Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

Bild:
<< vorherige Seite

Predigt.
Eiffer! O übel gethan! wil der Herr sagen. Von Rechtswegen
gehöret dieses Schaaf in Stall/ weil es durch die rechte und echte Thür
eingegangen/ ihr Phariseer aber die ihr wie die Sodomiten verblendet/
und die Thür nicht finden könnet/ steigt anderswo hinein/ durch unge-
weyhete Thüren und Thor/ da ihr selbst einbrecht/ ihr gehöret hinauß/
als Dieb und Mörder/ als Wölff und Unthier. Jst also die Quaestio
an sit?
außgemacht und erörtert.

Tis? Wer ist aber dieselbe Thür zum Schaaf-Stall? Wo finden
wir dieselbe? Da darff es nicht viel divinirens/ fragens und rathens/
der Mund und Grund aller Warheit tritt selbst auff/ sagt klar und dürr
herauß/ und bekräfftigets mit einem zweyfachen Warlich: Jch bin die
rechte/ himmlische/ guldene Glücks-Port/ wer durch mich eingehet/ der
wird selig werden/ gleich wie ich zugleich der Priester und das Opffer
bin/ im H. Abendmal zugleich die Speiß und der Gastgeb/ der Hertzog
deß Lebens/ der Hodegeta und Wegweiser/ und zugleich der Weg/ die
Warheit und das Leben: Also bin ich zugleich Hirt und Thor. Und
damit niemand zu zweiffeln Anlaß bekommen/ damit nicht die Phariseer
einwenden möchten: Tu es testis de domo, propria laus sordet, dein
Zeugnüß ist nicht wahr/ dann du zeugest von dir selbst. Joh. VIII, 13.
so weißt Er sie anders wohin/ in die heilige Schrifft/ darin werdet ihr
meine Weihe/ und dero satten Beweiß gnug finden/ und erkennen/ daß
ich nicht liege/ gleichwie das Thor deß Sanctuarii und Heiligthums mit
Opffer und Gebet geweihet worden. Nehem, III, 1. Also bin ich auch
durch das Wort der Propheten und dero Weissagung versigelt und
consecrirt worden. Sonderlich bey dem Propheten Esaia c. LIV, 12.
Da der Prophet gezeuget von einem Bau/ so in den Zeiten deß N. Testa-
ments/ und Erscheinung deß Messiä soll auffgerichtet werden/ daß des-
selben Thür mit Edelgesteinen und Rubin solle versetzet werden/ was sind
das anders/ als die Gaben des Geistes/ damit Christus ohne maß ist ge-
salbet worden/ die sich unvergleichlich augenscheinlich erzeigt in Worten
und Thaten. Esa. LX, 11. wird gedacht eines immer offenen Thors.
Deine Thor sollen stets offen stehen/ weder Tag noch Nacht
zugeschlossen werden/ daß der Heyden Macht zu dir gebracht/
und ihre Könige herzu geführet werden.
Das alte Kirch-Thor
mußte beschlossen bleiben/ der Fürhang war für dem Allerheiligsten;
aber jetzt alles Angel-weit offen/ die Schiedwand ist abgethan/ und al-
lenthalben Paß und Platz. Was ist das anders/ als das Mysterium

von
K ij

Predigt.
Eiffer! O uͤbel gethan! wil der Herr ſagen. Von Rechtswegen
gehoͤret dieſes Schaaf in Stall/ weil es durch die rechte und echte Thuͤr
eingegangen/ ihr Phariſeer aber die ihr wie die Sodomiten verblendet/
und die Thuͤr nicht finden koͤnnet/ ſteigt anderswo hinein/ durch unge-
weyhete Thuͤren und Thor/ da ihr ſelbſt einbrecht/ ihr gehoͤret hinauß/
als Dieb und Moͤrder/ als Woͤlff und Unthier. Jſt alſo die Quæſtio
an ſit?
außgemacht und eroͤrtert.

