Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

Bild:
<< vorherige Seite

Vom Gewalt der Schlüssel.
acht auff euch selbs/ und etc. So wenig/ als wenig man sich zur Zeit gras-
sirender pestilentzialischen Kranckheiten/ oder währender Verfolgung nicht
vorsiehet. Solcher Remedien/ unterschiedlicher Wolffs-Gruben oder
Wolffs-Gärn haben wir bereits droben zwey erklärt/ nemlich die gehei-
me brüderliche Bestraffung/ und Collegialische Züchtigung: Folget
nun in der Ordnung das dritte/ die offentliche Kirchen-Buß.
Wann unser liebste Heyland spricht: Höret er die nicht/ so sage es der
Gemein. Hievon nun in der Forcht des Herrn aufferbaulich zu re-
den/ gebe Gott seines H. Geistes Gnad und Segen/ Amen.

DRey Stücke/ M. L. fallen bey fürhabender Betrachtung der of-
fentlichen Kirchen-Buß zubedencken für/ Objectum, Remedi-
um & Remedii finis,
die Sach/ Mittel und Zweck. Be-
langend nun I. Objectum, die Sach/ womit Kirchen-Buß umgehet/ ist
abermahl contumax injuria, eine Beleidigung mit halsstarriger Uner-
kandtnuß verknüpffet. Da seynd nun zu entscheiden drey unterschiedliche
Arten der Sünden und Aergernüssen; etliche seynd 1. zwar originaliter
privata, sed per contumaciam publica facta,
anfänglich und ursprüng-
lich geheime und sonderliche/ aber durch Hartnäckigkeit offentlich und ge-
mein gemachte Aergernüß. Dieselbe gehören hieher nicht unmittelbar/
sondern mediantibus prioribus gradibus, vermittelst der ersten Graden.
Und wann die andere Censuren nichts verfangen wollen/ so ist noch diese
übrig/ und werden diese Aergernüß wegen der Halsstarrig- und Hart-
näckigkeit den gemeinen offentlichen Aergernussen gleich gehalten. 2.
Seind etliche Malefitz-Laster/ als Ehebruch/ Mord/ Diebstal/ Zau-
berey/ Blut-Schand und dergleichen peinliche Hals-Laster/ bey wel-
chen die Obrigkeit ihres Ampts wahr nimmt/ und dieselbe abstrafft. Da
hat nun die Gradual-Censur kein platz/ dann es zumahl absurd wäre/
mann man mit einem Mörder die gradus fürnehmen wolte. Da ge-
höret eine andere und schärffere Lauge zu/ und hat die Excommunica-
tion
keinen Platz/ sondern das Hencker-Schwerdt; es wäre dann/ wel-
ches selten geschicht/ daß sich der Ubelthäter nicht wolte accommodiren/
seine Sünde nicht gestehen noch bereuen. Darum auch der incestus
und die Blut-Schande/ derer Paulus 1. Cor. 5. gedencket/ vielmehr
mit dem Schwerdt/ als mit dem Bann hätte sollen abgestrafft werden/
wann dama lseine Christliche Obrigkeit wäre fürhanden geweßt.
Jn mangel aber derer/ hat die Kirch nicht mehr thun können/ als sie ge-
than hat. Wann auch noch heutiges tages die Obrigkeit ihr Ampt/

zum

Vom Gewalt der Schluͤſſel.
acht auff euch ſelbs/ und ꝛc. So wenig/ als wenig man ſich zur Zeit graſ-
ſirender peſtilentzialiſchen Kranckheiten/ oder waͤhrender Verfolgung nicht
vorſiehet. Solcher Remedien/ unterſchiedlicher Wolffs-Gruben oder
Wolffs-Gaͤrn haben wir bereits droben zwey erklaͤrt/ nemlich die gehei-
me bruͤderliche Beſtraffung/ und Collegialiſche Zuͤchtigung: Folget
nun in der Ordnung das dritte/ die offentliche Kirchen-Buß.
Wann unſer liebſte Heyland ſpricht: Hoͤret er die nicht/ ſo ſage es der
Gemein. Hievon nun in der Forcht des Herrn aufferbaulich zu re-
den/ gebe Gott ſeines H. Geiſtes Gnad und Segen/ Amen.

