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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Die Erste
ein wenig genickt/ haben sie sich doch wieder ermuntert/ Oel nach und
nach immer wieder zugegossen/ das Liecht des Glaubens erhalten/ daß sie
nachmals den Bräutigam mit brennender Lampen empfangen können.
Darum jene den Sententz müssen anhören: Jch kenne euer nicht/ für der
Thür ist draussen. Jst das Urtheil über alle solche Welt-Narren. Dar-
um wünsche ich/ und wolte Gott/ daß wie das vermeinte Heiligthum
Marthä nach ihrem Tod soll Wunder gethan haben/ also lipsanum vir-
tutis,
das Heiligthum ihrer Tugend/ Besserung und Schamroth auch
bey uns operire und würcke das grosse Miracul des Schamroths/ wer
biß dato in einem oder dem andern Wahn gesteckt/ der laß ihm denselben
benehmen/ so lieb ihme sein Theil Himmelreich.

Th. consc.
part. 1.
p.
452.
Vix quicquam cordatius scripsit Justus Lipsius, quam quod suorum
admirandorum lectori praescripsit. Vere fateor, ajens, nimia jam
etiam cura, an curiositate peccari a plerisque nostraum, qui omnia
antiqua avide scrutamur, & in maris illo fundo paene dicam
arenas. Ah! quis fructus est? peccavimus & nos fortasse olim:
sed nunc cum aliis annis mens est alia, & clamo libere, quaedam
esse, quae malo ignorare quam discere. Timonis illud mihi sae-
pe in mente.
Poulumathemosuues os ou' kenoteron allo.

Das Miracul des Schamroths/ sag ich/ nicht aber des Schamroths/
etwas zu lernen/ dann lernen ist keine Schand. Man hat die Exempel
deren/ die/ wann sie gemerckt/ daß ihnen die Hebräische Sprach zu wissen
von nöthen/ sich nicht geschämet im Alter solche zu lernen. Ein berühm-
ter JCtus bey dieser Stadt/ nach dem er es hoch gebracht/ hat er erst im
Alter anfangen Theologiam zu studieren/ vielmehr sollen die Jungen
bey Zeiten die Blum ihres Alters/ Gott zu Ehren wol anlegen/ und soll
bey ihnen heissen: linquo coax ranis, cras corvis, vanaque vanis. Wol-
te Gott/ daß sie in uns operire und würcke orexin unius necessarii, eine
sehnliche Begierde nach der lautern Milch des wachsenden Glaubens/
daß wir allezeit seufftzen mit dem Vater des Monsichtigen/ Marc. 9, 24.
Jch glaube/ lieber HErr/ hilff meinem Unglauben. Damit
wir auch mit Martha des Glaubens End/ der Seelen Seligkeit davon
bringen mögen. Darum bitten wir zum Beschluß:

Verschaff bey uns O lieber HErr/
Daß wir durch deinen Geist je mehr
Jn deiner Erkanntnuß nehmen zu/
Und endlich bey dir finden Ruh. Amen.
Die

Die Erſte
ein wenig genickt/ haben ſie ſich doch wieder ermuntert/ Oel nach und
nach immer wieder zugegoſſen/ das Liecht des Glaubens erhalten/ daß ſie
nachmals den Braͤutigam mit brennender Lampen empfangen koͤnnen.
Darum jene den Sententz muͤſſen anhoͤren: Jch kenne euer nicht/ fuͤr der
Thuͤr iſt drauſſen. Jſt das Urtheil uͤber alle ſolche Welt-Narren. Dar-
um wuͤnſche ich/ und wolte Gott/ daß wie das vermeinte Heiligthum
Marthaͤ nach ihrem Tod ſoll Wunder gethan haben/ alſo lipſanum vir-
tutis,
das Heiligthum ihrer Tugend/ Beſſerung und Schamroth auch
bey uns operire und wuͤrcke das groſſe Miracul des Schamroths/ wer
biß dato in einem oder dem andern Wahn geſteckt/ der laß ihm denſelben
benehmen/ ſo lieb ihme ſein Theil Himmelreich.

Th. conſc.
part. 1.
p.
452.
Vix quicquam cordatius ſcripſit Juſtus Lipſius, quam quod ſuorum
admirandorum lectori præſcripſit. Verè fateor, ajens, nimia jam
etiam cura, an curioſitate peccari à pleriſque noſtrûm, qui omnia
antiqua avidè ſcrutamur, & in maris illo fundo pænè dicam
arenas. Ah! quis fructus eſt? peccavimus & nos fortaſſe olim:
ſed nunc cum aliis annis mens eſt alia, & clamo liberè, quædam
eſſe, quæ malo ignorare quàm diſcere. Timonis illud mihi ſæ-
pè in mente.
Πουλυμαθημοσυύης ὡς ου᾽ κενώτερον ἄλλο.