Τίς? Wer iſt aber dieſelbe Thuͤr zum Schaaf-Stall? Wo finden
wir dieſelbe? Da darff es nicht viel divinirens/ fragens und rathens/
der Mund und Grund aller Warheit tritt ſelbſt auff/ ſagt klar und duͤrꝛ
herauß/ und bekraͤfftigets mit einem zweyfachen Warlich: Jch bin die
rechte/ himmliſche/ guldene Gluͤcks-Port/ wer durch mich eingehet/ der
wird ſelig werden/ gleich wie ich zugleich der Prieſter und das Opffer
bin/ im H. Abendmal zugleich die Speiß und der Gaſtgeb/ der Hertzog
deß Lebens/ der Hodegeta und Wegweiſer/ und zugleich der Weg/ die
Warheit und das Leben: Alſo bin ich zugleich Hirt und Thor. Und
damit niemand zu zweiffeln Anlaß bekommen/ damit nicht die Phariſeer
einwenden moͤchten: Tu es teſtis de domo, propria laus ſordet, dein
Zeugnuͤß iſt nicht wahr/ dann du zeugeſt von dir ſelbſt. Joh. VIII, 13.
ſo weißt Er ſie anders wohin/ in die heilige Schrifft/ darin werdet ihr
meine Weihe/ und dero ſatten Beweiß gnug finden/ und erkennen/ daß
ich nicht liege/ gleichwie das Thor deß Sanctuarii und Heiligthums mit
Opffer und Gebet geweihet worden. Nehem, III, 1. Alſo bin ich auch
durch das Wort der Propheten und dero Weiſſagung verſigelt und
conſecrirt worden. Sonderlich bey dem Propheten Eſaia c. LIV, 12.
Da der Prophet gezeuget von einem Bau/ ſo in den Zeiten deß N. Teſta-
ments/ und Erſcheinung deß Meſſiaͤ ſoll auffgerichtet werden/ daß deſ-
ſelben Thuͤr mit Edelgeſteinen und Rubin ſolle verſetzet werden/ was ſind
das anders/ als die Gaben des Geiſtes/ damit Chriſtus ohne maß iſt ge-
ſalbet worden/ die ſich unvergleichlich augenſcheinlich erzeigt in Worten
und Thaten. Eſa. LX, 11. wird gedacht eines immer offenen Thors.
Deine Thor ſollen ſtets offen ſtehen/ weder Tag noch Nacht
zugeſchloſſen werden/ daß der Heyden Macht zu dir gebracht/
und ihre Koͤnige herzu gefuͤhret werden.
Das alte Kirch-Thor
mußte beſchloſſen bleiben/ der Fuͤrhang war fuͤr dem Allerheiligſten;
aber jetzt alles Angel-weit offen/ die Schiedwand iſt abgethan/ und al-
lenthalben Paß und Platz. Was iſt das anders/ als das Myſterium