DRey Stuͤcke/ M. L. fallen bey fuͤrhabender Betrachtung der of-
fentlichen Kirchen-Buß zubedencken fuͤr/ Objectum, Remedi-
um & Remedii finis,
die Sach/ Mittel und Zweck. Be-
langend nun I. Objectum, die Sach/ womit Kirchen-Buß umgehet/ iſt
abermahl contumax injuria, eine Beleidigung mit halsſtarriger Uner-
kandtnuß verknuͤpffet. Da ſeynd nun zu entſcheiden drey unterſchiedliche
Arten der Suͤnden und Aergernuͤſſen; etliche ſeynd 1. zwar originaliter
privata, ſed per contumaciam publica facta,
anfaͤnglich und urſpruͤng-
lich geheime und ſonderliche/ aber durch Hartnaͤckigkeit offentlich und ge-
mein gemachte Aergernuͤß. Dieſelbe gehoͤren hieher nicht unmittelbar/
ſondern mediantibus prioribus gradibus, vermittelſt der erſten Graden.
Und wann die andere Cenſuren nichts verfangen wollen/ ſo iſt noch dieſe
uͤbrig/ und werden dieſe Aergernuͤß wegen der Halsſtarrig- und Hart-
naͤckigkeit den gemeinen offentlichen Aergernuſſen gleich gehalten. 2.
Seind etliche Malefitz-Laſter/ als Ehebruch/ Mord/ Diebſtal/ Zau-
berey/ Blut-Schand und dergleichen peinliche Hals-Laſter/ bey wel-
chen die Obrigkeit ihres Ampts wahr nim̃t/ und dieſelbe abſtrafft. Da
hat nun die Gradual-Cenſur kein platz/ dann es zumahl abſurd waͤre/
mann man mit einem Moͤrder die gradus fuͤrnehmen wolte. Da ge-
hoͤret eine andere und ſchaͤrffere Lauge zu/ und hat die Excommunica-
tion
keinen Platz/ ſondern das Hencker-Schwerdt; es waͤre dann/ wel-
ches ſelten geſchicht/ daß ſich der Ubelthaͤter nicht wolte accommodiren/
ſeine Suͤnde nicht geſtehen noch bereuen. Darum auch der inceſtus
und die Blut-Schande/ derer Paulus 1. Cor. 5. gedencket/ vielmehr
mit dem Schwerdt/ als mit dem Bann haͤtte ſollen abgeſtrafft werden/
wann dama lseine Chriſtliche Obrigkeit waͤre fuͤrhanden geweßt.
Jn mangel aber derer/ hat die Kirch nicht mehr thun koͤnnen/ als ſie ge-
than hat. Wann auch noch heutiges tages die Obrigkeit ihr Ampt/

