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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Predigt.
die strittige Articul wider das Pabstthum verfochten/ wann so ein leichter
Weg wäre geweßt Frieden zu stifften? Aber das ist eben die jenige sula-
gogia, und Kirchen-Raub/ dafür Paulus seine Colosser so treulich ge-
warnet/ Col. 2, 8. Jst eben als wann ein Sohn das köstliche/ reiche ansehn-
liche Erb/ so ihm von seinem Vater hinterlassen worden/ wolte in zwey
Theil dergestalt partiren/ daß er allein die liquidirte unstrittige Mittel/
Zinß-Brieff und Land-Güter für sich behielte/ die andere illiquida und
strittige den Rechts-Gelehrten/ oder auch wol dero Miß-Geburten den
Rabulis und Zungen-Dröschern zu verfechten gebete. Solte der Vater
wieder lebendig werden/ und solchen trägen Fund warnehmen/ würde er
auch mit seinem Sohn zufrieden seyn? würde er nicht sagen? O du fau-
ler etc. meynestu daß ich das grosse Gut deßwegen zusammen gesparet/ daß
du die Zeit auff dem Faul-Bett zubringen/ und andern fremden Leuten
meinen sauren Schweiß in die Hand spielen könnest? Es hat irgend ein
grosser Herr und Potentat durch den Krieg sein Land und Gebiet erwei-
tert/ und sich dermassen befestiget/ daß ihm das erworbene nicht wieder zu
nemmen geweßt/ so weit ers vielleicht ohn durch das Kriegs-Schwerdt
nimmer würde gebracht haben. An Carolum M. haben sich die Sachsen
genöthiget/ er wäre lieber ruhig gesessen/ nachdem ihm aber Gott der
Herr ansehnliche Beuten beschehrt/ hat er auch das erstrittene nicht
wieder auß der Faust lassen wollen. Nun verhänget Gott der Herr
Rotten und Secten Seiner Kirchen zum besten/ auff daß die verborgene
Warheit je länger je mehr herfür komme/ und die Trost-Quellen je länger
je mehr bekannt würden: Wer nun durch das Schwerdt des Geistes sol-
chen Trost-Schatz erfochten hat/ thät er auch klüglich/ wann er durch ei-
nigen Ruck-zug zu vorigem Stand denselben auß respect eines unziem-
lichen Friedens schwinden lassen wolte? Sprichstu/ auff diese weise müß-
ten alle Christen gelehrte Leuthe seyn. Antwort: Wolte Gott/ daß alle
das Volck des Herrn weissagte/ Num. 11, 29. Gott hat seinen Geist
nicht vergebens im N. Test. über alles Fleisch reichlich außgegossen/ auch
auff die Knechte und Mägde/ sondern zu dem Ende/ daß Söhne und
Töchter sollen weissagen/ Jünglinge Gesichte sehen/ und die Eltesten Träu-
me/ das ist/ eine vollkommene/ wiewol nach eines jeden Talent abgemesse-
ne Erkanntnuß GOttes/ einen recht-erleuchteten/ Gotts-gelehrten/ wol
gegründeten Glauben haben. Gradus perfectionis wird erfordert/ nicht
perfectio gradus. Mit Verwunderung vernimt man von dem Fleiß
und Eiffer/ den die Widertäuffer in Religions-Sachen von sich scheinen/
und nichts desto minder ihren secularibus nichts abgehen lassen. Wann

hierin
Neunter Theil. P p p

Predigt.
die ſtrittige Articul wider das Pabſtthum verfochten/ wann ſo ein leichter
Weg waͤre geweßt Frieden zu ſtifften? Aber das iſt eben die jenige συλα-
γωγία, und Kirchen-Raub/ dafuͤr Paulus ſeine Coloſſer ſo treulich ge-
warnet/ Col. 2, 8. Jſt eben als wañ ein Sohn das koͤſtliche/ reiche anſehn-
liche Erb/ ſo ihm von ſeinem Vater hinterlaſſen worden/ wolte in zwey
Theil dergeſtalt partiren/ daß er allein die liquidirte unſtrittige Mittel/
Zinß-Brieff und Land-Guͤter fuͤr ſich behielte/ die andere illiquida und
ſtrittige den Rechts-Gelehrten/ oder auch wol dero Miß-Geburten den
Rabulis und Zungen-Droͤſchern zu verfechten gebete. Solte der Vater
wieder lebendig werden/ und ſolchen traͤgen Fund warnehmen/ wuͤrde er
auch mit ſeinem Sohn zufrieden ſeyn? wuͤrde er nicht ſagen? O du fau-
ler ꝛc. meyneſtu daß ich das groſſe Gut deßwegen zuſammen geſparet/ daß
du die Zeit auff dem Faul-Bett zubringen/ und andern fremden Leuten
meinen ſauren Schweiß in die Hand ſpielen koͤnneſt? Es hat irgend ein
groſſer Herꝛ und Potentat durch den Krieg ſein Land und Gebiet erwei-
tert/ und ſich dermaſſen befeſtiget/ daß ihm das erworbene nicht wieder zu
nemmen geweßt/ ſo weit ers vielleicht ohn durch das Kriegs-Schwerdt
nimmer wuͤrde gebracht haben. An Carolum M. haben ſich die Sachſen
genoͤthiget/ er waͤre lieber ruhig geſeſſen/ nachdem ihm aber Gott der
Herr anſehnliche Beuten beſchehrt/ hat er auch das erſtrittene nicht
wieder auß der Fauſt laſſen wollen. Nun verhaͤnget Gott der Herr
Rotten und Secten Seiner Kirchen zum beſten/ auff daß die verborgene
Warheit je laͤnger je mehr herfuͤr kom̃e/ und die Troſt-Quellen je laͤnger
je mehr bekannt wuͤrden: Wer nun durch das Schwerdt des Geiſtes ſol-
chen Troſt-Schatz erfochten hat/ thaͤt er auch kluͤglich/ wann er durch ei-
nigen Ruck-zug zu vorigem Stand denſelben auß reſpect eines unziem-
lichen Friedens ſchwinden laſſen wolte? Sprichſtu/ auff dieſe weiſe muͤß-
ten alle Chriſten gelehrte Leuthe ſeyn. Antwort: Wolte Gott/ daß alle
das Volck des Herrn weiſſagte/ Num. 11, 29. Gott hat ſeinen Geiſt
nicht vergebens im N. Teſt. uͤber alles Fleiſch reichlich außgegoſſen/ auch
auff die Knechte und Maͤgde/ ſondern zu dem Ende/ daß Soͤhne und
Toͤchter ſollen weiſſagen/ Juͤnglinge Geſichte ſehen/ und die Elteſten Traͤu-
me/ das iſt/ eine vollkommene/ wiewol nach eines jeden Talent abgemeſſe-
ne Erkanntnuß GOttes/ einen recht-erleuchteten/ Gotts-gelehrten/ wol
gegruͤndeten Glauben haben. Gradus perfectionis wird erfordert/ nicht
perfectio gradus. Mit Verwunderung vernimt man von dem Fleiß
und Eiffer/ den die Widertaͤuffer in Religions-Sachen von ſich ſcheinen/
und nichts deſto minder ihren ſecularibus nichts abgehen laſſen. Wann

