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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom Gewalt der Schlüssel.
gurationem, die Vorbildung. Wie Joseph im Gefängnuß mitten un-
ter zween Gefangenen in Außlegung ihrer Träume/ einem den Tod/ dem
andern das Leben/ Absolution und Freyheit angekündet; Also hänget
Christus am Creutz unter zween Ubelthätern/ einem verspricht Er das
Paradiß/ dem andern verkündiget er durch den Schächer die Höll.
5. Manifestationem in tempore die würckliche Darstellung und
Erweisung in der Zeit. Luc. 4/ 21. Heute ist diese Schrifft er-
füllet für eueren Ohren. Matth. 9/ 2. Sey getrost mein Sohn/
deine Sünde seind dir vergeben.

II. Claviger unicus, der einige Schlüssel-Herr. Von Eliakim
wird gesagt: Er habe auffgethan/ und niemand habe zugeschlos-
sen/ er habe zugeschlossen/ und niemand habe auffgethan. Esa.
22/ 22. Hätte er aber den Schlüssel nicht allein gehabt/ hätte nicht von ihm
können gesagt werden: Er schliesset auff/ und niemand schliesset zu/ denn es
hätte ein anderer neben ihm können das Gemach auffschliessen/ das er aller-
erst zugemacht: Also ist Christus auch allein/ niemand soll ihme diese
Ehre nehmen. Jst vor ihm keiner geweßt/ so wird auch nach ihm keiner
seyn. Er schliesset auff mit grossem Pracht/ vorhin wars alles verschlossen/
ante non temporis, sed virtutis, nicht der Zeit/ sonderen der Krafft und
Macht nach. Gleich wie wann ein Bürg caution zugesagt/ auff eine
Person/ so glaubet der creditor, und gehet auff seine Parolen/ wann
schon die Rantzion nicht erlegt: Also seind alle und jede Glaubige und
bußfertige im Alten Testament Krafft des Bluts und Verdienstes Chri-
sti/ von Sünden loß und ledig gesprochen worden/ ob schon Christus
würcklich noch nicht gestorben/ und sein Blut vergossen. GOTT
hats angenommen/ als wann es allbereit geschehen und vollbracht/
als wann die Rantzion würcklich erlegt wäre. Er hat im Himmel
ein Strich im Göttlichen Schuld-Buch durch ihre Sünden gemacht.
Hätten das die blinden Leute im Papstthum verstanden/ würden sie den
Alt-Vättern keinen sonderbaren limbum haben dörffen bauen.

III. Claviger omnipraesens, & adhuc hodie efficax, ein allge-
genwärtiger/ und noch heut zu tag geschäfftiger und thätiger
Schlüssel-Herr. Dann damit niemand gedächte/ es hätte sich Chri-
stus durch die Himmel-Fahrt dieses Schlüssel-Ampts begeben/ denselben
an einen fremden Nagel gehencket/ und seinem vermeinten Stuhl-Erben
Petro die exousian und Vollmacht eingeraumet; So bezeuget er mit gar
nachdencklichen Worten: Wo zween oder drey versamlet seind in

meinem
C c ij

Vom Gewalt der Schluͤſſel.
gurationem, die Vorbildung. Wie Joſeph im Gefaͤngnuß mitten un-
ter zween Gefangenen in Außlegung ihrer Traͤume/ einem den Tod/ dem
andern das Leben/ Abſolution und Freyheit angekuͤndet; Alſo haͤnget
Chriſtus am Creutz unter zween Ubelthaͤtern/ einem verſpricht Er das
Paradiß/ dem andern verkuͤndiget er durch den Schaͤcher die Hoͤll.
5. Manifeſtationem in tempore die wuͤrckliche Darſtellung und
Erweiſung in der Zeit. Luc. 4/ 21. Heute iſt dieſe Schrifft er-
fuͤllet fuͤr eueren Ohren. Matth. 9/ 2. Sey getroſt mein Sohn/
deine Suͤnde ſeind dir vergeben.

II. Claviger unicus, der einige Schluͤſſel-Herꝛ. Von Eliakim
wird geſagt: Er habe auffgethan/ und niemand habe zugeſchloſ-
ſen/ er habe zugeſchloſſen/ und niemand habe auffgethan. Eſa.
22/ 22. Haͤtte er aber den Schluͤſſel nicht allein gehabt/ haͤtte nicht von ihm
koͤnnen geſagt werden: Er ſchlieſſet auff/ und niemand ſchlieſſet zu/ denn es
haͤtte ein anderer neben ihm koͤnnen das Gemach auffſchlieſſen/ das er aller-
erſt zugemacht: Alſo iſt Chriſtus auch allein/ niemand ſoll ihme dieſe
Ehre nehmen. Jſt vor ihm keiner geweßt/ ſo wird auch nach ihm keiner
ſeyn. Er ſchlieſſet auff mit groſſem Pracht/ vorhin wars alles verſchloſſen/
ante non temporis, ſed virtutis, nicht der Zeit/ ſonderen der Krafft und
Macht nach. Gleich wie wann ein Buͤrg caution zugeſagt/ auff eine
Perſon/ ſo glaubet der creditor, und gehet auff ſeine Parolen/ wann
ſchon die Rantzion nicht erlegt: Alſo ſeind alle und jede Glaubige und
bußfertige im Alten Teſtament Krafft des Bluts und Verdienſtes Chri-
ſti/ von Suͤnden loß und ledig geſprochen worden/ ob ſchon Chriſtus
wuͤrcklich noch nicht geſtorben/ und ſein Blut vergoſſen. GOTT
hats angenommen/ als wann es allbereit geſchehen und vollbracht/
als wann die Rantzion wuͤrcklich erlegt waͤre. Er hat im Himmel
ein Strich im Goͤttlichen Schuld-Buch durch ihre Suͤnden gemacht.
Haͤtten das die blinden Leute im Papſtthum verſtanden/ wuͤrden ſie den
Alt-Vaͤttern keinen ſonderbaren limbum haben doͤrffen bauen.