zum
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0313" n="295"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Gewalt der Schlu&#x0364;&#x017F;&#x017F;el.</hi></fw><lb/>
acht auff euch &#x017F;elbs/ und &#xA75B;c. So wenig/ als wenig man &#x017F;ich zur Zeit gra&#x017F;-<lb/>
&#x017F;irender pe&#x017F;tilentziali&#x017F;chen Kranckheiten/ oder wa&#x0364;hrender Verfolgung nicht<lb/>
vor&#x017F;iehet. Solcher Remedien/ unter&#x017F;chiedlicher Wolffs-Gruben oder<lb/>
Wolffs-Ga&#x0364;rn haben wir bereits droben zwey erkla&#x0364;rt/ nemlich die gehei-<lb/>
me bru&#x0364;derliche Be&#x017F;traffung/ und Collegiali&#x017F;che Zu&#x0364;chtigung: Folget<lb/>
nun in der Ordnung das dritte/ die offentliche Kirchen-Buß.<lb/>
Wann un&#x017F;er lieb&#x017F;te Heyland &#x017F;pricht: Ho&#x0364;ret er die nicht/ &#x017F;o &#x017F;age es der<lb/>
Gemein. Hievon nun in der Forcht des <hi rendition="#k">Herrn</hi> aufferbaulich zu re-<lb/>
den/ gebe <hi rendition="#k">Go</hi>tt &#x017F;eines H. Gei&#x017F;tes Gnad und Segen/ Amen.</p><lb/>
          <p><hi rendition="#in">D</hi>Rey Stu&#x0364;cke/ M. L. fallen bey fu&#x0364;rhabender Betrachtung der of-<lb/>
fentlichen Kirchen-Buß zubedencken fu&#x0364;r/ <hi rendition="#aq">Objectum, Remedi-<lb/>
um &amp; Remedii finis,</hi> die Sach/ Mittel und Zweck. Be-<lb/>
langend nun <hi rendition="#aq">I. Objectum,</hi> die Sach/ womit Kirchen-Buß umgehet/ i&#x017F;t<lb/>
abermahl <hi rendition="#aq">contumax injuria,</hi> eine Beleidigung mit hals&#x017F;tarriger Uner-<lb/>
kandtnuß verknu&#x0364;pffet. Da &#x017F;eynd nun zu ent&#x017F;cheiden drey unter&#x017F;chiedliche<lb/>
Arten der Su&#x0364;nden und Aergernu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en; etliche &#x017F;eynd 1. zwar <hi rendition="#aq">originaliter<lb/>
privata, &#x017F;ed per contumaciam publica facta,</hi> anfa&#x0364;nglich und ur&#x017F;pru&#x0364;ng-<lb/>
lich geheime und &#x017F;onderliche/ aber durch Hartna&#x0364;ckigkeit offentlich und ge-<lb/>
mein gemachte Aergernu&#x0364;ß. Die&#x017F;elbe geho&#x0364;ren hieher nicht unmittelbar/<lb/>
&#x017F;ondern <hi rendition="#aq">mediantibus prioribus gradibus,</hi> vermittel&#x017F;t der er&#x017F;ten Graden.<lb/>
Und wann die andere Cen&#x017F;uren nichts verfangen wollen/ &#x017F;o i&#x017F;t noch die&#x017F;e<lb/>
u&#x0364;brig/ und werden die&#x017F;e Aergernu&#x0364;ß wegen der Hals&#x017F;tarrig- und Hart-<lb/>
na&#x0364;ckigkeit den gemeinen offentlichen Aergernu&#x017F;&#x017F;en gleich gehalten. 2.<lb/>
Seind etliche Malefitz-La&#x017F;ter/ als Ehebruch/ Mord/ Dieb&#x017F;tal/ Zau-<lb/>
berey/ Blut-Schand und dergleichen peinliche Hals-La&#x017F;ter/ bey wel-<lb/>
chen die Obrigkeit ihres Ampts wahr nim&#x0303;t/ und die&#x017F;elbe ab&#x017F;trafft. Da<lb/>
hat nun die Gradual-Cen&#x017F;ur kein platz/ dann es zumahl <hi rendition="#aq">ab&#x017F;urd</hi> wa&#x0364;re/<lb/>
mann man mit einem Mo&#x0364;rder die <hi rendition="#aq">gradus</hi> fu&#x0364;rnehmen wolte. Da ge-<lb/>
ho&#x0364;ret eine andere und &#x017F;cha&#x0364;rffere Lauge zu/ und hat die <hi rendition="#aq">Excommunica-<lb/>
tion</hi> keinen Platz/ &#x017F;ondern das Hencker-Schwerdt; es wa&#x0364;re dann/ wel-<lb/>
ches &#x017F;elten ge&#x017F;chicht/ daß &#x017F;ich der Ubeltha&#x0364;ter nicht wolte <hi rendition="#aq">accommodi</hi>ren/<lb/>
