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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Sechste Predigt
Buß und Rechtfertigung für GOtt/ E. L. recht einzubilden in ei-
nem lebendigen Exempel/ daß es besser zu Hertzen dringe/ und fester be-
halten werde. So man nun dem Puppen-Spieler manche gute Stun-
de schencket/ auch nicht leichtlich einem dabey der Schlaff ankommet/ wel-
ches wol zu erbarmen/ so laßt uns auch dem schönen Geistreichen Spiel/
welches der Himmlische Prophet Christus auff die Bahn gebracht/ ferner
ohne Verdruß/ ohne Schlaff/ alldieweil unsere Seligkeit daran hafftet/
zuhören und zusehen. Dieses mal wollen wir allein erzehlen/ von der
ersten Catastrophe des Glücks/ von den Straff-Flagellen/ Buß-Glocken/
Gewissens-Wecker und Zucht-Ruthen/ die Gott gebraucht. Gott
erscheine uns mit dem Liecht des Heiligen Geistes/ Amen.

GEliebte in Christo. Die Geißlen und dero Zweck/ womit der
verlohrne Sohn gezüchtiget worden/ werden uns für dieses mal
präsentiret.

Was nun I. die Flagella Geißlen betrifft/ so ist die erste Haupt-Geißel
und gleichsam der Preß-Reuter Fames, limos iskhuros, die grosse Theurung
durch dasselbe gantze Land; ist einer von den vier Reutern/ die Johannes
in seiner Offenbarung gesehen/ nemlich der schwartz-hungerige Reuter/
der eine Waag in der Hand gehabt. Vor dem außgeruffen worden/ ein
Maß Weitzen um einen Groschen/ und drey Maß Gersten um
einen Groschen. Wird einem schwartzen Reuter verglichen/ weil der
Hunger schwartz machet/ Thren. 4, 8. Das Maß bedeutet ein Gewicht-
Maß/ und solche Theurung/ da man die Früchten nicht mit Sestern/ son-
dern mit Wurtz-Waagen außmesset/ und um ein stück Brod ein groß
Geld geben muß. Dieser Reuter zog ein in dasselbige Land/ auß was Ur-
sachen wird nicht gemeldet. Da geriethen alle Victualien in grossen Auff-
schlag/ Juncker Wucher wird sich dapffer dabey getummelt und nichts ver-
saumet haben. Wer damal in Rohren gesessen/ der hat Pfeiffen geschnit-
ten. Dieser hungerige/ magere Reuter hatte nun seine unterschiedliche
Ruthen/ damit er auff den verlohrnen Sohn getroffen. 1. Ein lährer
Seckel/ dann er hatte alles verzehrt/ der saure Schweiß seines Vaters
war dahin/ es war durch/ was er mit sich genommen hatte. Wäre der
Seckel noch gespickt geweßt/ hätte er wenig nach der Theurung gefragt/
es hätte doch alles müssen vorhanden seyn/ es koste auch was es wolle;
aber der lähre Seckel that ihm wehe/ er mußte den Cornelium spielen.
2. Der Hunger/ autos erxato user einothai, er fieng an zu darben/ er hat nir-
[g]end kein Credit/ keinen Wechsel zu hoffen/ seine Lauß-Freunde haben von

ihm

Die Sechste Predigt
Buß und Rechtfertigung fuͤr GOtt/ E. L. recht einzubilden in ei-
nem lebendigen Exempel/ daß es beſſer zu Hertzen dringe/ und feſter be-
halten werde. So man nun dem Puppen-Spieler manche gute Stun-
de ſchencket/ auch nicht leichtlich einem dabey der Schlaff ankommet/ wel-
ches wol zu erbarmen/ ſo laßt uns auch dem ſchoͤnen Geiſtreichen Spiel/
welches der Himmliſche Prophet Chriſtus auff die Bahn gebracht/ ferner
ohne Verdruß/ ohne Schlaff/ alldieweil unſere Seligkeit daran hafftet/
zuhoͤren und zuſehen. Dieſes mal wollen wir allein erzehlen/ von der
erſten Cataſtrophe des Gluͤcks/ von den Straff-Flagellen/ Buß-Glocken/
Gewiſſens-Wecker und Zucht-Ruthen/ die Gott gebraucht. Gott
erſcheine uns mit dem Liecht des Heiligen Geiſtes/ Amen.

GEliebte in Chriſto. Die Geißlen und dero Zweck/ womit der
verlohrne Sohn gezuͤchtiget worden/ werden uns fuͤr dieſes mal
praͤſentiret.

