sich einige wenige auf der oberen Fläche der Lappen. Diese acht- theiligen Vorsprünge sind ohne Zweifel mit den Papillen auf den Blättern der Drosera rotundifolia homolog. Es sind auch noch einige wenige sehr minutiöse, einfache, zugespitzte Haare, ungefähr Zoll (0,0148 Mm.) lang auf der Rückseite der Blätter vorhanden.
Die empfindlichen Filamente werden aus mehreren Reihen ver- längerter, mit purpurähnlicher Flüssigkeit gefüllter Zellen gebildet. Sie sind ein wenig mehr als Zoll lang, sind dünn und zart und verjüngen sich zu einer Spitze. Ich untersuchte die Basen von meh- reren, indem ich Durchschnitte von ihnen machte, es war aber keine Spur des Eintritts irgend eines Gefäszes zu sehen. Die Spitze ist zuweilen zwei- oder selbst dreitheilig, in Folge einer leichten Tren- nung zwischen den endständigen zugespitzten Zellen. Nach der Basis zu findet sich eine Einschnürung, die aus breiteren Zellen gebildet wird, unterhalb deren ein von einer verbreiterten, aus verschiedent- lich geformten polygonalen Zellen bestehenden Basis getragenes Gelenk liegt. Da die Filamente in rechten Winkeln zu der Oberfläche des Blattes vorspringen, so würden sie sehr leicht abgebrochen werden, sobald sich nur immer die Lappen zusammenschlieszen, wenn ihnen nicht dies Gelenk gestattete, sich platt niederzulegen.
Diese Filamente sind von ihren Spitzen bis zu ihren Basen ganz ausgesucht empfindlich für eine momentane Berührung. Es ist kaum möglich, sie überhaupt je so leicht oder so schnell mit irgend einem harten Gegenstande zu berühren, ohne das Schlieszen der Lappen zu verursachen. Ein 21/2 Zoll langes Stückchen sehr zarten menschlichen Haares, welches über einem Filamente hängend gehalten und hin und her geschwungen wurde, so dasz es dasselbe berührte, erregte keine Bewegung. Wenn aber ein ziemlich dicker baumwollener Garnfaden von derselben Länge ähnlich geschwungen wurde, schlossen sich die Lappen. Prisen feinen Weizenmehls, aus einer ziemlichen Höhe fallen gelassen, brachten keine Wirkung hervor. Das oben erwähnte Haar wurde dann in einem Handgriff befestigt und so weit abgeschnitten, dasz 1 Zoll vorragte; dieses Stück war lang genug und hinreichend steif, sich in einer nahezu horizontalen Linie zu halten. Das Ende wurde nun durch eine langsame Bewegung seitlich mit der Spitze eines Filaments in Berührung gebracht, und augenblicklich schlosz sich das Blatt. Bei einer andern Gelegenheit waren zwei oder drei Berührungen derselben Art nöthig, ehe irgend eine Bewegung er-
Cap. 13. Empfindlichkeit der Filamente.
sich einige wenige auf der oberen Fläche der Lappen. Diese acht- theiligen Vorsprünge sind ohne Zweifel mit den Papillen auf den Blättern der Drosera rotundifolia homolog. Es sind auch noch einige wenige sehr minutiöse, einfache, zugespitzte Haare, ungefähr Zoll (0,0148 Mm.) lang auf der Rückseite der Blätter vorhanden.
Die empfindlichen Filamente werden aus mehreren Reihen ver- längerter, mit purpurähnlicher Flüssigkeit gefüllter Zellen gebildet. Sie sind ein wenig mehr als Zoll lang, sind dünn und zart und verjüngen sich zu einer Spitze. Ich untersuchte die Basen von meh- reren, indem ich Durchschnitte von ihnen machte, es war aber keine Spur des Eintritts irgend eines Gefäszes zu sehen. Die Spitze ist zuweilen zwei- oder selbst dreitheilig, in Folge einer leichten Tren- nung zwischen den endständigen zugespitzten Zellen. Nach der Basis zu findet sich eine Einschnürung, die aus breiteren Zellen gebildet wird, unterhalb deren ein von einer verbreiterten, aus verschiedent- lich geformten polygonalen Zellen bestehenden Basis getragenes Gelenk liegt. Da die Filamente in rechten Winkeln zu der Oberfläche des Blattes vorspringen, so würden sie sehr leicht abgebrochen werden, sobald sich nur immer die Lappen zusammenschlieszen, wenn ihnen nicht dies Gelenk gestattete, sich platt niederzulegen.
