dadurch verursacht, dasz
ein Ende oder irgend ein hervorragender Punkt der Theilchen in Be

Drosera rotundifolia. Cap. 2.
Tentakeln, ebenso wie Stückchen Fleisch auf andere Drüsen und be-
deckte sie so, dasz kein Lichtstrahl eindringen konnte; aber am näch-
sten Morgen, nach Verlauf von 13 Stunden, waren alle Theilchen nach
dem Centrum der Blätter hingeschafft worden.

Die negativen Resultate führten mich dazu, noch viele andere
Experimente anzustellen, indem ich Theilchen auf die Oberfläche der
Tropfen der Absonderung legte und dabei so sorgfältig, als ich konnte,
beobachtete, ob sie durchdrangen und die Oberfläche der Drüsen be-
rührten. Das Secret bildet in Folge seines Gewichts gewöhnlich eine
dickere Lage auf der unteren als auf der oberen Seite der Drüsen,
was auch immer die Stellung der Tentakeln sein mag. Kleine Stück-
chen trocknen Korks, Faden, Löschpapier und Kohle wurden versucht,
ähnlich den vorher angewendeten, und ich beobachtete nun, dasz sie
im Verlaufe weniger Minuten viel mehr von der Absonderung auf-
saugten, als ich für möglich gehalten haben würde; da sie auf die
obere Fläche der Absonderung, wo sie am dünnsten ist, gelegt wor-
den waren, so wurden sie oft nach einiger Zeit herunter gezogen und
mit wenigstens einem Theil der Drüse in Berührung gebracht. In
Bezug auf die kleinen Glassplitterchen und Haartheilchen beobachtete
ich, dasz die Absonderung sich langsam ein wenig über ihre Ober-
fläche ausbreitete, wodurch sie gleichfalls herunter oder seitwärts ge-
zogen wurden; und so kam ein Ende oder irgend eine kleine Hervor-
ragung dazu, die Drüse früher oder später zu berühren.

In den vorausgehenden und folgenden Fällen ist es wahrschein-
lich, dasz die Schwingungen, welchen die Möbeln jedes Zimmers be-
ständig ausgesetzt sind, dazu helfen, die Theilchen in Berührung mit
den Drüsen zu bringen. Aber da es manchmal in Folge der Strahlen-
brechung der Absonderung schwer war, darüber sicher zu sein, ob
die Theilchen in Berührung waren, so stellte ich folgendes Experiment
an. Ungewöhnlich minutiöse Theilchen Glas, Haar und Kork wurden
sanft auf die Tropfen an mehreren Drüsen gelegt und sehr wenig
Tentakeln bewegten sich. Die, welche nicht afficirt waren, wurden eine
halbe Stunde ruhig gelassen; dann wurden die Theilchen gestört, oder
mit einer feinen Nadel unter dem Mikroskop mehrere Male umgedreht,
wobei die Drüsen nicht berührt wurden. Und nun fiengen im Laufe
von wenig Minuten alle bis dahin bewegungslosen Tentakeln an, sich
zu bewegen; und dies wurde ohne Zweifel dadurch verursacht, dasz
ein Ende oder irgend ein hervorragender Punkt der Theilchen in Be

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[26/0040] Drosera rotundifolia. Cap. 2. Tentakeln, ebenso wie Stückchen Fleisch auf andere Drüsen und be- deckte sie so, dasz kein Lichtstrahl eindringen konnte; aber am näch- sten Morgen, nach Verlauf von 13 Stunden, waren alle Theilchen nach dem Centrum der Blätter hingeschafft worden. Die negativen Resultate führten mich dazu, noch viele andere Experimente anzustellen, indem ich Theilchen auf die Oberfläche der Tropfen der Absonderung legte und dabei so sorgfältig, als ich konnte, beobachtete, ob sie durchdrangen und die Oberfläche der Drüsen be- rührten. Das Secret bildet in Folge seines Gewichts gewöhnlich eine dickere Lage auf der unteren als auf der oberen Seite der Drüsen, was auch immer die Stellung der Tentakeln sein mag. Kleine Stück- chen trocknen Korks, Faden, Löschpapier und Kohle wurden versucht, ähnlich den vorher angewendeten, und ich beobachtete nun, dasz sie im Verlaufe weniger Minuten viel mehr von der Absonderung auf- saugten, als ich für möglich gehalten haben würde; da sie auf die obere Fläche der Absonderung, wo sie am dünnsten ist, gelegt wor- den waren, so wurden sie oft nach einiger Zeit herunter gezogen und mit wenigstens einem Theil der Drüse in Berührung gebracht. In Bezug auf die kleinen Glassplitterchen und Haartheilchen beobachtete ich, dasz die Absonderung sich langsam ein wenig über ihre Ober- fläche ausbreitete, wodurch sie gleichfalls herunter oder seitwärts ge- zogen wurden; und so kam ein Ende oder irgend eine kleine Hervor- ragung dazu, die Drüse früher oder später zu berühren. In den vorausgehenden und folgenden Fällen ist es wahrschein- lich, dasz die Schwingungen, welchen die Möbeln jedes Zimmers be- ständig ausgesetzt sind, dazu helfen, die Theilchen in Berührung mit den Drüsen zu bringen. Aber da es manchmal in Folge der Strahlen- brechung der Absonderung schwer war, darüber sicher zu sein, ob die Theilchen in Berührung waren, so stellte ich folgendes Experiment an. Ungewöhnlich minutiöse Theilchen Glas, Haar und Kork wurden sanft auf die Tropfen an mehreren Drüsen gelegt und sehr wenig Tentakeln bewegten sich. Die, welche nicht afficirt waren, wurden eine halbe Stunde ruhig gelassen; dann wurden die Theilchen gestört, oder mit einer feinen Nadel unter dem Mikroskop mehrere Male umgedreht, wobei die Drüsen nicht berührt wurden. Und nun fiengen im Laufe von wenig Minuten alle bis dahin bewegungslosen Tentakeln an, sich zu bewegen; und dies wurde ohne Zweifel dadurch verursacht, dasz ein Ende oder irgend ein hervorragender Punkt der Theilchen in Be

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 26. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/40>, abgerufen am 23.04.2024.