Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

Bild:
<< vorherige Seite

Die Dritte
cile refectus? Nam qui me semel tantum dicendo fecit, in reficiendo
profecto & dixit multa, & pertulit dura, nec tantum dura, sed & indi-
gna. In primo opere me mihi dedit, in secundo se, & ubi se dedit, me
mihi reddidit. Datus ergo & redditus me pro me debeo. Quid Deo
retribuam pro se? Nam etiamsi me millies rependere possem, quid
sum ego ad Deum?
So ich mich gantz schuldig erfinde für meine Schöpf-
fung/ was sol ich dann hinzu thun und zugeben für meine Wiederschöpf-
fung und Erlösung/ und zwar/ für solche Wiederschöpffung/ wie obgemel-
det? Sintemahl ich nicht so leicht erlöset und aufs neue gleichsam erschaf-
fen und gemacht worden/ sonst hätte der/ welcher mich durch ein eintziges
Wort geschaffen/ in meiner Wiederschöpffung nicht so viel Wort bedürft/
er hätte nicht so viel hartes Creutz/ Marter und Angst (wiewol unschul-
dig) erdulden und außstehen dürffen. Jn der ersten Schöpffung zwar
hat er mich mir selbst geschenckt und gelassen/ in der andern aber hat er sich
mir geschenckt/ und wo er sich geschencket/ hat er mich mir wieder gegeben
und frey gemacht. Auff welche Weiß ich nun frey und mir gelassen bin/
befinde ich auch für mich GOtt zweyfältig schuldig/ bin ich Gott für mich
schuldig/ was bin ich ihm dann schuldig für sich/ für seine Mühe/ für sein
Leiden und Sterben? Jn Betrachtung/ wann ich gleich tausendfältig mich
bezahlen könte/ bin ich doch nichts gegen einem so grossen Gott. Das ist ge-
wißlich wahr. Ey so werde es auch an uns gewißlich wahr. Fiat. Amen.



Die Dritte Predigt.
Vom Hirten.

GEliebte in Christo. Würden/ Bürde/ Honos, onus. wo
grosse Würde ist/ da ist auch schwere Bürde/ wo Ehr/ da Müh/
wo Hoheit/ da Arbeit/ wo Herrlichkeit und Ergötzlichkeit/ da Be-
schwerlichkeit/ sind zwey correlata, die sich moraliter und tugendlicher
Weiß nicht trennen lassen. Was GOtt zusammen gefüget/ das sol der
Mensch nicht scheiden. Die Eltern/ Vater und Mutter hat GOtt der
HErr hochgeehret/ sie in sein Sinaisch Gesetz einverleibt/ den Kindern
ernstlich gebotten/ sie sollen Vater und Mutter ehren/ das ist/ wie es eigent-
lich nach dem Grunde Text lautet/ gleichsam als Gold wägen/ ihre merita
und beneficia auff die Goldwag legen/ und dannenhero das precium schä-
tzen/ sie theur und werth halten/ was aber an dieser Würde für ein Last und