III. Claviger omnipræſens, & adhuc hodie efficax, ein allge-
genwaͤrtiger/ und noch heut zu tag geſchaͤfftiger und thaͤtiger
Schluͤſſel-Herꝛ. Dann damit niemand gedaͤchte/ es haͤtte ſich Chri-
ſtus durch die Himmel-Fahrt dieſes Schluͤſſel-Ampts begeben/ denſelben
an einen fremden Nagel gehencket/ und ſeinem vermeinten Stuhl-Erben
Petro die ἐξουσίαν und Vollmacht eingeraumet; So bezeuget er mit gar
nachdencklichen Worten: Wo zween oder drey verſamlet ſeind in

meinem
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[203/0221] Vom Gewalt der Schluͤſſel. gurationem, die Vorbildung. Wie Joſeph im Gefaͤngnuß mitten un- ter zween Gefangenen in Außlegung ihrer Traͤume/ einem den Tod/ dem andern das Leben/ Abſolution und Freyheit angekuͤndet; Alſo haͤnget Chriſtus am Creutz unter zween Ubelthaͤtern/ einem verſpricht Er das Paradiß/ dem andern verkuͤndiget er durch den Schaͤcher die Hoͤll. 5. Manifeſtationem in tempore die wuͤrckliche Darſtellung und Erweiſung in der Zeit. Luc. 4/ 21. Heute iſt dieſe Schrifft er- fuͤllet fuͤr eueren Ohren. Matth. 9/ 2. Sey getroſt mein Sohn/ deine Suͤnde ſeind dir vergeben. II. Claviger unicus, der einige Schluͤſſel-Herꝛ. Von Eliakim wird geſagt: Er habe auffgethan/ und niemand habe zugeſchloſ- ſen/ er habe zugeſchloſſen/ und niemand habe auffgethan. Eſa. 22/ 22. Haͤtte er aber den Schluͤſſel nicht allein gehabt/ haͤtte nicht von ihm koͤnnen geſagt werden: Er ſchlieſſet auff/ und niemand ſchlieſſet zu/ denn es haͤtte ein anderer neben ihm koͤnnen das Gemach auffſchlieſſen/ das er aller- erſt zugemacht: Alſo iſt Chriſtus auch allein/ niemand ſoll ihme dieſe Ehre nehmen. Jſt vor ihm keiner geweßt/ ſo wird auch nach ihm keiner ſeyn. Er ſchlieſſet auff mit groſſem Pracht/ vorhin wars alles verſchloſſen/ ante non temporis, ſed virtutis, nicht der Zeit/ ſonderen der Krafft und Macht nach. Gleich wie wann ein Buͤrg caution zugeſagt/ auff eine Perſon/ ſo glaubet der creditor, und gehet auff ſeine Parolen/ wann ſchon die Rantzion nicht erlegt: Alſo ſeind alle und jede Glaubige und bußfertige im Alten Teſtament Krafft des Bluts und Verdienſtes Chri- ſti/ von Suͤnden loß und ledig geſprochen worden/ ob ſchon Chriſtus wuͤrcklich noch nicht geſtorben/ und ſein Blut vergoſſen. GOTT hats angenommen/ als wann es allbereit geſchehen und vollbracht/ als wann die Rantzion wuͤrcklich erlegt waͤre. Er hat im Himmel ein Strich im Goͤttlichen Schuld-Buch durch ihre Suͤnden gemacht. Haͤtten das die blinden Leute im Papſtthum verſtanden/ wuͤrden ſie den Alt-Vaͤttern keinen ſonderbaren limbum haben doͤrffen bauen. III. Claviger omnipræſens, & adhuc hodie efficax, ein allge- genwaͤrtiger/ und noch heut zu tag geſchaͤfftiger und thaͤtiger Schluͤſſel-Herꝛ. Dann damit niemand gedaͤchte/ es haͤtte ſich Chri- ſtus durch die Himmel-Fahrt dieſes Schluͤſſel-Ampts begeben/ denſelben an einen fremden Nagel gehencket/ und ſeinem vermeinten Stuhl-Erben Petro die ἐξουσίαν und Vollmacht eingeraumet; So bezeuget er mit gar nachdencklichen Worten: Wo zween oder drey verſamlet ſeind in meinem C c ij

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/221>, abgerufen am 25.11.2024.