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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673.

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Die Fünffzehende Predigt
Aber GOtt sey Danck/ der auß uns als Gästen und Fremd-
lingen/ Bürger mit den Heiligen/ und GOttes Haußgenos-
sen gemacht/ Eph. 2. Daß wir wieder angenehme Gnaden-Kinder
und Erben GOttes worden seynd. Wann derowegen ein Prediger
sagt: so verkündige ich euch Vergebung aller euerer Sünden/ etc. ist es
eben so viel/ als wann ein Hirt sein verlohrenes und verirrtes Schäfflein
durch die Evangelische Lock-Pfeiffe wieder zur Heerde lockete; oder als
spreche er: stehet auff ihr todte und verlohrne/ wachet auff/ die ihr schlaffet/
auff daß euch JEsus Christus erleuchte/ Eph. 5. v. 14.

Sehet/ M. L. das ist Justificatio Evangelica, die Evangelische
Rechtfertigung/ ist nicht actus physicus per infusionem, eine natür-
liche Handlung/ die durch eine Eingiessung verrichtet wird/ sondern
eine solche Handlung der Göttlichen Barmhertzigkeit/ da ein reuender
und glaubiger Sünder/ der bloß und arm/ von dem Thron der Göttlichen
Gerechtigkeit appelliert an den Gnaden-Thron Christum/ sich im Glau-
ben auffmacht/ und auff GOttes Eydfeste Verheissung fusset/ gehet
hin zu der H. Absolution/ thut seine Confession und Beicht/ und em-
pfähet alsdann durch den Mund und Hand des Dieners stolam
justitiae,
den Rock der Gerechtigkeit Christi/ das Kleid des Heyls/
den Ring und Pfand des H. Geistes/ die Schuh der Freyheit/ und
geneußt des Leibes und Blutes des geschlachteten Lämleins JEsu
Christi; Alles GOtt im Himmel und den H. Englen zur Freude.
Da wird der Mensch auß dem Stand des Todes ins Leben/ auß dem
Fluch in den Segen/ auß dem Rachen der Höllen in den Gnaden-
Schoß GOttes/ auß der Jrr und Exilio ins Paradiß versetzet/ ein
Kind und Erbe des ewigen Lebens/ und mit GOtt unverzüglich auß
Gnaden/ gantz vollkommen außgesöhnet. Das ist die bessere/ Geheim-
nuß-reiche Gerechtigkeit/ die allein im Glauben muß ergriffen werden/
das fröliche Sions-Evangelium/ und die gute Bottschafft von dem Alle-
mans-Heyden-Trost.

Welches/ wie wir es nicht mißbrauchen sollen wider die weltliche
Rechts-Ordnung/ dann da folget gar nicht/ es ist vor GOtt verziehen/
darum darffs die Obrigkeit nicht straffen/ andern zum Exempel und Ab-
scheu; der Schächer am Creutz hat die Absolution von Christo selbs em-
pfangen/ die politische Straff aber wurde darum nicht auffgehoben/ Ev-
angelium non abolet politias,
das Evangelium hebt das weltliche Recht
nicht auff. Also haben wirs entgegen zu setzen I. Cacangelio Papistico,
der Päpstischen Gerechtigkeit/ die ihre eigene Genugthuung/ Bus-

sen

Die Fuͤnffzehende Predigt
Aber GOtt ſey Danck/ der auß uns als Gaͤſten und Fremd-
lingen/ Buͤrger mit den Heiligen/ und GOttes Haußgenoſ-
ſen gemacht/ Eph. 2. Daß wir wieder angenehme Gnaden-Kinder
und Erben GOttes worden ſeynd. Wann derowegen ein Prediger
ſagt: ſo verkuͤndige ich euch Vergebung aller euerer Suͤnden/ ꝛc. iſt es
eben ſo viel/ als wann ein Hirt ſein verlohrenes und verirꝛtes Schaͤfflein
durch die Evangeliſche Lock-Pfeiffe wieder zur Heerde lockete; oder als
ſpreche er: ſtehet auff ihr todte und verlohrne/ wachet auff/ die ihr ſchlaffet/
auff daß euch JEſus Chriſtus erleuchte/ Eph. 5. v. 14.

Sehet/ M. L. das iſt Juſtificatio Evangelica, die Evangeliſche
Rechtfertigung/ iſt nicht actus phyſicus per infuſionem, eine natuͤr-
liche Handlung/ die durch eine Eingieſſung verrichtet wird/ ſondern
eine ſolche Handlung der Goͤttlichen Barmhertzigkeit/ da ein reuender
und glaubiger Suͤnder/ der bloß und arm/ von dem Thron der Goͤttlichen
Gerechtigkeit appelliert an den Gnaden-Thron Chriſtum/ ſich im Glau-
ben auffmacht/ und auff GOttes Eydfeſte Verheiſſung fuſſet/ gehet
hin zu der H. Abſolution/ thut ſeine Confeſſion und Beicht/ und em-
pfaͤhet alsdann durch den Mund und Hand des Dieners ſtolam
juſtitiæ,
den Rock der Gerechtigkeit Chriſti/ das Kleid des Heyls/
den Ring und Pfand des H. Geiſtes/ die Schuh der Freyheit/ und
geneußt des Leibes und Blutes des geſchlachteten Laͤmleins JEſu
Chriſti; Alles GOtt im Himmel und den H. Englen zur Freude.
Da wird der Menſch auß dem Stand des Todes ins Leben/ auß dem
Fluch in den Segen/ auß dem Rachen der Hoͤllen in den Gnaden-
Schoß GOttes/ auß der Jrꝛ und Exilio ins Paradiß verſetzet/ ein
Kind und Erbe des ewigen Lebens/ und mit GOtt unverzuͤglich auß
Gnaden/ gantz vollkommen außgeſoͤhnet. Das iſt die beſſere/ Geheim-
nuß-reiche Gerechtigkeit/ die allein im Glauben muß ergriffen werden/
das froͤliche Sions-Evangelium/ und die gute Bottſchafft von dem Alle-
mans-Heyden-Troſt.

