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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Vom verlohrnen Sohn.
Jhr Wesen ist verderbet zwar/
Für GOtt ist es ein Greuel gar/
Es thut ihr keiner doch kein Gut.

Billich/ fag ich noch einmal/ stehet dieser Teuffel oben an/ und füh-
ret gleichsam das Regiment/ 1. ob summam subtilitatem, wegen sonder-
licher Verschlagenheit/ er gehet so facht/ so leiße/ daß man ihn nicht
leichtlich mercket/ die andern plumben Abc-Teuffel höret man bald gehen/
der Sauff-Pracht- und Geitz- Teuffel ist gar plumb. 2. ob versutiam,
wegen der Arglistigkeit/ er ist verschlagen/ und so geschwind als keine
Garnwind; er ist ein solcher Gauckler/ der/ wann man ihn zur vorderen
Thürhinauß treibet/ zur Hinderthür in einem andern Habit wieder hinein
schleichet. Bauet man an der andern Taffel/ führet ein äusserlich/ fein/
und ehrbar Leben/ so macht er sich an die erste Taffel/ wie er vor Luthero ge-
than; Bauet man aber an der ersten Taffel/ so gehet er auff die andere/
und suchet/ wie er den Leuthen zukommen möchte. Heutiges tages suchet
ers durch den vermummten Religion-Frieden/ durch seine Syncretisten.
3. ob imitandi artem, wegen künstlicher Nachartung/ er ist ein treff-
licher imitator und Aff der Göttlichen Wercke/ da mans für einander
schwerlich erkennen kan. Der König Hiskias bettet/ und sagt: HErr
gedencke/ wie ich für dir treulich gewandelt habe/ und mit
rechtschaffenem Hertzen/ und habe gethan/ das dir wolgefäl-
let. 2. Reg. 20, 3. der Pharisäer brauchet fast gleichförmige Wort: Jch
dancke dir GOtt/ etc. Luc. 18. die Sünderin/ Luc. 7. küsset den Herrn
Christum/ Judas auch; Zacheus begehret Jesum zu sehen/ Herodes
auch/ aber mit viel anderem Sinn. Ob er nun wohl den Schalck meister-
lich weiß zu verbergen/ und hinder dem Berg zuhalten/ so laßt er doch im-
mer die Klauen sehen. Damit wir nun diesen heiligen Satan recht er-
kennen/ als stellet uns Christus abermal ein lebendiges Exempel für/ an
dem ältern Bruder des verlohrnen Sohns/ und zwar pharisaicam hypo-
crisin,
Pharisäische Heucheley/ und weiset uns auff die rechte ana-
tomiam
und denudation oder Entdeckung des Schaafs-Beltz/ des ge-
tünchten Grabes/ der Jacobs-Stimm/ und der Esaus Hände. Davon
auch dißmal fruchtbarlich zu handlen/ wolle der Vater des Liechts mit sei-
nes H. Geistes Gnade uns mildiglich erscheinen/ Amen.

GEliebte im HErrn: So erzeiget sich nun bey dem Bruder
des verlohrnen Sohns als der Schaaf-Beltz I. bonae intentio-
nis spes,
seine gute Meinung/ er führet einen trefflichen und

lob-
Y iij
Vom verlohrnen Sohn.
Jhr Weſen iſt verderbet zwar/
Fuͤr GOtt iſt es ein Greuel gar/
Es thut ihr keiner doch kein Gut.

Billich/ fag ich noch einmal/ ſtehet dieſer Teuffel oben an/ und fuͤh-
ret gleichſam das Regiment/ 1. ob ſummam ſubtilitatem, wegen ſonder-
licher Verſchlagenheit/ er gehet ſo facht/ ſo leiße/ daß man ihn nicht
leichtlich mercket/ die andern plumben Abc-Teuffel hoͤret man bald gehen/
der Sauff-Pracht- und Geitz- Teuffel iſt gar plumb. 2. ob verſutiam,
wegen der Argliſtigkeit/ er iſt verſchlagen/ und ſo geſchwind als keine
Garnwind; er iſt ein ſolcher Gauckler/ der/ wann man ihn zur vorderen
Thuͤrhinauß treibet/ zur Hinderthuͤr in einem andern Habit wieder hinein
ſchleichet. Bauet man an der andern Taffel/ fuͤhret ein aͤuſſerlich/ fein/
und ehrbar Leben/ ſo macht er ſich an die erſte Taffel/ wie er vor Luthero ge-
than; Bauet man aber an der erſten Taffel/ ſo gehet er auff die andere/
und ſuchet/ wie er den Leuthen zukommen moͤchte. Heutiges tages ſuchet
ers durch den vermummten Religion-Frieden/ durch ſeine Syncretiſten.
3. ob imitandi artem, wegen kuͤnſtlicher Nachartung/ er iſt ein treff-
licher imitator und Aff der Goͤttlichen Wercke/ da mans fuͤr einander
ſchwerlich erkennen kan. Der Koͤnig Hiskias bettet/ und ſagt: HErꝛ
gedencke/ wie ich fuͤr dir treulich gewandelt habe/ und mit
rechtſchaffenem Hertzen/ und habe gethan/ das dir wolgefaͤl-
let. 2. Reg. 20, 3. der Phariſaͤer brauchet faſt gleichfoͤrmige Wort: Jch
dancke dir GOtt/ ꝛc. Luc. 18. die Suͤnderin/ Luc. 7. kuͤſſet den Herrn
Chriſtum/ Judas auch; Zacheus begehret Jeſum zu ſehen/ Herodes
auch/ aber mit viel anderem Sinn. Ob er nun wohl den Schalck meiſter-
lich weiß zu verbergen/ und hinder dem Berg zuhalten/ ſo laßt er doch im-
mer die Klauen ſehen. Damit wir nun dieſen heiligen Satan recht er-
kennen/ als ſtellet uns Chriſtus abermal ein lebendiges Exempel fuͤr/ an
dem aͤltern Bruder des verlohrnen Sohns/ und zwar phariſaicam hypo-
criſin,
Phariſaͤiſche Heucheley/ und weiſet uns auff die rechte ana-
tomiam
und denudation oder Entdeckung des Schaafs-Beltz/ des ge-
tuͤnchten Grabes/ der Jacobs-Stimm/ und der Eſaus Haͤnde. Davon
auch dißmal fruchtbarlich zu handlen/ wolle der Vater des Liechts mit ſei-
nes H. Geiſtes Gnade uns mildiglich erſcheinen/ Amen.