Bürde

Die Dritte
cilè refectus? Nam qui me ſemel tantùm dicendo fecit, in reficiendo
profectò & dixit multa, & pertulit dura, nec tantùm dura, ſed & indi-
gna. In primo opere me mihi dedit, in ſecundo ſe, & ubi ſe dedit, me
mihi reddidit. Datus ergò & redditus me pro me debeo. Quid Deo
retribuam pro ſe? Nam etiamſi me millies rependere poſſem, quid
ſum ego ad Deum?
So ich mich gantz ſchuldig erfinde fuͤr meine Schoͤpf-
fung/ was ſol ich dann hinzu thun und zugeben fuͤr meine Wiederſchoͤpf-
fung und Erloͤſung/ und zwar/ fuͤr ſolche Wiederſchoͤpffung/ wie obgemel-
det? Sintemahl ich nicht ſo leicht erloͤſet und aufs neue gleichſam erſchaf-
fen und gemacht worden/ ſonſt haͤtte der/ welcher mich durch ein eintziges
Wort geſchaffen/ in meiner Wiederſchoͤpffung nicht ſo viel Wort beduͤrft/
er haͤtte nicht ſo viel hartes Creutz/ Marter und Angſt (wiewol unſchul-
dig) erdulden und außſtehen duͤrffen. Jn der erſten Schoͤpffung zwar
hat er mich mir ſelbſt geſchenckt und gelaſſen/ in der andern aber hat er ſich
mir geſchenckt/ und wo er ſich geſchencket/ hat er mich mir wieder gegeben
und frey gemacht. Auff welche Weiß ich nun frey und mir gelaſſen bin/
befinde ich auch fuͤr mich GOtt zweyfaͤltig ſchuldig/ bin ich Gott fuͤr mich
ſchuldig/ was bin ich ihm dann ſchuldig fuͤr ſich/ fuͤr ſeine Muͤhe/ fuͤr ſein
Leiden und Sterben? Jn Betrachtung/ wañ ich gleich tauſendfaͤltig mich
bezahlen koͤnte/ bin ich doch nichts gegen einem ſo groſſen Gott. Das iſt ge-
wißlich wahr. Ey ſo werde es auch an uns gewißlich wahr. Fiat. Amen.



Die Dritte Predigt.
Vom Hirten.

GEliebte in Chriſto. Wuͤrden/ Buͤrde/ Honos, onus. wo
groſſe Wuͤrde iſt/ da iſt auch ſchwere Buͤrde/ wo Ehr/ da Muͤh/
wo Hoheit/ da Arbeit/ wo Herꝛlichkeit und Ergoͤtzlichkeit/ da Be-
ſchwerlichkeit/ ſind zwey correlata, die ſich moraliter und tugendlicher
Weiß nicht trennen laſſen. Was GOtt zuſam̃en gefuͤget/ das ſol der
Menſch nicht ſcheiden. Die Eltern/ Vater und Mutter hat GOtt der
HErꝛ hochgeehret/ ſie in ſein Sinaiſch Geſetz einverleibt/ den Kindern
ernſtlich gebotten/ ſie ſollen Vater und Mutter ehren/ das iſt/ wie es eigent-
lich nach dem Grunde Text lautet/ gleichſam als Gold waͤgen/ ihre merita
und beneficia auff die Goldwag legen/ und dañenhero das precium ſchaͤ-
tzen/ ſie theur uñ werth halten/ was aber an dieſer Wuͤrde fuͤr ein Laſt und

