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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876.

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Utricularia neglecta. Cap. 17.
arten sein mag, so ist es, nachdem faulendes Wasser oder eine der
stickstoffhaltigen Lösungen eingewirkt haben, wahrscheinlich, dasz die
in dieser Weise erzeugte Substanz für die Pflanze von Nutzen ist und
schlieszlich nach andern Theilen weiter geschafft wird.

Die Drüsen absorbiren augenscheinlich schneller als die vierthei-
ligen und zweigespaltenen Fortsätze: und nach der oben aufgestellten
Ansicht, nämlich dasz sie Substanz aus dem gelegentlich aus den
Blasen abflieszenden faulenden Wasser absorbiren, müssen sie auch
schneller wirken als die Fortsätze; die letzteren bleiben ja in bestän-
diger Berührung mit gefangenen und sich zersetzenden Thieren.

Die Schluszfolgerung endlich, zu welcher wir durch die vor-
stehend geschilderten Experimente und Beobachtungen geführt werden,
ist die, dasz die Blasen nicht die Fähigkeit haben, animale Substanz
zu verdauen, obschon augenscheinlich die viertheiligen Fortsätze von
einem frischen Aufgusse von rohem Fleisch etwas afficirt werden.
Es ist sicher, dasz die Fortsätze innerhalb der Blasen und die Drüsen
auszerhalb derselben Substanz aus Ammoniaksalzen, aus einem faulen-
den Aufgusz von rohem Fleisch und aus Harnstoff absorbiren. Eine
Auflösung von Harnstoff wirkt augenscheinlich stärker und ein Auf-
gusz von rohem Fleisch weniger stark auf die Drüsen ein als auf
die Fortsätze. Die Thatsache mit dem Harnstoff ist besonders in-
teressant, weil wir gesehen haben, dasz er auf Drosera keine Wir-
kung hervorbringt, deren Blätter dazu angepaszt sind, frische animale
Substanz zu verdauen. Aber die bedeutungsvollste Thatsache von
allen ist, dasz in der vorliegenden wie in den folgenden Arten die
viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätze von Blasen, welche zer-
fallene Thiere enthalten, kleine Massen von sich spontan bewegendem
Protoplasma einschlieszen, während derartige Blasen in vollkommenen
reinen Blasen niemals zu sehen sind.

Entwickelung der Blasen. -- Mein Sohn und ich ver-
wandten viel Zeit auf diesen Gegenstand, aber mit geringem Erfolge.
Unsere Beobachtungen beziehen sich auf die vorliegende Art und auf
Utricularia vulgaris, wurden aber hauptsächlich an der letzteren an-
gestellt, da dort die Blasen zweimal so grosz sind wie an der Utri-
cularia neglecta.
In der ersten Zeit des Herbstes endigen die Stengel
in groszen Knospen, welche abfallen und während des Winters ruhend
auf dem Boden liegen. Die jungen, diese Knospen bildenden Blätter
tragen Blasen auf verschiedenen Stufen früher Entwickelung. Wenn

Utricularia neglecta. Cap. 17.
arten sein mag, so ist es, nachdem faulendes Wasser oder eine der
stickstoffhaltigen Lösungen eingewirkt haben, wahrscheinlich, dasz die
in dieser Weise erzeugte Substanz für die Pflanze von Nutzen ist und
schlieszlich nach andern Theilen weiter geschafft wird.

Die Drüsen absorbiren augenscheinlich schneller als die vierthei-
ligen und zweigespaltenen Fortsätze: und nach der oben aufgestellten
Ansicht, nämlich dasz sie Substanz aus dem gelegentlich aus den
Blasen abflieszenden faulenden Wasser absorbiren, müssen sie auch
schneller wirken als die Fortsätze; die letzteren bleiben ja in bestän-
diger Berührung mit gefangenen und sich zersetzenden Thieren.