von
K ij
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0095" n="75"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Predigt.</hi></fw><lb/>
Eiffer! O u&#x0364;bel gethan! wil der <hi rendition="#k">Herr</hi> &#x017F;agen. Von Rechtswegen<lb/>
geho&#x0364;ret die&#x017F;es Schaaf in Stall/ weil es durch die rechte und echte Thu&#x0364;r<lb/>
eingegangen/ ihr Phari&#x017F;eer aber die ihr wie die Sodomiten verblendet/<lb/>
und die Thu&#x0364;r nicht finden ko&#x0364;nnet/ &#x017F;teigt anderswo hinein/ durch unge-<lb/>
weyhete Thu&#x0364;ren und Thor/ da ihr &#x017F;elb&#x017F;t einbrecht/ ihr geho&#x0364;ret hinauß/<lb/>
als Dieb und Mo&#x0364;rder/ als Wo&#x0364;lff und Unthier. J&#x017F;t al&#x017F;o die <hi rendition="#aq">Quæ&#x017F;tio<lb/>
an &#x017F;it?</hi> außgemacht und ero&#x0364;rtert.</p><lb/>
        <p>&#x03A4;&#x03AF;&#x03C2;? Wer i&#x017F;t aber die&#x017F;elbe Thu&#x0364;r zum Schaaf-Stall? Wo finden<lb/>
wir die&#x017F;elbe? Da darff es nicht viel <hi rendition="#aq">divini</hi>rens/ fragens und rathens/<lb/>
der Mund und Grund aller Warheit tritt &#x017F;elb&#x017F;t auff/ &#x017F;agt klar und du&#x0364;r&#xA75B;<lb/>
herauß/ und bekra&#x0364;fftigets mit einem zweyfachen Warlich: Jch bin die<lb/>
rechte/ himmli&#x017F;che/ guldene Glu&#x0364;cks-Port/ wer durch mich eingehet/ der<lb/>
wird &#x017F;elig werden/ gleich wie ich zugleich der Prie&#x017F;ter und das Opffer<lb/>
bin/ im H. Abendmal zugleich die Speiß und der Ga&#x017F;tgeb/ der Hertzog<lb/>
deß Lebens/ der <hi rendition="#aq">Hodegeta</hi> und Wegwei&#x017F;er/ und zugleich der Weg/ die<lb/>
Warheit und das Leben: Al&#x017F;o bin ich zugleich Hirt und Thor. Und<lb/>
damit niemand zu zweiffeln Anlaß bekommen/ damit nicht die Phari&#x017F;eer<lb/>
einwenden mo&#x0364;chten: <hi rendition="#aq">Tu es te&#x017F;tis de domo, propria laus &#x017F;ordet,</hi> dein<lb/>
Zeugnu&#x0364;ß i&#x017F;t nicht wahr/ dann du zeuge&#x017F;t von dir &#x017F;elb&#x017F;t. <hi rendition="#aq">Joh. VIII, 13.</hi><lb/>
&#x017F;o weißt Er &#x017F;ie anders wohin/ in die heilige Schrifft/ darin werdet ihr<lb/>
meine Weihe/ und dero &#x017F;atten Beweiß gnug finden/ und erkennen/ daß<lb/>
ich nicht liege/ gleichwie das Thor deß <hi rendition="#aq">Sanctuarii</hi> und Heiligthums mit<lb/>
Opffer und Gebet geweihet worden. <hi rendition="#aq">Nehem, III, 1.</hi> Al&#x017F;o bin ich auch<lb/>
durch das Wort der Propheten und dero Wei&#x017F;&#x017F;agung ver&#x017F;igelt und<lb/><hi rendition="#aq">con&#x017F;ecr</hi>irt worden. Sonderlich bey dem Propheten <hi rendition="#aq">E&#x017F;aia c. LIV, 12.</hi><lb/>
Da der Prophet gezeuget von einem Bau/ &#x017F;o in den Zeiten deß N. Te&#x017F;ta-<lb/>
ments/ und Er&#x017F;cheinung deß Me&#x017F;&#x017F;ia&#x0364; &#x017F;oll auffgerichtet werden/ daß de&#x017F;-<lb/>
&#x017F;elben Thu&#x0364;r mit Edelge&#x017F;teinen und Rubin &#x017F;olle ver&#x017F;etzet werden/ was &#x017F;ind<lb/>
das anders/ als die Gaben des Gei&#x017F;tes/ damit Chri&#x017F;tus ohne maß i&#x017F;t ge-<lb/>
&#x017F;albet worden/ die &#x017F;ich unvergleichlich augen&#x017F;cheinlich erzeigt in Worten<lb/>
und Thaten. <hi rendition="#aq">E&#x017F;a. LX, 11.</hi> wird gedacht eines immer offenen Thors.<lb/><hi rendition="#fr">Deine Thor &#x017F;ollen &#x017F;tets offen &#x017F;tehen/ weder Tag noch Nacht<lb/>
