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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Achte Predigt
wir alle blind/ und zu den Mißtritten gar geneigt; erzeigt sich aber ein bö-
ses Exempel/ so stossen wir uns gar bald daran/ daß wir einen gefährlichen
Sturtz thun. Scandalum ist ein Geistlicher Brand/ der um sich greifft/
eine Kohl/ die andere anzündet. Scandalum ist anders nichts/ als eine
geistliche Seelen-Pest/ eine schädliche Kranckheit/ ein ansteckender Krätz/
ein weit um sich fressender Krebs/ gleich wie ein einiges räudiges Schaaff
die gantze Heerde räudig machet. Exempel der Aergernuß wider das erste
Gebott/ ist die Verführung Evae durch die listige Schlang/ so sie von Gott
abgezogen/ dergleichen Verführungen heutiges tages noch viel vorgehen.
Es gibt scandala consuetudinaria & gentilitia, ungeachte/ lang geübte/ verzweif-
felt böse Aergernuß/ als das Reisen an vergiffte Ort und angesteckte Lazareth/
da das Reisen und Sprachen fernen zwar recht ist/ aber in indifferentibus, in
Mitteldingen in casu scandali, im Fall der Aergernuß/ und so Gefahr vor-
handen/ solte man sich enthalten. Fleisch essen ist an sich selbst keine Sünde/
so sich aber mein Bruder daran ärgert/ will ich es lieber bleiben lassen/ spricht
Paulus 1. Cor. 8/ 13 Ursach ist/ weil es nicht lär abgehet/ die Babylonische
Hur stellet sich gar devot/ es gibt Atheismos, und Wunden bey zarten Gewis-
sen. Es seind scandala haereditaria, in Pracht/ Fluchen/ Sabbath-Schän-
den/ etc. Scandala domestica, Scholastica, Personalia, Affection zur fremden
Religion/ etc. Da muß das Hertz mit antidotis zuvor wol verwahret seyn/
soll es unangesteckt durchkommen.

Wider das ander Gebott versündiget sich Jerobeam/ der mit seinem Käl-
ber-Dienst und Abgötterey Jsrael sündigen gemacht. Wider das dritte
Gebott Arius mit seinem Schwarm/ alle Kätzereyen und Jrrthum/ so die
Göttliche Warheit verfälschen/ die Gewissen ängstigen/ daß sie auff Zweif-
fel oder Sicherheit sich hinauß schlagen. Wider das vierte Gebott/ alle
Reitzungen/ Gebott/ Gewonheiten/ Gastereyen/ weltliche Ubungen/ Schieß-
Rein/ Armbrust-Rein/ so vom Sabbath abhalten/ seind bannige Laster. Wi-
der das fünffte Gebott/ wann Eltern ihren Kindern/ Praeceptores ihren
Schulern/ Obrigkeit ihren Unterthanen böse Exempel geben. Wann der
Vater am Sontag im Brett spielt/ an statt der Bibel das Kärtel gebrau-
chet/ und das Kind es siehet/ so laßt sichs nimmer berehen/ daß es unrecht
sey. Was die Alten sungen/ das lernen hernach die Jungen. Wider das
sechste Gebott/ wann Hutsch-Weckerlein/ oder einer den andern mit Gewalt
zum Zorn reitzet/ wann Dienstbotten ihrer Herrschafft mit bösen und schnö-
den Worten begegnen/ und damit ihre Hertzen verwunden. Wider das
siebende Gebott/ wann die Moabitische Weiber das Volck zum Opffer la-
den/ zur Unzucht reitzen. Geschicht noch heutiges tages sonderlich durch

