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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Neunte Predigt
bald. Maluit omnes terrere, quam uni poenitentiae incitamenta dene-
gare,
schreibet Chrysostom. Er hat lieber sie alle erschrecken/ als ei-
nem den Trieb zur Buße verwegern wollen. Non designat
specialia, ne manifeste coargutus impudentior fiat. Mittit crimen in
numerum, ut agat conscius poenitentiam,
spricht Hieronymus. Das ist:
Er zeiget nicht alles sonderlich an/ damit er/ wann Er ihn of-
fentlich straffete/ nicht unverschämter würde. Er redet in den
gantzen Hauffen hinein/ daß der/ so ihm etwas Böses bewußt/
Buße thun solte. Apostoli eum discerpsissent, Petrus interemisset.
Die Apostel hätten ihn zerrissen/ Petrus hätte ihn erwürget.

III. Remedii finis, der Zweck/ Ziel und Absehen. Jst nicht die
Muth-Kühlung/ sondern lucrum animae, Seelen-Gewinn/ du hast
deinen Bruder gewonnen/ sagt unser liebste Heyland. Du hast eine
herrliche und löbliche Victori erhalten/ victoriam pretiosam, du hast ei-
ner Seelen vom Tode geholffen/ einen Bruder vom Tod erlöset/ Jac.
5, 20. Gleich wie Abraham den Loth gewonnen/ und auß der Gefangen-
schafft erlöset/ Gen. 14. Du hast ein Schäfflein/ das Christus so theur
erkaufft/ dem Teuffel auß dem Rachen gezogen. Victoriam justam, ei-
nen gerechten Sieg; Ein mancher dencket/ was gehets mich an/ soll ich
der Katzen die Schell anhencken. Aber/ weil alle Glaubige in Chri-
sto JEsu unserm HErrn/ als Glieder zu einem Leib im H.
Tauff eingeleibet/ Kinder und Erben GOttes und Burger
im Himmel worden seynd/ und auch am ewigen Gut eine Ge-
meinschafft haben/ sollen sie auß wahrer Liebe unter einander
sich vor der Höllen und ewiger Verdamnuß durch Christliche
Zucht behüten/ zum Himmel bringen/ und zum ewigen Leben
fürdern. Victoriam DEO gratam, einen GOtt annehmlichen und
wohlgefälligen Sieg/ als der dich zum Bischoff deines Nächsten ge-
macht. Gleich dem Knecht/ der mit den Gaben/ die ihm Gott vertrauet/
andere gewonnen/ Matth. 25, 20. Victoriam jucundam einen anmuthi-
gen Sieg/ dann du machest auß einem Wolff ein zahmes Schäfflein/
auß dem Feind dir einen Freund. Wie dann offenbahr/ daß die die
besten Freunde werden/ die zuvor auß allerley Mißverstand einander er-
kennen lernen. Victoriam utilem & honestam, einen nutzlichen und
ehrlichen Sieg. Dann was hilffts dich/ wann du gleich die gantze
Welt gewinnest/ Matth. 16, 26. und brächtest unterdeß deinen Nächsten
um seine Seligkeit? Gedencke an Christum/ der sich selbs verläugnet und
alles begeben; an Paulum/ der sich selbst jederman zum Knecht

gemacht/

Die Neunte Predigt
bald. Maluit omnes terrere, quàm uni pœnitentiæ incitamenta dene-
gare,
ſchreibet Chryſoſtom. Er hat lieber ſie alle erſchrecken/ als ei-
nem den Trieb zur Buße verwegern wollen. Non deſignat
ſpecialia, ne manifeſtè coargutus impudentior fiat. Mittit crimen in
numerum, ut agat conſcius pœnitentiam,
ſpricht Hieronymus. Das iſt:
Er zeiget nicht alles ſonderlich an/ damit er/ wann Er ihn of-
fentlich ſtraffete/ nicht unverſchaͤmter wuͤrde. Er redet in den
gantzen Hauffen hinein/ daß der/ ſo ihm etwas Boͤſes bewußt/
Buße thun ſolte. Apoſtoli eum diſcerpſiſſent, Petrus interemiſſet.
Die Apoſtel haͤtten ihn zerriſſen/ Petrus haͤtte ihn erwuͤrget.