Welches/ wie wir es nicht mißbrauchen ſollen wider die weltliche
Rechts-Ordnung/ dann da folget gar nicht/ es iſt vor GOtt verziehen/
darum darffs die Obrigkeit nicht ſtraffen/ andern zum Exempel und Ab-
ſcheu; der Schaͤcher am Creutz hat die Abſolution von Chriſto ſelbs em-
pfangen/ die politiſche Straff aber wurde darum nicht auffgehoben/ Ev-
angelium non abolet politias,
das Evangelium hebt das weltliche Recht
nicht auff. Alſo haben wirs entgegen zu ſetzen I. Cacangelio Papiſtico,
der Paͤpſtiſchen Gerechtigkeit/ die ihre eigene Genugthuung/ Buſ-

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[132/0150] Die Fuͤnffzehende Predigt Aber GOtt ſey Danck/ der auß uns als Gaͤſten und Fremd- lingen/ Buͤrger mit den Heiligen/ und GOttes Haußgenoſ- ſen gemacht/ Eph. 2. Daß wir wieder angenehme Gnaden-Kinder und Erben GOttes worden ſeynd. Wann derowegen ein Prediger ſagt: ſo verkuͤndige ich euch Vergebung aller euerer Suͤnden/ ꝛc. iſt es eben ſo viel/ als wann ein Hirt ſein verlohrenes und verirꝛtes Schaͤfflein durch die Evangeliſche Lock-Pfeiffe wieder zur Heerde lockete; oder als ſpreche er: ſtehet auff ihr todte und verlohrne/ wachet auff/ die ihr ſchlaffet/ auff daß euch JEſus Chriſtus erleuchte/ Eph. 5. v. 14. Sehet/ M. L. das iſt Juſtificatio Evangelica, die Evangeliſche Rechtfertigung/ iſt nicht actus phyſicus per infuſionem, eine natuͤr- liche Handlung/ die durch eine Eingieſſung verrichtet wird/ ſondern eine ſolche Handlung der Goͤttlichen Barmhertzigkeit/ da ein reuender und glaubiger Suͤnder/ der bloß und arm/ von dem Thron der Goͤttlichen Gerechtigkeit appelliert an den Gnaden-Thron Chriſtum/ ſich im Glau- ben auffmacht/ und auff GOttes Eydfeſte Verheiſſung fuſſet/ gehet hin zu der H. Abſolution/ thut ſeine Confeſſion und Beicht/ und em- pfaͤhet alsdann durch den Mund und Hand des Dieners ſtolam juſtitiæ, den Rock der Gerechtigkeit Chriſti/ das Kleid des Heyls/ den Ring und Pfand des H. Geiſtes/ die Schuh der Freyheit/ und geneußt des Leibes und Blutes des geſchlachteten Laͤmleins JEſu Chriſti; Alles GOtt im Himmel und den H. Englen zur Freude. Da wird der Menſch auß dem Stand des Todes ins Leben/ auß dem Fluch in den Segen/ auß dem Rachen der Hoͤllen in den Gnaden- Schoß GOttes/ auß der Jrꝛ und Exilio ins Paradiß verſetzet/ ein Kind und Erbe des ewigen Lebens/ und mit GOtt unverzuͤglich auß Gnaden/ gantz vollkommen außgeſoͤhnet. Das iſt die beſſere/ Geheim- nuß-reiche Gerechtigkeit/ die allein im Glauben muß ergriffen werden/ das froͤliche Sions-Evangelium/ und die gute Bottſchafft von dem Alle- mans-Heyden-Troſt. Welches/ wie wir es nicht mißbrauchen ſollen wider die weltliche Rechts-Ordnung/ dann da folget gar nicht/ es iſt vor GOtt verziehen/ darum darffs die Obrigkeit nicht ſtraffen/ andern zum Exempel und Ab- ſcheu; der Schaͤcher am Creutz hat die Abſolution von Chriſto ſelbs em- pfangen/ die politiſche Straff aber wurde darum nicht auffgehoben/ Ev- angelium non abolet politias, das Evangelium hebt das weltliche Recht nicht auff. Alſo haben wirs entgegen zu ſetzen I. Cacangelio Papiſtico, der Paͤpſtiſchen Gerechtigkeit/ die ihre eigene Genugthuung/ Buſ- ſen

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus Milch. Bd. 10. Straßburg, 1673, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus10_1673/150>, abgerufen am 22.11.2024.