ärgerliche

Die Achte Predigt
wir alle blind/ und zu den Mißtritten gar geneigt; erzeigt ſich aber ein boͤ-
ſes Exempel/ ſo ſtoſſen wir uns gar bald daran/ daß wir einen gefaͤhrlichen
Sturtz thun. Scandalum iſt ein Geiſtlicher Brand/ der um ſich greifft/
eine Kohl/ die andere anzuͤndet. Scandalum iſt anders nichts/ als eine
geiſtliche Seelen-Peſt/ eine ſchaͤdliche Kranckheit/ ein anſteckender Kraͤtz/
ein weit um ſich freſſender Krebs/ gleich wie ein einiges raͤudiges Schaaff
die gantze Heerde raͤudig machet. Exempel der Aergernuß wider das erſte
Gebott/ iſt die Verfuͤhrung Evæ durch die liſtige Schlang/ ſo ſie von Gott
abgezogen/ dergleichen Verfuͤhrungen heutiges tages noch viel vorgehen.
Es gibt ſcandala conſuetudinaria & gentilitia, ungeachte/ lang geuͤbte/ verzweif-
felt boͤſe Aergernuß/ als das Reiſen an vergiffte Ort und angeſteckte Lazareth/
da das Reiſen und Sprachen fernen zwar recht iſt/ aber in indifferentibus, in
Mitteldingen in caſu ſcandali, im Fall der Aergernuß/ und ſo Gefahr vor-
handen/ ſolte man ſich enthalten. Fleiſch eſſen iſt an ſich ſelbſt keine Suͤnde/
ſo ſich aber mein Bruder daran aͤrgert/ will ich es lieber bleiben laſſen/ ſpricht
Paulus 1. Cor. 8/ 13 Urſach iſt/ weil es nicht laͤr abgehet/ die Babyloniſche
Hur ſtellet ſich gar devot/ es gibt Atheiſmos, und Wunden bey zarten Gewiſ-
ſen. Es ſeind ſcandala hæreditaria, in Pracht/ Fluchen/ Sabbath-Schaͤn-
den/ ꝛc. Scandala domeſtica, Scholaſtica, Perſonalia, Affection zur fremden
Religion/ ꝛc. Da muß das Hertz mit antidotis zuvor wol verwahret ſeyn/
ſoll es unangeſteckt durchkommen.

Wider das ander Gebott verſuͤndiget ſich Jerobeam/ der mit ſeinem Kaͤl-
ber-Dienſt und Abgoͤtterey Jſrael ſuͤndigen gemacht. Wider das dritte
Gebott Arius mit ſeinem Schwarm/ alle Kaͤtzereyen und Jrꝛthum/ ſo die
Goͤttliche Warheit verfaͤlſchen/ die Gewiſſen aͤngſtigen/ daß ſie auff Zweif-
fel oder Sicherheit ſich hinauß ſchlagen. Wider das vierte Gebott/ alle
Reitzungen/ Gebott/ Gewonheiten/ Gaſtereyen/ weltliche Ubungen/ Schieß-
Rein/ Armbruſt-Rein/ ſo vom Sabbath abhalten/ ſeind bannige Laſter. Wi-
der das fuͤnffte Gebott/ wann Eltern ihren Kindern/ Præceptores ihren
Schulern/ Obrigkeit ihren Unterthanen boͤſe Exempel geben. Wann der
Vater am Sontag im Brett ſpielt/ an ſtatt der Bibel das Kaͤrtel gebrau-
chet/ und das Kind es ſiehet/ ſo laßt ſichs nimmer berehen/ daß es unrecht
ſey. Was die Alten ſungen/ das lernen hernach die Jungen. Wider das
ſechſte Gebott/ wañ Hutſch-Weckerlein/ oder einer den andern mit Gewalt
zum Zorn reitzet/ wann Dienſtbotten ihrer Herꝛſchafft mit boͤſen und ſchnoͤ-
den Worten begegnen/ und damit ihre Hertzen verwunden. Wider das
ſiebende Gebott/ wann die Moabitiſche Weiber das Volck zum Opffer la-
den/ zur Unzucht reitzen. Geſchicht noch heutiges tages ſonderlich durch

