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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672.

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Predigt.
tione, Verweselung/ Beyweselung/ und Einschluß/ dann durch solche
anatomi und Bruch/ thue man den Deckel vom Hafen/ und komme auff
den Augenschein/ das nichts im Brod-Brechen verborgen liege.

Diß sind ihre rationes, hie liegen sie auff der Waag/ aber tekel, tekel,
man hat sie auff einer Waag gewogen/ und zu leicht befunden/ und zwar
was anlanget 1. die erste; dann wann der Befehl Christi/ Solches thut/
in sich begreifft alles/ was Christus bey der Sacramentlichen Handlung
verrichtet/ so muß man auch das H. Abendmahl zu Nacht halten/ sich
um den Tisch herum lägern/ ungesäurt Brod gebrauchen/ den Wein
vielleicht mit Wasser brechen/ und anders dergleichen mehr. Darum
das touto sich allein beziehet auff die actus Regios, substantiales, invaria-
biles
und Haupt-Handlung/ so das Wesen und Vollkommenheit des
Sacraments machet/ dergleichen weder die Nacht-Zeit/ noch Tisch-Lage-
rung/ und also auch nicht das Brod-Brechen/ sondern es ist diese Fractio
ein occasional-ministerial- und Vorbereitungs-Handlung/ weil damal
Jüdisch Brod/ auff Jüdische Art und Manier formirt/ dünne/ breite/
ungesäurte Kuchen bissens-weiß mit Linien gezeichnet/ auff dem Tisch ge-
legen/ so hat es Christus gebrochen. Wo nun solche Art Brod nicht im
Brauch/ mag auch das Brod-Brechen unterlassen werden. 2. Zuleicht
auch die andere/ dann zugeschweigen/ daß es noch nicht erwiesen/ daß
St. Lucas Act. 2, 42. &c. von dem Sacramentlichen Brod-Brechen re-
de: Massen viel Lehrer der Kirchen das gemeine einmüthige Essen auß
gemeinen Gütern der Heiligen verstehen. Act. 20, 11. Act. 27, 35. Wird
auch des Brod-Brechens gedacht; Es ist aber daselbst vom Sacrament
keine Meldung geschehen. Doch gesetzt/ es wäre das H. Sacrament
das Brod-Brechen genennet worden/ so folget doch darum noch nicht/
daß das Brod-Brechen eine nothwendige/ unumgängliche Göttliche
Handlung seye. Es wird ja auch dieses H. Sacrament das Abend-
mahl des Herrn genennet/ von der Zeit der Stifftung/ und weilen es
im Anfang mehrmalen des Abends gehalten worden/ 1. Cor. 11, 20. Es
kan aber dannenhero nicht geschlossen werden/ daß die Nacht oder der
Abend/ eine nothwendige und unumgängliche Zeit dieses H. Sacra-
ments zu halten seye. Uber das ist keine consequentz: Es wird das
H. Abendmahl ein Brod-Brechen genennet/ E. proprie und eigentlich/
im buchstäblichen Verstand/ warum erdichtet man hie keinen tropum,
und verstehet fractionem synecdochicam, so fern eine jede Mahlzeit bey
den Hebreern fractio genennet wurde/ wie bey den Griechen sumposion?

Hebraeis
Q q ij

Predigt.
tione, Verweſelung/ Beyweſelung/ und Einſchluß/ dann durch ſolche
anatomi und Bruch/ thue man den Deckel vom Hafen/ und komme auff
den Augenſchein/ das nichts im Brod-Brechen verborgen liege.

Diß ſind ihre rationes, hie liegen ſie auff der Waag/ aber tekel, tekel,
man hat ſie auff einer Waag gewogen/ und zu leicht befunden/ und zwar
was anlanget 1. die erſte; dann wann der Befehl Chriſti/ Solches thut/
in ſich begreifft alles/ was Chriſtus bey der Sacramentlichen Handlung
verrichtet/ ſo muß man auch das H. Abendmahl zu Nacht halten/ ſich
um den Tiſch herum laͤgern/ ungeſaͤurt Brod gebrauchen/ den Wein
vielleicht mit Waſſer brechen/ und anders dergleichen mehr. Darum
das τοῦτο ſich allein beziehet auff die actus Regios, ſubſtantiales, invaria-
biles
und Haupt-Handlung/ ſo das Weſen und Vollkommenheit des
Sacraments machet/ dergleichen weder die Nacht-Zeit/ noch Tiſch-Lage-
rung/ und alſo auch nicht das Brod-Brechen/ ſondern es iſt dieſe Fractio
ein occaſional-miniſterial- und Vorbereitungs-Handlung/ weil damal
Juͤdiſch Brod/ auff Juͤdiſche Art und Manier formirt/ duͤnne/ breite/
ungeſaͤurte Kuchen biſſens-weiß mit Linien gezeichnet/ auff dem Tiſch ge-
legen/ ſo hat es Chriſtus gebrochen. Wo nun ſolche Art Brod nicht im
Brauch/ mag auch das Brod-Brechen unterlaſſen werden. 2. Zuleicht
auch die andere/ dann zugeſchweigen/ daß es noch nicht erwieſen/ daß
St. Lucas Act. 2, 42. &c. von dem Sacramentlichen Brod-Brechen re-
de: Maſſen viel Lehrer der Kirchen das gemeine einmuͤthige Eſſen auß
gemeinen Guͤtern der Heiligen verſtehen. Act. 20, 11. Act. 27, 35. Wird
auch des Brod-Brechens gedacht; Es iſt aber daſelbſt vom Sacrament
keine Meldung geſchehen. Doch geſetzt/ es waͤre das H. Sacrament
das Brod-Brechen genennet worden/ ſo folget doch darum noch nicht/
daß das Brod-Brechen eine nothwendige/ unumgaͤngliche Goͤttliche
Handlung ſeye. Es wird ja auch dieſes H. Sacrament das Abend-
mahl des Herrn genennet/ von der Zeit der Stifftung/ und weilen es
im Anfang mehrmalen des Abends gehalten worden/ 1. Cor. 11, 20. Es
kan aber dannenhero nicht geſchloſſen werden/ daß die Nacht oder der
Abend/ eine nothwendige und unumgaͤngliche Zeit dieſes H. Sacra-
ments zu halten ſeye. Uber das iſt keine conſequentz: Es wird das
H. Abendmahl ein Brod-Brechen genennet/ E. propriè und eigentlich/
im buchſtaͤblichen Verſtand/ warum erdichtet man hie keinen tropum,
und verſtehet fractionem ſynecdochicam, ſo fern eine jede Mahlzeit bey
den Hebreern fractio genennet wurde/ wie bey den Griechen συμπόσιον?