zuge&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en werden/ daß der Heyden Macht zu dir gebracht/<lb/>
und ihre Ko&#x0364;nige herzu gefu&#x0364;hret werden.</hi> Das alte Kirch-Thor<lb/>
mußte be&#x017F;chlo&#x017F;&#x017F;en bleiben/ der Fu&#x0364;rhang war fu&#x0364;r dem Allerheilig&#x017F;ten;<lb/>
aber jetzt alles Angel-weit offen/ die Schiedwand i&#x017F;t abgethan/ und al-<lb/>
lenthalben Paß und Platz. Was i&#x017F;t das anders/ als das <hi rendition="#aq">My&#x017F;terium</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">K ij</fw><fw place="bottom" type="catch">von</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[75/0095] Predigt. Eiffer! O uͤbel gethan! wil der Herr ſagen. Von Rechtswegen gehoͤret dieſes Schaaf in Stall/ weil es durch die rechte und echte Thuͤr eingegangen/ ihr Phariſeer aber die ihr wie die Sodomiten verblendet/ und die Thuͤr nicht finden koͤnnet/ ſteigt anderswo hinein/ durch unge- weyhete Thuͤren und Thor/ da ihr ſelbſt einbrecht/ ihr gehoͤret hinauß/ als Dieb und Moͤrder/ als Woͤlff und Unthier. Jſt alſo die Quæſtio an ſit? außgemacht und eroͤrtert. Τίς? Wer iſt aber dieſelbe Thuͤr zum Schaaf-Stall? Wo finden wir dieſelbe? Da darff es nicht viel divinirens/ fragens und rathens/ der Mund und Grund aller Warheit tritt ſelbſt auff/ ſagt klar und duͤrꝛ herauß/ und bekraͤfftigets mit einem zweyfachen Warlich: Jch bin die rechte/ himmliſche/ guldene Gluͤcks-Port/ wer durch mich eingehet/ der wird ſelig werden/ gleich wie ich zugleich der Prieſter und das Opffer bin/ im H. Abendmal zugleich die Speiß und der Gaſtgeb/ der Hertzog deß Lebens/ der Hodegeta und Wegweiſer/ und zugleich der Weg/ die Warheit und das Leben: Alſo bin ich zugleich Hirt und Thor. Und damit niemand zu zweiffeln Anlaß bekommen/ damit nicht die Phariſeer einwenden moͤchten: Tu es teſtis de domo, propria laus ſordet, dein Zeugnuͤß iſt nicht wahr/ dann du zeugeſt von dir ſelbſt. Joh. VIII, 13. ſo weißt Er ſie anders wohin/ in die heilige Schrifft/ darin werdet ihr meine Weihe/ und dero ſatten Beweiß gnug finden/ und erkennen/ daß ich nicht liege/ gleichwie das Thor deß Sanctuarii und Heiligthums mit Opffer und Gebet geweihet worden. Nehem, III, 1. Alſo bin ich auch durch das Wort der Propheten und dero Weiſſagung verſigelt und conſecrirt worden. Sonderlich bey dem Propheten Eſaia c. LIV, 12. Da der Prophet gezeuget von einem Bau/ ſo in den Zeiten deß N. Teſta- ments/ und Erſcheinung deß Meſſiaͤ ſoll auffgerichtet werden/ daß deſ- ſelben Thuͤr mit Edelgeſteinen und Rubin ſolle verſetzet werden/ was ſind das anders/ als die Gaben des Geiſtes/ damit Chriſtus ohne maß iſt ge- ſalbet worden/ die ſich unvergleichlich augenſcheinlich erzeigt in Worten und Thaten. Eſa. LX, 11. wird gedacht eines immer offenen Thors. Deine Thor ſollen ſtets offen ſtehen/ weder Tag noch Nacht zugeſchloſſen werden/ daß der Heyden Macht zu dir gebracht/ und ihre Koͤnige herzu gefuͤhret werden. Das alte Kirch-Thor mußte beſchloſſen bleiben/ der Fuͤrhang war fuͤr dem Allerheiligſten; aber jetzt alles Angel-weit offen/ die Schiedwand iſt abgethan/ und al- lenthalben Paß und Platz. Was iſt das anders/ als das Myſterium von K ij

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/95
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 75. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/95>, abgerufen am 17.05.2024.