Capitalisten sind von dieser Last völlig befreyet. Folg- lich erfodert es der Flor des Staats, daß man auch dieß jährliche Jnteresse von den Geld-Capitalien mit im Anschlage bringe. Dieser Schluß hat einen merk- lichen Schein der Wahrheit, er wird aber alsbald verschwinden, wenn wir die Sache genauer untersu- chen. Den Ober-Satz des Schlusses müssen wir ver- willigen, und den Unter-Satz verneinen. Dieser Satz bekommt seinen Schein der Wahrheit nur daher, daß man diese Sache nicht in dem ganzen Zusammenhange betrachtet. Es ist wahr, der Capitaliste nimmt seine Jnteressen ruhig ein, und er giebt von diesen dem Staate unmittelbar nichts. Er thut es aber mittel- bar. Er lebt von seinen Jnteressen, das ist, er muß seine Jnteressen anwenden, dasjenige zu kaufen, was er nöthig hat. Das, was er kauft, ist schon mit die- sen Abgaben belegt. Der Verkaufer bringt diese An- lage mit zur Bestimmung des Preises im Anschlage, und daher erhellet es, daß in der That der Kaufer unvermerkt einen merklichen Theil von dieser Last rra- ge. Dieß ist genug, zu begreifen, daß der angege- bene Beweiß nicht stark genug sey, die bejahende Mei- nung zu unterstützen.
Anmerk. Dieß Vorurtheil von der Glückse- ligkeit der Capitalisten ist bey vielen so stark einge- wurzelt, daß es bey nahe schwer wird, in ihnen eine Anfmerksamkeit zu erwekken, wenn man die entge- gen gesetzte Meynung vorträgt. Diese zu gewin- nen, will ich kürzlich den Landmann mit dem Capi- talisten vergleichen. Der Landmann bauet z. B. in einem Jahre kaum den dritten Theil der zu hof- fenden Früchte. Was folget, der Preiß des Ge- traides steiget auf den dritten Theil, und der Man- gel des gebaueten Futters wird durch den erhöheten Preiß des Viehes ersetzet. Wer trägt nun den
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von dem Reichthum der Unterthanen.
Capitaliſten ſind von dieſer Laſt voͤllig befreyet. Folg- lich erfodert es der Flor des Staats, daß man auch dieß jaͤhrliche Jntereſſe von den Geld-Capitalien mit im Anſchlage bringe. Dieſer Schluß hat einen merk- lichen Schein der Wahrheit, er wird aber alsbald verſchwinden, wenn wir die Sache genauer unterſu- chen. Den Ober-Satz des Schluſſes muͤſſen wir ver- willigen, und den Unter-Satz verneinen. Dieſer Satz bekommt ſeinen Schein der Wahrheit nur daher, daß man dieſe Sache nicht in dem ganzen Zuſammenhange betrachtet. Es iſt wahr, der Capitaliſte nimmt ſeine Jntereſſen ruhig ein, und er giebt von dieſen dem Staate unmittelbar nichts. Er thut es aber mittel- bar. Er lebt von ſeinen Jntereſſen, das iſt, er muß ſeine Jntereſſen anwenden, dasjenige zu kaufen, was er noͤthig hat. Das, was er kauft, iſt ſchon mit die- ſen Abgaben belegt. Der Verkaufer bringt dieſe An- lage mit zur Beſtimmung des Preiſes im Anſchlage, und daher erhellet es, daß in der That der Kaufer unvermerkt einen merklichen Theil von dieſer Laſt rra- ge. Dieß iſt genug, zu begreifen, daß der angege- bene Beweiß nicht ſtark genug ſey, die bejahende Mei- nung zu unterſtuͤtzen.
Anmerk. Dieß Vorurtheil von der Gluͤckſe- ligkeit der Capitaliſten iſt bey vielen ſo ſtark einge- wurzelt, daß es bey nahe ſchwer wird, in ihnen eine Anfmerkſamkeit zu erwekken, wenn man die entge- gen geſetzte Meynung vortraͤgt. Dieſe zu gewin- nen, will ich kuͤrzlich den Landmann mit dem Capi- taliſten vergleichen. Der Landmann bauet z. B. in einem Jahre kaum den dritten Theil der zu hof- fenden Fruͤchte. Was folget, der Preiß des Ge- traides ſteiget auf den dritten Theil, und der Man- gel des gebaueten Futters wird durch den erhoͤheten Preiß des Viehes erſetzet. Wer traͤgt nun den
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von dem Reichthum der Unterthanen.
Capitaliſten ſind von dieſer Laſt voͤllig befreyet. Folg-
lich erfodert es der Flor des Staats, daß man auch
dieß jaͤhrliche Jntereſſe von den Geld-Capitalien mit
im Anſchlage bringe. Dieſer Schluß hat einen merk-
lichen Schein der Wahrheit, er wird aber alsbald
verſchwinden, wenn wir die Sache genauer unterſu-
chen. Den Ober-Satz des Schluſſes muͤſſen wir ver-
willigen, und den Unter-Satz verneinen. Dieſer Satz
bekommt ſeinen Schein der Wahrheit nur daher, daß
man dieſe Sache nicht in dem ganzen Zuſammenhange
betrachtet. Es iſt wahr, der Capitaliſte nimmt ſeine
Jntereſſen ruhig ein, und er giebt von dieſen dem
Staate unmittelbar nichts. Er thut es aber mittel-
bar. Er lebt von ſeinen Jntereſſen, das iſt, er muß
ſeine Jntereſſen anwenden, dasjenige zu kaufen, was
er noͤthig hat. Das, was er kauft, iſt ſchon mit die-
ſen Abgaben belegt. Der Verkaufer bringt dieſe An-
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und daher erhellet es, daß in der That der Kaufer
unvermerkt einen merklichen Theil von dieſer Laſt rra-
ge. Dieß iſt genug, zu begreifen, daß der angege-
bene Beweiß nicht ſtark genug ſey, die bejahende Mei-
nung zu unterſtuͤtzen.
Anmerk. Dieß Vorurtheil von der Gluͤckſe-
ligkeit der Capitaliſten iſt bey vielen ſo ſtark einge-
wurzelt, daß es bey nahe ſchwer wird, in ihnen eine
Anfmerkſamkeit zu erwekken, wenn man die entge-
gen geſetzte Meynung vortraͤgt. Dieſe zu gewin-
nen, will ich kuͤrzlich den Landmann mit dem Capi-
taliſten vergleichen. Der Landmann bauet z. B.
in einem Jahre kaum den dritten Theil der zu hof-
fenden Fruͤchte. Was folget, der Preiß des Ge-
traides ſteiget auf den dritten Theil, und der Man-
gel des gebaueten Futters wird durch den erhoͤheten
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Darjes, Joachim Georg: Erste Gründe der Cameral-Wissenschaften. Jena, 1756, S. 627. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/darjes_cameralwissenschaften_1756/647>, abgerufen am 23.07.2024.
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