Was nun I. die Flagella Geißlen betrifft/ ſo iſt die erſte Haupt-Geißel
und gleichſam der Preß-Reuter Fames, λιμὸς ἰσχυρὸς, die groſſe Theurung
durch daſſelbe gantze Land; iſt einer von den vier Reutern/ die Johannes
in ſeiner Offenbarung geſehen/ nemlich der ſchwartz-hungerige Reuter/
der eine Waag in der Hand gehabt. Vor dem außgeruffen worden/ ein
Maß Weitzen um einen Groſchen/ und drey Maß Gerſten um
einen Groſchen. Wird einem ſchwartzen Reuter verglichen/ weil der
Hunger ſchwartz machet/ Thren. 4, 8. Das Maß bedeutet ein Gewicht-
Maß/ und ſolche Theurung/ da man die Fruͤchten nicht mit Seſtern/ ſon-
dern mit Wurtz-Waagen außmeſſet/ und um ein ſtuͤck Brod ein groß
Geld geben muß. Dieſer Reuter zog ein in daſſelbige Land/ auß was Ur-
ſachen wird nicht gemeldet. Da geriethen alle Victualien in groſſen Auff-
ſchlag/ Juncker Wucher wird ſich dapffer dabey getum̃elt und nichts ver-
ſaumet haben. Wer damal in Rohren geſeſſen/ der hat Pfeiffen geſchnit-
ten. Dieſer hungerige/ magere Reuter hatte nun ſeine unterſchiedliche
Ruthen/ damit er auff den verlohrnen Sohn getroffen. 1. Ein laͤhrer
Seckel/ dann er hatte alles verzehrt/ der ſaure Schweiß ſeines Vaters
war dahin/ es war durch/ was er mit ſich genommen hatte. Waͤre der
Seckel noch geſpickt geweßt/ haͤtte er wenig nach der Theurung gefragt/
es haͤtte doch alles muͤſſen vorhanden ſeyn/ es koſte auch was es wolle;
aber der laͤhre Seckel that ihm wehe/ er mußte den Cornelium ſpielen.
2. Der Hunger/ ἀυτὸς ἤρξατο ὑςερ ει̃οϑαι, er fieng an zu darben/ er hat nir-
[g]end kein Credit/ keinen Wechſel zu hoffen/ ſeine Lauß-Freunde haben von

ihm
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[44/0062] Die Sechste Predigt Buß und Rechtfertigung fuͤr GOtt/ E. L. recht einzubilden in ei- nem lebendigen Exempel/ daß es beſſer zu Hertzen dringe/ und feſter be- halten werde. So man nun dem Puppen-Spieler manche gute Stun- de ſchencket/ auch nicht leichtlich einem dabey der Schlaff ankommet/ wel- ches wol zu erbarmen/ ſo laßt uns auch dem ſchoͤnen Geiſtreichen Spiel/ welches der Himmliſche Prophet Chriſtus auff die Bahn gebracht/ ferner ohne Verdruß/ ohne Schlaff/ alldieweil unſere Seligkeit daran hafftet/ zuhoͤren und zuſehen. Dieſes mal wollen wir allein erzehlen/ von der erſten Cataſtrophe des Gluͤcks/ von den Straff-Flagellen/ Buß-Glocken/ Gewiſſens-Wecker und Zucht-Ruthen/ die Gott gebraucht. Gott erſcheine uns mit dem Liecht des Heiligen Geiſtes/ Amen. GEliebte in Chriſto. Die Geißlen und dero Zweck/ womit der verlohrne Sohn gezuͤchtiget worden/ werden uns fuͤr dieſes mal praͤſentiret. Was nun I. die Flagella Geißlen betrifft/ ſo iſt die erſte Haupt-Geißel und gleichſam der Preß-Reuter Fames, λιμὸς ἰσχυρὸς, die groſſe Theurung durch daſſelbe gantze Land; iſt einer von den vier Reutern/ die Johannes in ſeiner Offenbarung geſehen/ nemlich der ſchwartz-hungerige Reuter/ der eine Waag in der Hand gehabt. Vor dem außgeruffen worden/ ein Maß Weitzen um einen Groſchen/ und drey Maß Gerſten um einen Groſchen. Wird einem ſchwartzen Reuter verglichen/ weil der Hunger ſchwartz machet/ Thren. 4, 8. Das Maß bedeutet ein Gewicht- Maß/ und ſolche Theurung/ da man die Fruͤchten nicht mit Seſtern/ ſon- dern mit Wurtz-Waagen außmeſſet/ und um ein ſtuͤck Brod ein groß Geld geben muß. Dieſer Reuter zog ein in daſſelbige Land/ auß was Ur- ſachen wird nicht gemeldet. Da geriethen alle Victualien in groſſen Auff- ſchlag/ Juncker Wucher wird ſich dapffer dabey getum̃elt und nichts ver- ſaumet haben. Wer damal in Rohren geſeſſen/ der hat Pfeiffen geſchnit- ten. Dieſer hungerige/ magere Reuter hatte nun ſeine unterſchiedliche Ruthen/ damit er auff den verlohrnen Sohn getroffen. 1. Ein laͤhrer Seckel/ dann er hatte alles verzehrt/ der ſaure Schweiß ſeines Vaters war dahin/ es war durch/ was er mit ſich genommen hatte. Waͤre der Seckel noch geſpickt geweßt/ haͤtte er wenig nach der Theurung gefragt/ es haͤtte doch alles muͤſſen vorhanden ſeyn/ es koſte auch was es wolle; aber der laͤhre Seckel that ihm wehe/ er mußte den Cornelium ſpielen. 2. Der Hunger/ ἀυτὸς ἤρξατο ὑςερ ει̃οϑαι, er fieng an zu darben/ er hat nir- gend kein Credit/ keinen Wechſel zu hoffen/ ſeine Lauß-Freunde haben von ihm

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 44. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/62>, abgerufen am 24.11.2024.