aͤrgerliche
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[272/0290] Die Achte Predigt wir alle blind/ und zu den Mißtritten gar geneigt; erzeigt ſich aber ein boͤ- ſes Exempel/ ſo ſtoſſen wir uns gar bald daran/ daß wir einen gefaͤhrlichen Sturtz thun. Scandalum iſt ein Geiſtlicher Brand/ der um ſich greifft/ eine Kohl/ die andere anzuͤndet. Scandalum iſt anders nichts/ als eine geiſtliche Seelen-Peſt/ eine ſchaͤdliche Kranckheit/ ein anſteckender Kraͤtz/ ein weit um ſich freſſender Krebs/ gleich wie ein einiges raͤudiges Schaaff die gantze Heerde raͤudig machet. Exempel der Aergernuß wider das erſte Gebott/ iſt die Verfuͤhrung Evæ durch die liſtige Schlang/ ſo ſie von Gott abgezogen/ dergleichen Verfuͤhrungen heutiges tages noch viel vorgehen. Es gibt ſcandala conſuetudinaria & gentilitia, ungeachte/ lang geuͤbte/ verzweif- felt boͤſe Aergernuß/ als das Reiſen an vergiffte Ort und angeſteckte Lazareth/ da das Reiſen und Sprachen fernen zwar recht iſt/ aber in indifferentibus, in Mitteldingen in caſu ſcandali, im Fall der Aergernuß/ und ſo Gefahr vor- handen/ ſolte man ſich enthalten. Fleiſch eſſen iſt an ſich ſelbſt keine Suͤnde/ ſo ſich aber mein Bruder daran aͤrgert/ will ich es lieber bleiben laſſen/ ſpricht Paulus 1. Cor. 8/ 13 Urſach iſt/ weil es nicht laͤr abgehet/ die Babyloniſche Hur ſtellet ſich gar devot/ es gibt Atheiſmos, und Wunden bey zarten Gewiſ- ſen. Es ſeind ſcandala hæreditaria, in Pracht/ Fluchen/ Sabbath-Schaͤn- den/ ꝛc. Scandala domeſtica, Scholaſtica, Perſonalia, Affection zur fremden Religion/ ꝛc. Da muß das Hertz mit antidotis zuvor wol verwahret ſeyn/ ſoll es unangeſteckt durchkommen. Wider das ander Gebott verſuͤndiget ſich Jerobeam/ der mit ſeinem Kaͤl- ber-Dienſt und Abgoͤtterey Jſrael ſuͤndigen gemacht. Wider das dritte Gebott Arius mit ſeinem Schwarm/ alle Kaͤtzereyen und Jrꝛthum/ ſo die Goͤttliche Warheit verfaͤlſchen/ die Gewiſſen aͤngſtigen/ daß ſie auff Zweif- fel oder Sicherheit ſich hinauß ſchlagen. Wider das vierte Gebott/ alle Reitzungen/ Gebott/ Gewonheiten/ Gaſtereyen/ weltliche Ubungen/ Schieß- Rein/ Armbruſt-Rein/ ſo vom Sabbath abhalten/ ſeind bannige Laſter. Wi- der das fuͤnffte Gebott/ wann Eltern ihren Kindern/ Præceptores ihren Schulern/ Obrigkeit ihren Unterthanen boͤſe Exempel geben. Wann der Vater am Sontag im Brett ſpielt/ an ſtatt der Bibel das Kaͤrtel gebrau- chet/ und das Kind es ſiehet/ ſo laßt ſichs nimmer berehen/ daß es unrecht ſey. Was die Alten ſungen/ das lernen hernach die Jungen. Wider das ſechſte Gebott/ wañ Hutſch-Weckerlein/ oder einer den andern mit Gewalt zum Zorn reitzet/ wann Dienſtbotten ihrer Herꝛſchafft mit boͤſen und ſchnoͤ- den Worten begegnen/ und damit ihre Hertzen verwunden. Wider das ſiebende Gebott/ wann die Moabitiſche Weiber das Volck zum Opffer la- den/ zur Unzucht reitzen. Geſchicht noch heutiges tages ſonderlich durch aͤrgerliche

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 272. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/290>, abgerufen am 22.11.2024.