&#x017F;eine Su&#x0364;nde nicht ge&#x017F;tehen noch bereuen. Darum auch der <hi rendition="#aq">ince&#x017F;tus</hi><lb/>
und die Blut-Schande/ derer Paulus 1. Cor. 5. gedencket/ vielmehr<lb/>
mit dem Schwerdt/ als mit dem Bann ha&#x0364;tte &#x017F;ollen abge&#x017F;trafft werden/<lb/>
wann dama lseine Chri&#x017F;tliche Obrigkeit wa&#x0364;re fu&#x0364;rhanden geweßt.<lb/>
Jn mangel aber derer/ hat die Kirch nicht mehr thun ko&#x0364;nnen/ als &#x017F;ie ge-<lb/>
than hat. Wann auch noch heutiges tages die Obrigkeit ihr Ampt/<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">zum</fw><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[295/0313] Vom Gewalt der Schluͤſſel. acht auff euch ſelbs/ und ꝛc. So wenig/ als wenig man ſich zur Zeit graſ- ſirender peſtilentzialiſchen Kranckheiten/ oder waͤhrender Verfolgung nicht vorſiehet. Solcher Remedien/ unterſchiedlicher Wolffs-Gruben oder Wolffs-Gaͤrn haben wir bereits droben zwey erklaͤrt/ nemlich die gehei- me bruͤderliche Beſtraffung/ und Collegialiſche Zuͤchtigung: Folget nun in der Ordnung das dritte/ die offentliche Kirchen-Buß. Wann unſer liebſte Heyland ſpricht: Hoͤret er die nicht/ ſo ſage es der Gemein. Hievon nun in der Forcht des Herrn aufferbaulich zu re- den/ gebe Gott ſeines H. Geiſtes Gnad und Segen/ Amen. DRey Stuͤcke/ M. L. fallen bey fuͤrhabender Betrachtung der of- fentlichen Kirchen-Buß zubedencken fuͤr/ Objectum, Remedi- um & Remedii finis, die Sach/ Mittel und Zweck. Be- langend nun I. Objectum, die Sach/ womit Kirchen-Buß umgehet/ iſt abermahl contumax injuria, eine Beleidigung mit halsſtarriger Uner- kandtnuß verknuͤpffet. Da ſeynd nun zu entſcheiden drey unterſchiedliche Arten der Suͤnden und Aergernuͤſſen; etliche ſeynd 1. zwar originaliter privata, ſed per contumaciam publica facta, anfaͤnglich und urſpruͤng- lich geheime und ſonderliche/ aber durch Hartnaͤckigkeit offentlich und ge- mein gemachte Aergernuͤß. Dieſelbe gehoͤren hieher nicht unmittelbar/ ſondern mediantibus prioribus gradibus, vermittelſt der erſten Graden. Und wann die andere Cenſuren nichts verfangen wollen/ ſo iſt noch dieſe uͤbrig/ und werden dieſe Aergernuͤß wegen der Halsſtarrig- und Hart- naͤckigkeit den gemeinen offentlichen Aergernuſſen gleich gehalten. 2. Seind etliche Malefitz-Laſter/ als Ehebruch/ Mord/ Diebſtal/ Zau- berey/ Blut-Schand und dergleichen peinliche Hals-Laſter/ bey wel- chen die Obrigkeit ihres Ampts wahr nim̃t/ und dieſelbe abſtrafft. Da hat nun die Gradual-Cenſur kein platz/ dann es zumahl abſurd waͤre/ mann man mit einem Moͤrder die gradus fuͤrnehmen wolte. Da ge- hoͤret eine andere und ſchaͤrffere Lauge zu/ und hat die Excommunica- tion keinen Platz/ ſondern das Hencker-Schwerdt; es waͤre dann/ wel- ches ſelten geſchicht/ daß ſich der Ubelthaͤter nicht wolte accommodiren/ ſeine Suͤnde nicht geſtehen noch bereuen. Darum auch der inceſtus und die Blut-Schande/ derer Paulus 1. Cor. 5. gedencket/ vielmehr mit dem Schwerdt/ als mit dem Bann haͤtte ſollen abgeſtrafft werden/ wann dama lseine Chriſtliche Obrigkeit waͤre fuͤrhanden geweßt. Jn mangel aber derer/ hat die Kirch nicht mehr thun koͤnnen/ als ſie ge- than hat. Wann auch noch heutiges tages die Obrigkeit ihr Ampt/ zum

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/313
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/313>, abgerufen am 24.11.2024.