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[307/0327] Predigt. tione, Verweſelung/ Beyweſelung/ und Einſchluß/ dann durch ſolche anatomi und Bruch/ thue man den Deckel vom Hafen/ und komme auff den Augenſchein/ das nichts im Brod-Brechen verborgen liege. Diß ſind ihre rationes, hie liegen ſie auff der Waag/ aber tekel, tekel, man hat ſie auff einer Waag gewogen/ und zu leicht befunden/ und zwar was anlanget 1. die erſte; dann wann der Befehl Chriſti/ Solches thut/ in ſich begreifft alles/ was Chriſtus bey der Sacramentlichen Handlung verrichtet/ ſo muß man auch das H. Abendmahl zu Nacht halten/ ſich um den Tiſch herum laͤgern/ ungeſaͤurt Brod gebrauchen/ den Wein vielleicht mit Waſſer brechen/ und anders dergleichen mehr. Darum das τοῦτο ſich allein beziehet auff die actus Regios, ſubſtantiales, invaria- biles und Haupt-Handlung/ ſo das Weſen und Vollkommenheit des Sacraments machet/ dergleichen weder die Nacht-Zeit/ noch Tiſch-Lage- rung/ und alſo auch nicht das Brod-Brechen/ ſondern es iſt dieſe Fractio ein occaſional-miniſterial- und Vorbereitungs-Handlung/ weil damal Juͤdiſch Brod/ auff Juͤdiſche Art und Manier formirt/ duͤnne/ breite/ ungeſaͤurte Kuchen biſſens-weiß mit Linien gezeichnet/ auff dem Tiſch ge- legen/ ſo hat es Chriſtus gebrochen. Wo nun ſolche Art Brod nicht im Brauch/ mag auch das Brod-Brechen unterlaſſen werden. 2. Zuleicht auch die andere/ dann zugeſchweigen/ daß es noch nicht erwieſen/ daß St. Lucas Act. 2, 42. &c. von dem Sacramentlichen Brod-Brechen re- de: Maſſen viel Lehrer der Kirchen das gemeine einmuͤthige Eſſen auß gemeinen Guͤtern der Heiligen verſtehen. Act. 20, 11. Act. 27, 35. Wird auch des Brod-Brechens gedacht; Es iſt aber daſelbſt vom Sacrament keine Meldung geſchehen. Doch geſetzt/ es waͤre das H. Sacrament das Brod-Brechen genennet worden/ ſo folget doch darum noch nicht/ daß das Brod-Brechen eine nothwendige/ unumgaͤngliche Goͤttliche Handlung ſeye. Es wird ja auch dieſes H. Sacrament das Abend- mahl des Herrn genennet/ von der Zeit der Stifftung/ und weilen es im Anfang mehrmalen des Abends gehalten worden/ 1. Cor. 11, 20. Es kan aber dannenhero nicht geſchloſſen werden/ daß die Nacht oder der Abend/ eine nothwendige und unumgaͤngliche Zeit dieſes H. Sacra- ments zu halten ſeye. Uber das iſt keine conſequentz: Es wird das H. Abendmahl ein Brod-Brechen genennet/ E. propriè und eigentlich/ im buchſtaͤblichen Verſtand/ warum erdichtet man hie keinen tropum, und verſtehet fractionem ſynecdochicam, ſo fern eine jede Mahlzeit bey den Hebreern fractio genennet wurde/ wie bey den Griechen συμπόσιον? Hebræis Q q ij

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismus-Milch. Bd. 9. Straßburg, 1672, S. 307. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus09_1672/327>, abgerufen am 24.11.2024.