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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom verlohrnen Sohn.
führeten/ Zöllner und Sünder aber wären Außwerfflinge. Dieselbe nun
zubeschlagen/ führet der Herr diese Parabel ein/ und verstehet unter der
Person des verlohrnen Sohns die bußfertigen Zöllner und Sünder/ um
dero willen Christus in die Welt gekommen; unter der Person des Va-
ters seinen himmlischen Vater/ ja auch sich selbs; unter der Person des
ältern Bruders die Heuchler und Werck-Heiligen/ und ist der gantzen
Parabel Meynung diese: So dieser irdische Vater seines bösen Kinds/
aber bußfertigen Sünders/ sich so hertzlich angenommen. Und (ich frag
euch) wann euerer einem/ die ihr doch so arg und böß seyd/ dergleichen
Hertzenleid begegnet/ würdet ihr auch euere Kinder außschlagen? ich glaub
es nicht; also solt ihr mich auch nicht verdencken/ daß ich mich der armen
Sünder so hertzlich annemme/ als um dero willen ich in die Welt kom-
men bin/ zu suchen/ das verlohren ist. Jhr aber seyd die feindselige Brü-
der des verlohrnen Sohns/ die leidigen Schaden-Fro/ meynet ihr/ der
Himmel seye allein für euch erbauet? nimmermehr. Jst also diese Pa-
rabel in Summa/ ein Commentarius, ein Schlüssel des himmlischen
Vater-Hertzens/ ein Liecht und illuminatio der Göttlichen Verheissung/
Ezech. 18, 31. So wahr ich lebe/ ich begehre nicht den Tod des
Sünders und Gottlosen; Matth. 11. Kommt her zu mir alle/ die
ihr mühselig und beladen seyd/ ich wil euch erauicken; Luc. 5.
Die Gesunden bedörffen keines Artzts/ sondern die Krancken/
ich bin kommen zu ruffen den Sündern zur Buß/ und nicht
den Gerechten. Sie ist eine rechte promulsis und Vorschmack der
Lehr vom Löß- und Bind-Schlüssel.

III. Nucleus, der Kern/ Marck/ Safft und Frucht dieser Parabel
(nam parabolae aliud in medulla habent, aliud in radice pollicentur, ait
Hieron. in cap. 12. Ezech.
die Gleichnüsse haben etwas anders in sich/ als
sie äusserlich bedeuten.) ist/ der höchst-nothwendige Articul unsers
Christlichen Glaubens von der wahren Buß/ und folgender
Rechtfertigung eines armen Sünders für Gott/ (da zugleich mit
einlauffen die Articul vom freyen Willen und dessen Kräfften/ von der
Sünd/ von Gottes Gnad und dero Krafft/ von beyderley Gerechtigkeit des
Gesetzes und Evangelii/) als von welchen Articuln des Glaubens biß dato
außführlich zu handeln/ sich die Gelegenheit nit wollen praesentiren Reimet
sich gar wol hieher/ dieweil wir nächst darauff die Lehr von der Absolution
und excommunication antretten werden/ alles uns zur Lehre und Trost.

IV. Rami, die Aeste an solcher Gleichnuß/ die seind nun die jenige
Stücke/ oder Theile/ in welche sich diese Parabel abtheilet/ und seind dero

sonderlich

Vom verlohrnen Sohn.
fuͤhreten/ Zoͤllner und Suͤnder aber waͤren Außwerfflinge. Dieſelbe nun
zubeſchlagen/ fuͤhret der Herr dieſe Parabel ein/ und verſtehet unter der
Perſon des verlohrnen Sohns die bußfertigen Zoͤllner und Suͤnder/ um
dero willen Chriſtus in die Welt gekommen; unter der Perſon des Va-
ters ſeinen himmliſchen Vater/ ja auch ſich ſelbs; unter der Perſon des
aͤltern Bruders die Heuchler und Werck-Heiligen/ und iſt der gantzen
Parabel Meynung dieſe: So dieſer irdiſche Vater ſeines boͤſen Kinds/
aber bußfertigen Suͤnders/ ſich ſo hertzlich angenommen. Und (ich frag
euch) wann euerer einem/ die ihr doch ſo arg und boͤß ſeyd/ dergleichen
Hertzenleid begegnet/ wuͤrdet ihr auch euere Kinder außſchlagen? ich glaub
es nicht; alſo ſolt ihr mich auch nicht verdencken/ daß ich mich der armen
Suͤnder ſo hertzlich annemme/ als um dero willen ich in die Welt kom-
men bin/ zu ſuchen/ das verlohren iſt. Jhr aber ſeyd die feindſelige Bruͤ-
der des verlohrnen Sohns/ die leidigen Schaden-Fro/ meynet ihr/ der
Himmel ſeye allein fuͤr euch erbauet? nimmermehr. Jſt alſo dieſe Pa-
rabel in Summa/ ein Commentarius, ein Schluͤſſel des himmliſchen
Vater-Hertzens/ ein Liecht und illuminatio der Goͤttlichen Verheiſſung/
Ezech. 18, 31. So wahr ich lebe/ ich begehre nicht den Tod des
Suͤnders und Gottloſen; Matth. 11. Kom̃t her zu mir alle/ die
ihr muͤhſelig und beladen ſeyd/ ich wil euch erauicken; Luc. 5.
Die Geſunden bedoͤrffen keines Artzts/ ſondern die Krancken/
ich bin kommen zu ruffen den Suͤndern zur Buß/ und nicht
den Gerechten. Sie iſt eine rechte promulſis und Vorſchmack der
Lehr vom Loͤß- und Bind-Schluͤſſel.