Die Schluszfolgerung endlich, zu welcher wir durch die vor-
stehend geschilderten Experimente und Beobachtungen geführt werden,
ist die, dasz die Blasen nicht die Fähigkeit haben, animale Substanz
zu verdauen, obschon augenscheinlich die viertheiligen Fortsätze von
einem frischen Aufgusse von rohem Fleisch etwas afficirt werden.
Es ist sicher, dasz die Fortsätze innerhalb der Blasen und die Drüsen
auszerhalb derselben Substanz aus Ammoniaksalzen, aus einem faulen-
den Aufgusz von rohem Fleisch und aus Harnstoff absorbiren. Eine
Auflösung von Harnstoff wirkt augenscheinlich stärker und ein Auf-
gusz von rohem Fleisch weniger stark auf die Drüsen ein als auf
die Fortsätze. Die Thatsache mit dem Harnstoff ist besonders in-
teressant, weil wir gesehen haben, dasz er auf Drosera keine Wir-
kung hervorbringt, deren Blätter dazu angepaszt sind, frische animale
Substanz zu verdauen. Aber die bedeutungsvollste Thatsache von
allen ist, dasz in der vorliegenden wie in den folgenden Arten die
viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätze von Blasen, welche zer-
fallene Thiere enthalten, kleine Massen von sich spontan bewegendem
Protoplasma einschlieszen, während derartige Blasen in vollkommenen
reinen Blasen niemals zu sehen sind.

Entwickelung der Blasen. — Mein Sohn und ich ver-
wandten viel Zeit auf diesen Gegenstand, aber mit geringem Erfolge.
Unsere Beobachtungen beziehen sich auf die vorliegende Art und auf
Utricularia vulgaris, wurden aber hauptsächlich an der letzteren an-
gestellt, da dort die Blasen zweimal so grosz sind wie an der Utri-
cularia neglecta.
In der ersten Zeit des Herbstes endigen die Stengel
in groszen Knospen, welche abfallen und während des Winters ruhend
auf dem Boden liegen. Die jungen, diese Knospen bildenden Blätter
tragen Blasen auf verschiedenen Stufen früher Entwickelung. Wenn

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[382/0396] Utricularia neglecta. Cap. 17. arten sein mag, so ist es, nachdem faulendes Wasser oder eine der stickstoffhaltigen Lösungen eingewirkt haben, wahrscheinlich, dasz die in dieser Weise erzeugte Substanz für die Pflanze von Nutzen ist und schlieszlich nach andern Theilen weiter geschafft wird. Die Drüsen absorbiren augenscheinlich schneller als die vierthei- ligen und zweigespaltenen Fortsätze: und nach der oben aufgestellten Ansicht, nämlich dasz sie Substanz aus dem gelegentlich aus den Blasen abflieszenden faulenden Wasser absorbiren, müssen sie auch schneller wirken als die Fortsätze; die letzteren bleiben ja in bestän- diger Berührung mit gefangenen und sich zersetzenden Thieren. Die Schluszfolgerung endlich, zu welcher wir durch die vor- stehend geschilderten Experimente und Beobachtungen geführt werden, ist die, dasz die Blasen nicht die Fähigkeit haben, animale Substanz zu verdauen, obschon augenscheinlich die viertheiligen Fortsätze von einem frischen Aufgusse von rohem Fleisch etwas afficirt werden. Es ist sicher, dasz die Fortsätze innerhalb der Blasen und die Drüsen auszerhalb derselben Substanz aus Ammoniaksalzen, aus einem faulen- den Aufgusz von rohem Fleisch und aus Harnstoff absorbiren. Eine Auflösung von Harnstoff wirkt augenscheinlich stärker und ein Auf- gusz von rohem Fleisch weniger stark auf die Drüsen ein als auf die Fortsätze. Die Thatsache mit dem Harnstoff ist besonders in- teressant, weil wir gesehen haben, dasz er auf Drosera keine Wir- kung hervorbringt, deren Blätter dazu angepaszt sind, frische animale Substanz zu verdauen. Aber die bedeutungsvollste Thatsache von allen ist, dasz in der vorliegenden wie in den folgenden Arten die viertheiligen und zweigespaltenen Fortsätze von Blasen, welche zer- fallene Thiere enthalten, kleine Massen von sich spontan bewegendem Protoplasma einschlieszen, während derartige Blasen in vollkommenen reinen Blasen niemals zu sehen sind. Entwickelung der Blasen. — Mein Sohn und ich ver- wandten viel Zeit auf diesen Gegenstand, aber mit geringem Erfolge. Unsere Beobachtungen beziehen sich auf die vorliegende Art und auf Utricularia vulgaris, wurden aber hauptsächlich an der letzteren an- gestellt, da dort die Blasen zweimal so grosz sind wie an der Utri- cularia neglecta. In der ersten Zeit des Herbstes endigen die Stengel in groszen Knospen, welche abfallen und während des Winters ruhend auf dem Boden liegen. Die jungen, diese Knospen bildenden Blätter tragen Blasen auf verschiedenen Stufen früher Entwickelung. Wenn

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Zitationshilfe: Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 382. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/396>, abgerufen am 27.11.2024.