Das Miracul des Schamroths/ ſag ich/ nicht aber des Schamroths/
etwas zu lernen/ dann lernen iſt keine Schand. Man hat die Exempel
deren/ die/ wann ſie gemerckt/ daß ihnen die Hebraͤiſche Sprach zu wiſſen
von noͤthen/ ſich nicht geſchaͤmet im Alter ſolche zu lernen. Ein beruͤhm-
ter JCtus bey dieſer Stadt/ nach dem er es hoch gebracht/ hat er erſt im
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bey Zeiten die Blum ihres Alters/ Gott zu Ehren wol anlegen/ und ſoll
bey ihnen heiſſen: linquo coax ranis, cras corvis, vanaque vanis. Wol-
te Gott/ daß ſie in uns operire und wuͤrcke ὅρεξιν unius neceſſarii, eine
ſehnliche Begierde nach der lautern Milch des wachſenden Glaubens/
daß wir allezeit ſeufftzen mit dem Vater des Monſichtigen/ Marc. 9, 24.
Jch glaube/ lieber HErꝛ/ hilff meinem Unglauben. Damit
wir auch mit Martha des Glaubens End/ der Seelen Seligkeit davon
bringen moͤgen. Darum bitten wir zum Beſchluß:

Verſchaff bey uns O lieber HErꝛ/
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Jn deiner Erkanntnuß nehmen zu/
Und endlich bey dir finden Ruh. Amen.
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[448/0468] Die Erſte ein wenig genickt/ haben ſie ſich doch wieder ermuntert/ Oel nach und nach immer wieder zugegoſſen/ das Liecht des Glaubens erhalten/ daß ſie nachmals den Braͤutigam mit brennender Lampen empfangen koͤnnen. Darum jene den Sententz muͤſſen anhoͤren: Jch kenne euer nicht/ fuͤr der Thuͤr iſt drauſſen. Jſt das Urtheil uͤber alle ſolche Welt-Narren. Dar- um wuͤnſche ich/ und wolte Gott/ daß wie das vermeinte Heiligthum Marthaͤ nach ihrem Tod ſoll Wunder gethan haben/ alſo lipſanum vir- tutis, das Heiligthum ihrer Tugend/ Beſſerung und Schamroth auch bey uns operire und wuͤrcke das groſſe Miracul des Schamroths/ wer biß dato in einem oder dem andern Wahn geſteckt/ der laß ihm denſelben benehmen/ ſo lieb ihme ſein Theil Himmelreich. Vix quicquam cordatius ſcripſit Juſtus Lipſius, quam quod ſuorum admirandorum lectori præſcripſit. Verè fateor, ajens, nimia jam etiam cura, an curioſitate peccari à pleriſque noſtrûm, qui omnia antiqua avidè ſcrutamur, & in maris illo fundo pænè dicam arenas. Ah! quis fructus eſt? peccavimus & nos fortaſſe olim: ſed nunc cum aliis annis mens eſt alia, & clamo liberè, quædam eſſe, quæ malo ignorare quàm diſcere. Timonis illud mihi ſæ- pè in mente. Πουλυμαθημοσυύης ὡς ου᾽ κενώτερον ἄλλο. Das Miracul des Schamroths/ ſag ich/ nicht aber des Schamroths/ etwas zu lernen/ dann lernen iſt keine Schand. Man hat die Exempel deren/ die/ wann ſie gemerckt/ daß ihnen die Hebraͤiſche Sprach zu wiſſen von noͤthen/ ſich nicht geſchaͤmet im Alter ſolche zu lernen. Ein beruͤhm- ter JCtus bey dieſer Stadt/ nach dem er es hoch gebracht/ hat er erſt im Alter anfangen Theologiam zu ſtudieren/ vielmehr ſollen die Jungen bey Zeiten die Blum ihres Alters/ Gott zu Ehren wol anlegen/ und ſoll bey ihnen heiſſen: linquo coax ranis, cras corvis, vanaque vanis. Wol- te Gott/ daß ſie in uns operire und wuͤrcke ὅρεξιν unius neceſſarii, eine ſehnliche Begierde nach der lautern Milch des wachſenden Glaubens/ daß wir allezeit ſeufftzen mit dem Vater des Monſichtigen/ Marc. 9, 24. Jch glaube/ lieber HErꝛ/ hilff meinem Unglauben. Damit wir auch mit Martha des Glaubens End/ der Seelen Seligkeit davon bringen moͤgen. Darum bitten wir zum Beſchluß: Verſchaff bey uns O lieber HErꝛ/ Daß wir durch deinen Geiſt je mehr Jn deiner Erkanntnuß nehmen zu/ Und endlich bey dir finden Ruh. Amen. Die

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 448. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/468>, abgerufen am 26.06.2024.