III. Nucleus, der Kern/ Marck/ Safft und Frucht dieſer Parabel
(nam parabolæ aliud in medulla habent, aliud in radice pollicentur, ait
Hieron. in cap. 12. Ezech.
die Gleichnuͤſſe haben etwas anders in ſich/ als
ſie aͤuſſerlich bedeuten.) iſt/ der hoͤchſt-nothwendige Articul unſers
Chriſtlichen Glaubens von der wahren Buß/ und folgender
Rechtfertigung eines armen Suͤnders fuͤr Gott/ (da zugleich mit
einlauffen die Articul vom freyen Willen und deſſen Kraͤfften/ von der
Suͤnd/ von Gottes Gnad und dero Krafft/ von beyderley Gerechtigkeit des
Geſetzes und Evangelii/) als von welchen Articuln des Glaubens biß dato
außfuͤhrlich zu handeln/ ſich die Gelegenheit nit wollen præſentiren Reimet
ſich gar wol hieher/ dieweil wir naͤchſt darauff die Lehr von der Abſolution
und excommunication antretten werden/ alles uns zur Lehre und Troſt.

IV. Rami, die Aeſte an ſolcher Gleichnuß/ die ſeind nun die jenige
Stuͤcke/ oder Theile/ in welche ſich dieſe Parabel abtheilet/ und ſeind dero

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[7/0025] Vom verlohrnen Sohn. fuͤhreten/ Zoͤllner und Suͤnder aber waͤren Außwerfflinge. Dieſelbe nun zubeſchlagen/ fuͤhret der Herr dieſe Parabel ein/ und verſtehet unter der Perſon des verlohrnen Sohns die bußfertigen Zoͤllner und Suͤnder/ um dero willen Chriſtus in die Welt gekommen; unter der Perſon des Va- ters ſeinen himmliſchen Vater/ ja auch ſich ſelbs; unter der Perſon des aͤltern Bruders die Heuchler und Werck-Heiligen/ und iſt der gantzen Parabel Meynung dieſe: So dieſer irdiſche Vater ſeines boͤſen Kinds/ aber bußfertigen Suͤnders/ ſich ſo hertzlich angenommen. Und (ich frag euch) wann euerer einem/ die ihr doch ſo arg und boͤß ſeyd/ dergleichen Hertzenleid begegnet/ wuͤrdet ihr auch euere Kinder außſchlagen? ich glaub es nicht; alſo ſolt ihr mich auch nicht verdencken/ daß ich mich der armen Suͤnder ſo hertzlich annemme/ als um dero willen ich in die Welt kom- men bin/ zu ſuchen/ das verlohren iſt. Jhr aber ſeyd die feindſelige Bruͤ- der des verlohrnen Sohns/ die leidigen Schaden-Fro/ meynet ihr/ der Himmel ſeye allein fuͤr euch erbauet? nimmermehr. Jſt alſo dieſe Pa- rabel in Summa/ ein Commentarius, ein Schluͤſſel des himmliſchen Vater-Hertzens/ ein Liecht und illuminatio der Goͤttlichen Verheiſſung/ Ezech. 18, 31. So wahr ich lebe/ ich begehre nicht den Tod des Suͤnders und Gottloſen; Matth. 11. Kom̃t her zu mir alle/ die ihr muͤhſelig und beladen ſeyd/ ich wil euch erauicken; Luc. 5. Die Geſunden bedoͤrffen keines Artzts/ ſondern die Krancken/ ich bin kommen zu ruffen den Suͤndern zur Buß/ und nicht den Gerechten. Sie iſt eine rechte promulſis und Vorſchmack der Lehr vom Loͤß- und Bind-Schluͤſſel. III. Nucleus, der Kern/ Marck/ Safft und Frucht dieſer Parabel (nam parabolæ aliud in medulla habent, aliud in radice pollicentur, ait Hieron. in cap. 12. Ezech. die Gleichnuͤſſe haben etwas anders in ſich/ als ſie aͤuſſerlich bedeuten.) iſt/ der hoͤchſt-nothwendige Articul unſers Chriſtlichen Glaubens von der wahren Buß/ und folgender Rechtfertigung eines armen Suͤnders fuͤr Gott/ (da zugleich mit einlauffen die Articul vom freyen Willen und deſſen Kraͤfften/ von der Suͤnd/ von Gottes Gnad und dero Krafft/ von beyderley Gerechtigkeit des Geſetzes und Evangelii/) als von welchen Articuln des Glaubens biß dato außfuͤhrlich zu handeln/ ſich die Gelegenheit nit wollen præſentiren Reimet ſich gar wol hieher/ dieweil wir naͤchſt darauff die Lehr von der Abſolution und excommunication antretten werden/ alles uns zur Lehre und Troſt. IV. Rami, die Aeſte an ſolcher Gleichnuß/ die ſeind nun die jenige Stuͤcke/ oder Theile/ in welche ſich dieſe Parabel abtheilet/ und ſeind dero ſonderlich

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 7. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/25>, abgerufen am 25.11.2024.