III. Remedii finis, der Zweck/ Ziel und Abſehen. Jſt nicht die
Muth-Kuͤhlung/ ſondern lucrum animæ, Seelen-Gewinn/ du haſt
deinen Bruder gewonnen/ ſagt unſer liebſte Heyland. Du haſt eine
herꝛliche und loͤbliche Victori erhalten/ victoriam pretioſam, du haſt ei-
ner Seelen vom Tode geholffen/ einen Bruder vom Tod erloͤſet/ Jac.
5, 20. Gleich wie Abraham den Loth gewonnen/ und auß der Gefangen-
ſchafft erloͤſet/ Gen. 14. Du haſt ein Schaͤfflein/ das Chriſtus ſo theur
erkaufft/ dem Teuffel auß dem Rachen gezogen. Victoriam juſtam, ei-
nen gerechten Sieg; Ein mancher dencket/ was gehets mich an/ ſoll ich
der Katzen die Schell anhencken. Aber/ weil alle Glaubige in Chri-
ſto JEſu unſerm HErꝛn/ als Glieder zu einem Leib im H.
Tauff eingeleibet/ Kinder und Erben GOttes und Burger
im Himmel worden ſeynd/ und auch am ewigen Gut eine Ge-
meinſchafft haben/ ſollen ſie auß wahrer Liebe unter einander
ſich vor der Hoͤllen und ewiger Verdamnuß durch Chriſtliche
Zucht behuͤten/ zum Himmel bringen/ und zum ewigen Leben
fuͤrdern. Victoriam DEO gratam, einen GOtt annehmlichen und
wohlgefaͤlligen Sieg/ als der dich zum Biſchoff deines Naͤchſten ge-
macht. Gleich dem Knecht/ der mit den Gaben/ die ihm Gott vertrauet/
andere gewonnen/ Matth. 25, 20. Victoriam jucundam einen anmuthi-
gen Sieg/ dann du macheſt auß einem Wolff ein zahmes Schaͤfflein/
auß dem Feind dir einen Freund. Wie dann offenbahr/ daß die die
beſten Freunde werden/ die zuvor auß allerley Mißverſtand einander er-
kennen lernen. Victoriam utilem & honeſtam, einen nutzlichen und
ehrlichen Sieg. Dann was hilffts dich/ wann du gleich die gantze
Welt gewinneſt/ Matth. 16, 26. und braͤchteſt unterdeß deinen Naͤchſten
um ſeine Seligkeit? Gedencke an Chriſtum/ der ſich ſelbs verlaͤugnet und
alles begeben; an Paulum/ der ſich ſelbſt jederman zum Knecht

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[282/0300] Die Neunte Predigt bald. Maluit omnes terrere, quàm uni pœnitentiæ incitamenta dene- gare, ſchreibet Chryſoſtom. Er hat lieber ſie alle erſchrecken/ als ei- nem den Trieb zur Buße verwegern wollen. Non deſignat ſpecialia, ne manifeſtè coargutus impudentior fiat. Mittit crimen in numerum, ut agat conſcius pœnitentiam, ſpricht Hieronymus. Das iſt: Er zeiget nicht alles ſonderlich an/ damit er/ wann Er ihn of- fentlich ſtraffete/ nicht unverſchaͤmter wuͤrde. Er redet in den gantzen Hauffen hinein/ daß der/ ſo ihm etwas Boͤſes bewußt/ Buße thun ſolte. Apoſtoli eum diſcerpſiſſent, Petrus interemiſſet. Die Apoſtel haͤtten ihn zerriſſen/ Petrus haͤtte ihn erwuͤrget. III. Remedii finis, der Zweck/ Ziel und Abſehen. Jſt nicht die Muth-Kuͤhlung/ ſondern lucrum animæ, Seelen-Gewinn/ du haſt deinen Bruder gewonnen/ ſagt unſer liebſte Heyland. Du haſt eine herꝛliche und loͤbliche Victori erhalten/ victoriam pretioſam, du haſt ei- ner Seelen vom Tode geholffen/ einen Bruder vom Tod erloͤſet/ Jac. 5, 20. Gleich wie Abraham den Loth gewonnen/ und auß der Gefangen- ſchafft erloͤſet/ Gen. 14. Du haſt ein Schaͤfflein/ das Chriſtus ſo theur erkaufft/ dem Teuffel auß dem Rachen gezogen. Victoriam juſtam, ei- nen gerechten Sieg; Ein mancher dencket/ was gehets mich an/ ſoll ich der Katzen die Schell anhencken. Aber/ weil alle Glaubige in Chri- ſto JEſu unſerm HErꝛn/ als Glieder zu einem Leib im H. Tauff eingeleibet/ Kinder und Erben GOttes und Burger im Himmel worden ſeynd/ und auch am ewigen Gut eine Ge- meinſchafft haben/ ſollen ſie auß wahrer Liebe unter einander ſich vor der Hoͤllen und ewiger Verdamnuß durch Chriſtliche Zucht behuͤten/ zum Himmel bringen/ und zum ewigen Leben fuͤrdern. Victoriam DEO gratam, einen GOtt annehmlichen und wohlgefaͤlligen Sieg/ als der dich zum Biſchoff deines Naͤchſten ge- macht. Gleich dem Knecht/ der mit den Gaben/ die ihm Gott vertrauet/ andere gewonnen/ Matth. 25, 20. Victoriam jucundam einen anmuthi- gen Sieg/ dann du macheſt auß einem Wolff ein zahmes Schaͤfflein/ auß dem Feind dir einen Freund. Wie dann offenbahr/ daß die die beſten Freunde werden/ die zuvor auß allerley Mißverſtand einander er- kennen lernen. Victoriam utilem & honeſtam, einen nutzlichen und ehrlichen Sieg. Dann was hilffts dich/ wann du gleich die gantze Welt gewinneſt/ Matth. 16, 26. und braͤchteſt unterdeß deinen Naͤchſten um ſeine Seligkeit? Gedencke an Chriſtum/ der ſich ſelbs verlaͤugnet und alles begeben; an Paulum/ der ſich ſelbſt jederman zum Knecht gemacht/

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 282. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/300>, abgerufen am 22.11.2024.