GEliebte im HErꝛn: So erzeiget ſich nun bey dem Bruder
des verlohrnen Sohns als der Schaaf-Beltz I. bonæ intentio-
nis ſpes,
ſeine gute Meinung/ er fuͤhret einen trefflichen und

lob-
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[173/0191] Vom verlohrnen Sohn. Jhr Weſen iſt verderbet zwar/ Fuͤr GOtt iſt es ein Greuel gar/ Es thut ihr keiner doch kein Gut. Billich/ fag ich noch einmal/ ſtehet dieſer Teuffel oben an/ und fuͤh- ret gleichſam das Regiment/ 1. ob ſummam ſubtilitatem, wegen ſonder- licher Verſchlagenheit/ er gehet ſo facht/ ſo leiße/ daß man ihn nicht leichtlich mercket/ die andern plumben Abc-Teuffel hoͤret man bald gehen/ der Sauff-Pracht- und Geitz- Teuffel iſt gar plumb. 2. ob verſutiam, wegen der Argliſtigkeit/ er iſt verſchlagen/ und ſo geſchwind als keine Garnwind; er iſt ein ſolcher Gauckler/ der/ wann man ihn zur vorderen Thuͤrhinauß treibet/ zur Hinderthuͤr in einem andern Habit wieder hinein ſchleichet. Bauet man an der andern Taffel/ fuͤhret ein aͤuſſerlich/ fein/ und ehrbar Leben/ ſo macht er ſich an die erſte Taffel/ wie er vor Luthero ge- than; Bauet man aber an der erſten Taffel/ ſo gehet er auff die andere/ und ſuchet/ wie er den Leuthen zukommen moͤchte. Heutiges tages ſuchet ers durch den vermummten Religion-Frieden/ durch ſeine Syncretiſten. 3. ob imitandi artem, wegen kuͤnſtlicher Nachartung/ er iſt ein treff- licher imitator und Aff der Goͤttlichen Wercke/ da mans fuͤr einander ſchwerlich erkennen kan. Der Koͤnig Hiskias bettet/ und ſagt: HErꝛ gedencke/ wie ich fuͤr dir treulich gewandelt habe/ und mit rechtſchaffenem Hertzen/ und habe gethan/ das dir wolgefaͤl- let. 2. Reg. 20, 3. der Phariſaͤer brauchet faſt gleichfoͤrmige Wort: Jch dancke dir GOtt/ ꝛc. Luc. 18. die Suͤnderin/ Luc. 7. kuͤſſet den Herrn Chriſtum/ Judas auch; Zacheus begehret Jeſum zu ſehen/ Herodes auch/ aber mit viel anderem Sinn. Ob er nun wohl den Schalck meiſter- lich weiß zu verbergen/ und hinder dem Berg zuhalten/ ſo laßt er doch im- mer die Klauen ſehen. Damit wir nun dieſen heiligen Satan recht er- kennen/ als ſtellet uns Chriſtus abermal ein lebendiges Exempel fuͤr/ an dem aͤltern Bruder des verlohrnen Sohns/ und zwar phariſaicam hypo- criſin, Phariſaͤiſche Heucheley/ und weiſet uns auff die rechte ana- tomiam und denudation oder Entdeckung des Schaafs-Beltz/ des ge- tuͤnchten Grabes/ der Jacobs-Stimm/ und der Eſaus Haͤnde. Davon auch dißmal fruchtbarlich zu handlen/ wolle der Vater des Liechts mit ſei- nes H. Geiſtes Gnade uns mildiglich erſcheinen/ Amen. GEliebte im HErꝛn: So erzeiget ſich nun bey dem Bruder des verlohrnen Sohns als der Schaaf-Beltz I. bonæ intentio- nis ſpes, ſeine gute Meinung/ er fuͤhret einen trefflichen und lob- Y iij

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 173. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/191>, abgerufen am 19.05.2024.