Buͤrde
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0048" n="28"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Die Dritte</hi></fw><lb/><hi rendition="#aq">cilè refectus? Nam qui me &#x017F;emel tantùm dicendo fecit, in reficiendo<lb/>
profectò &amp; dixit multa, &amp; pertulit dura, nec tantùm dura, &#x017F;ed &amp; indi-<lb/>
gna. In primo opere me mihi dedit, in &#x017F;ecundo &#x017F;e, &amp; ubi &#x017F;e dedit, me<lb/>
mihi reddidit. Datus ergò &amp; redditus me pro me debeo. Quid Deo<lb/>
retribuam pro &#x017F;e? Nam etiam&#x017F;i me millies rependere po&#x017F;&#x017F;em, quid<lb/>
&#x017F;um ego ad Deum?</hi> So ich mich gantz &#x017F;chuldig erfinde fu&#x0364;r meine Scho&#x0364;pf-<lb/>
fung/ was &#x017F;ol ich dann hinzu thun und zugeben fu&#x0364;r meine Wieder&#x017F;cho&#x0364;pf-<lb/>
fung und Erlo&#x0364;&#x017F;ung/ und zwar/ fu&#x0364;r &#x017F;olche Wieder&#x017F;cho&#x0364;pffung/ wie obgemel-<lb/>
det? Sintemahl ich nicht &#x017F;o leicht erlo&#x0364;&#x017F;et und aufs neue gleich&#x017F;am er&#x017F;chaf-<lb/>
fen und gemacht worden/ &#x017F;on&#x017F;t ha&#x0364;tte der/ welcher mich durch ein eintziges<lb/>
Wort ge&#x017F;chaffen/ in meiner Wieder&#x017F;cho&#x0364;pffung nicht &#x017F;o viel Wort bedu&#x0364;rft/<lb/>
er ha&#x0364;tte nicht &#x017F;o viel hartes Creutz/ Marter und Ang&#x017F;t (wiewol un&#x017F;chul-<lb/>
dig) erdulden und auß&#x017F;tehen du&#x0364;rffen. Jn der er&#x017F;ten Scho&#x0364;pffung zwar<lb/>
hat er mich mir &#x017F;elb&#x017F;t ge&#x017F;chenckt und gela&#x017F;&#x017F;en/ in der andern aber hat er &#x017F;ich<lb/>
mir ge&#x017F;chenckt/ und wo er &#x017F;ich ge&#x017F;chencket/ hat er mich mir wieder gegeben<lb/>
und frey gemacht. Auff welche Weiß ich nun frey und mir gela&#x017F;&#x017F;en bin/<lb/>
befinde ich auch fu&#x0364;r mich GOtt zweyfa&#x0364;ltig &#x017F;chuldig/ bin ich Gott fu&#x0364;r mich<lb/>
&#x017F;chuldig/ was bin ich ihm dann &#x017F;chuldig fu&#x0364;r &#x017F;ich/ fu&#x0364;r &#x017F;eine Mu&#x0364;he/ fu&#x0364;r &#x017F;ein<lb/>
Leiden und Sterben? Jn Betrachtung/ wan&#x0303; ich gleich tau&#x017F;endfa&#x0364;ltig mich<lb/>
bezahlen ko&#x0364;nte/ bin ich doch nichts gegen einem &#x017F;o gro&#x017F;&#x017F;en Gott. Das i&#x017F;t ge-<lb/>
wißlich wahr. Ey &#x017F;o werde es auch an uns gewißlich wahr. <hi rendition="#aq">Fiat.</hi> Amen.</p>
      </div><lb/>
      <milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Die Dritte Predigt.<lb/>
Vom Hirten.</hi> </head><lb/>
        <p><hi rendition="#fr"><hi rendition="#in">G</hi>Eliebte in Chri&#x017F;to. Wu&#x0364;rden/ Bu&#x0364;rde/</hi><hi rendition="#aq">Honos, onus.</hi> wo<lb/>
gro&#x017F;&#x017F;e Wu&#x0364;rde i&#x017F;t/ da i&#x017F;t auch &#x017F;chwere Bu&#x0364;rde/ wo Ehr/ da Mu&#x0364;h/<lb/>
wo Hoheit/ da Arbeit/ wo Her&#xA75B;lichkeit und Ergo&#x0364;tzlichkeit/ da Be-<lb/>
&#x017F;chwerlichkeit/ &#x017F;ind zwey <hi rendition="#aq">correlata,</hi> die &#x017F;ich <hi rendition="#aq">moraliter</hi> und tugendlicher<lb/>
Weiß nicht trennen la&#x017F;&#x017F;en. Was GOtt zu&#x017F;am&#x0303;en gefu&#x0364;get/ das &#x017F;ol der<lb/>
Men&#x017F;ch nicht &#x017F;cheiden. Die Eltern/ Vater und Mutter hat GOtt der<lb/>