hierin
Neunter Theil. P p p
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[481/0501] Predigt. die ſtrittige Articul wider das Pabſtthum verfochten/ wann ſo ein leichter Weg waͤre geweßt Frieden zu ſtifften? Aber das iſt eben die jenige συλα- γωγία, und Kirchen-Raub/ dafuͤr Paulus ſeine Coloſſer ſo treulich ge- warnet/ Col. 2, 8. Jſt eben als wañ ein Sohn das koͤſtliche/ reiche anſehn- liche Erb/ ſo ihm von ſeinem Vater hinterlaſſen worden/ wolte in zwey Theil dergeſtalt partiren/ daß er allein die liquidirte unſtrittige Mittel/ Zinß-Brieff und Land-Guͤter fuͤr ſich behielte/ die andere illiquida und ſtrittige den Rechts-Gelehrten/ oder auch wol dero Miß-Geburten den Rabulis und Zungen-Droͤſchern zu verfechten gebete. Solte der Vater wieder lebendig werden/ und ſolchen traͤgen Fund warnehmen/ wuͤrde er auch mit ſeinem Sohn zufrieden ſeyn? wuͤrde er nicht ſagen? O du fau- ler ꝛc. meyneſtu daß ich das groſſe Gut deßwegen zuſammen geſparet/ daß du die Zeit auff dem Faul-Bett zubringen/ und andern fremden Leuten meinen ſauren Schweiß in die Hand ſpielen koͤnneſt? Es hat irgend ein groſſer Herꝛ und Potentat durch den Krieg ſein Land und Gebiet erwei- tert/ und ſich dermaſſen befeſtiget/ daß ihm das erworbene nicht wieder zu nemmen geweßt/ ſo weit ers vielleicht ohn durch das Kriegs-Schwerdt nimmer wuͤrde gebracht haben. An Carolum M. haben ſich die Sachſen genoͤthiget/ er waͤre lieber ruhig geſeſſen/ nachdem ihm aber Gott der Herr anſehnliche Beuten beſchehrt/ hat er auch das erſtrittene nicht wieder auß der Fauſt laſſen wollen. Nun verhaͤnget Gott der Herr Rotten und Secten Seiner Kirchen zum beſten/ auff daß die verborgene Warheit je laͤnger je mehr herfuͤr kom̃e/ und die Troſt-Quellen je laͤnger je mehr bekannt wuͤrden: Wer nun durch das Schwerdt des Geiſtes ſol- chen Troſt-Schatz erfochten hat/ thaͤt er auch kluͤglich/ wann er durch ei- nigen Ruck-zug zu vorigem Stand denſelben auß reſpect eines unziem- lichen Friedens ſchwinden laſſen wolte? Sprichſtu/ auff dieſe weiſe muͤß- ten alle Chriſten gelehrte Leuthe ſeyn. Antwort: Wolte Gott/ daß alle das Volck des Herrn weiſſagte/ Num. 11, 29. Gott hat ſeinen Geiſt nicht vergebens im N. Teſt. uͤber alles Fleiſch reichlich außgegoſſen/ auch auff die Knechte und Maͤgde/ ſondern zu dem Ende/ daß Soͤhne und Toͤchter ſollen weiſſagen/ Juͤnglinge Geſichte ſehen/ und die Elteſten Traͤu- me/ das iſt/ eine vollkommene/ wiewol nach eines jeden Talent abgemeſſe- ne Erkanntnuß GOttes/ einen recht-erleuchteten/ Gotts-gelehrten/ wol gegruͤndeten Glauben haben. Gradus perfectionis wird erfordert/ nicht perfectio gradus. Mit Verwunderung vernimt man von dem Fleiß und Eiffer/ den die Widertaͤuffer in Religions-Sachen von ſich ſcheinen/ und nichts deſto minder ihren ſecularibus nichts abgehen laſſen. Wann hierin Neunter Theil. P p p

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 481. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/501>, abgerufen am 25.11.2024.