Diese Filamente sind von ihren Spitzen bis zu ihren Basen ganz ausgesucht empfindlich für eine momentane Berührung. Es ist kaum möglich, sie überhaupt je so leicht oder so schnell mit irgend einem harten Gegenstande zu berühren, ohne das Schlieszen der Lappen zu verursachen. Ein 2½ Zoll langes Stückchen sehr zarten menschlichen Haares, welches über einem Filamente hängend gehalten und hin und her geschwungen wurde, so dasz es dasselbe berührte, erregte keine Bewegung. Wenn aber ein ziemlich dicker baumwollener Garnfaden von derselben Länge ähnlich geschwungen wurde, schlossen sich die Lappen. Prisen feinen Weizenmehls, aus einer ziemlichen Höhe fallen gelassen, brachten keine Wirkung hervor. Das oben erwähnte Haar wurde dann in einem Handgriff befestigt und so weit abgeschnitten, dasz 1 Zoll vorragte; dieses Stück war lang genug und hinreichend steif, sich in einer nahezu horizontalen Linie zu halten. Das Ende wurde nun durch eine langsame Bewegung seitlich mit der Spitze eines Filaments in Berührung gebracht, und augenblicklich schlosz sich das Blatt. Bei einer andern Gelegenheit waren zwei oder drei Berührungen derselben Art nöthig, ehe irgend eine Bewegung er-
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Cap. 13. Empfindlichkeit der Filamente.
sich einige wenige auf der oberen Fläche der Lappen. Diese acht-
theiligen Vorsprünge sind ohne Zweifel mit den Papillen auf den
Blättern der Drosera rotundifolia homolog. Es sind auch noch einige
wenige sehr minutiöse, einfache, zugespitzte Haare, ungefähr [FORMEL] Zoll
(0,0148 Mm.) lang auf der Rückseite der Blätter vorhanden.
Die empfindlichen Filamente werden aus mehreren Reihen ver-
längerter, mit purpurähnlicher Flüssigkeit gefüllter Zellen gebildet.
Sie sind ein wenig mehr als [FORMEL] Zoll lang, sind dünn und zart und
verjüngen sich zu einer Spitze. Ich untersuchte die Basen von meh-
reren, indem ich Durchschnitte von ihnen machte, es war aber keine
Spur des Eintritts irgend eines Gefäszes zu sehen. Die Spitze ist
zuweilen zwei- oder selbst dreitheilig, in Folge einer leichten Tren-
nung zwischen den endständigen zugespitzten Zellen. Nach der Basis
zu findet sich eine Einschnürung, die aus breiteren Zellen gebildet
wird, unterhalb deren ein von einer verbreiterten, aus verschiedent-
lich geformten polygonalen Zellen bestehenden Basis getragenes Gelenk
liegt. Da die Filamente in rechten Winkeln zu der Oberfläche des
Blattes vorspringen, so würden sie sehr leicht abgebrochen werden,
sobald sich nur immer die Lappen zusammenschlieszen, wenn ihnen
nicht dies Gelenk gestattete, sich platt niederzulegen.
Diese Filamente sind von ihren Spitzen bis zu ihren Basen ganz
ausgesucht empfindlich für eine momentane Berührung. Es ist kaum
möglich, sie überhaupt je so leicht oder so schnell mit irgend einem
harten Gegenstande zu berühren, ohne das Schlieszen der Lappen zu
verursachen. Ein 2½ Zoll langes Stückchen sehr zarten menschlichen
Haares, welches über einem Filamente hängend gehalten und hin und
her geschwungen wurde, so dasz es dasselbe berührte, erregte keine
Bewegung. Wenn aber ein ziemlich dicker baumwollener Garnfaden
von derselben Länge ähnlich geschwungen wurde, schlossen sich die
Lappen. Prisen feinen Weizenmehls, aus einer ziemlichen Höhe fallen
gelassen, brachten keine Wirkung hervor. Das oben erwähnte Haar
wurde dann in einem Handgriff befestigt und so weit abgeschnitten,
dasz 1 Zoll vorragte; dieses Stück war lang genug und hinreichend
steif, sich in einer nahezu horizontalen Linie zu halten. Das Ende
wurde nun durch eine langsame Bewegung seitlich mit der Spitze
eines Filaments in Berührung gebracht, und augenblicklich schlosz
sich das Blatt. Bei einer andern Gelegenheit waren zwei oder drei
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Darwin, Charles: Insectenfressende Pflanzen. Übers. v. Julius Victor Carus. Stuttgart, 1876, S. 261. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darwin_pflanzen_1876/275>, abgerufen am 27.11.2024.
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