HEr&#xA75B; hochgeehret/ &#x017F;ie in &#x017F;ein Sinai&#x017F;ch Ge&#x017F;etz einverleibt/ den Kindern<lb/>
ern&#x017F;tlich gebotten/ &#x017F;ie &#x017F;ollen Vater und Mutter ehren/ das i&#x017F;t/ wie es eigent-<lb/>
lich nach dem Grunde Text lautet/ gleich&#x017F;am als Gold wa&#x0364;gen/ ihre <hi rendition="#aq">merita</hi><lb/>
und <hi rendition="#aq">beneficia</hi> auff die Goldwag legen/ und dan&#x0303;enhero das <hi rendition="#aq">precium</hi> &#x017F;cha&#x0364;-<lb/>
tzen/ &#x017F;ie theur un&#x0303; werth halten/ was aber an die&#x017F;er Wu&#x0364;rde fu&#x0364;r ein La&#x017F;t und<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">Bu&#x0364;rde</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[28/0048] Die Dritte cilè refectus? Nam qui me ſemel tantùm dicendo fecit, in reficiendo profectò & dixit multa, & pertulit dura, nec tantùm dura, ſed & indi- gna. In primo opere me mihi dedit, in ſecundo ſe, & ubi ſe dedit, me mihi reddidit. Datus ergò & redditus me pro me debeo. Quid Deo retribuam pro ſe? Nam etiamſi me millies rependere poſſem, quid ſum ego ad Deum? So ich mich gantz ſchuldig erfinde fuͤr meine Schoͤpf- fung/ was ſol ich dann hinzu thun und zugeben fuͤr meine Wiederſchoͤpf- fung und Erloͤſung/ und zwar/ fuͤr ſolche Wiederſchoͤpffung/ wie obgemel- det? Sintemahl ich nicht ſo leicht erloͤſet und aufs neue gleichſam erſchaf- fen und gemacht worden/ ſonſt haͤtte der/ welcher mich durch ein eintziges Wort geſchaffen/ in meiner Wiederſchoͤpffung nicht ſo viel Wort beduͤrft/ er haͤtte nicht ſo viel hartes Creutz/ Marter und Angſt (wiewol unſchul- dig) erdulden und außſtehen duͤrffen. Jn der erſten Schoͤpffung zwar hat er mich mir ſelbſt geſchenckt und gelaſſen/ in der andern aber hat er ſich mir geſchenckt/ und wo er ſich geſchencket/ hat er mich mir wieder gegeben und frey gemacht. Auff welche Weiß ich nun frey und mir gelaſſen bin/ befinde ich auch fuͤr mich GOtt zweyfaͤltig ſchuldig/ bin ich Gott fuͤr mich ſchuldig/ was bin ich ihm dann ſchuldig fuͤr ſich/ fuͤr ſeine Muͤhe/ fuͤr ſein Leiden und Sterben? Jn Betrachtung/ wañ ich gleich tauſendfaͤltig mich bezahlen koͤnte/ bin ich doch nichts gegen einem ſo groſſen Gott. Das iſt ge- wißlich wahr. Ey ſo werde es auch an uns gewißlich wahr. Fiat. Amen. Die Dritte Predigt. Vom Hirten. GEliebte in Chriſto. Wuͤrden/ Buͤrde/ Honos, onus. wo groſſe Wuͤrde iſt/ da iſt auch ſchwere Buͤrde/ wo Ehr/ da Muͤh/ wo Hoheit/ da Arbeit/ wo Herꝛlichkeit und Ergoͤtzlichkeit/ da Be- ſchwerlichkeit/ ſind zwey correlata, die ſich moraliter und tugendlicher Weiß nicht trennen laſſen. Was GOtt zuſam̃en gefuͤget/ das ſol der Menſch nicht ſcheiden. Die Eltern/ Vater und Mutter hat GOtt der HErꝛ hochgeehret/ ſie in ſein Sinaiſch Geſetz einverleibt/ den Kindern ernſtlich gebotten/ ſie ſollen Vater und Mutter ehren/ das iſt/ wie es eigent- lich nach dem Grunde Text lautet/ gleichſam als Gold waͤgen/ ihre merita und beneficia auff die Goldwag legen/ und dañenhero das precium ſchaͤ- tzen/ ſie theur uñ werth halten/ was aber an dieſer Wuͤrde fuͤr ein Laſt und Buͤrde

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/48
Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/48>, abgerufen am 25.11.2024.