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Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666.

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Die neun und zwantzigste
Heiligen im Liecht. Col. 1/12. Soll aber ein Mensch solches edeln
Glücks theilhafftig werden/ so muß er sich täuffen lassen. Jst demnach
die Frage/ (nachdem wir in voriger Predigt den Adel und Ursprung der
H. Tauffe vernommen/) de Candidato Baptismi, wer der solches
Glücks fähige Täuffling sey/
und wer da soll getauffet werden?
Hierauff richtig und recht zu antworten/ gebe der Geber aller guter Ga-
ben/ Liecht/ Krafft und Segen/ Amen.

SO ist nun das Subjectum oder der Täuffling/ so getaufft
werden soll I. Ktisis, eine Creatur/ Marc. 16/15. ver-
stehe/ eine menschliche Creatur/ Marc. 10/6. 1. Petr. 2/13. alle
menschliche/ lebendige und gebohrne Creatur. Jch sage/ mensch-
lich/
dann ein unmenschliches Monstrum und Wunder-Geburt/ wann
es eigentlich kein Mensch ist/ soll es auch nicht getauffet werden. Wie
denn Lutherus in seinen Tisch-Reden ein solches Exempel erzehlet/ von ei-
nem Weib/ daß sie ein Kind/ wie eine Rattenmauß zur Welt gebracht
hatte/ die alsbald umbher gelauffen/ und unter der Banck in ein Mäuse-
loch kriechen wollen. Als nun einer gefragt: Ob man auch solche Mon-
stra
und ungeheure Wunder-Geburth soll tauffen? Hat Lutherus dar-
auff mit Nein geantwortet/ mit angehengter Ursach/ er halte solche
Monstra nur für unvernünfftige Thiere/ die nichts dann das Leben ha-
ben/ und sich regen und bewegen können. Wo aber dergleichen Mißge-
burthen einem vollkommenen Menschen gleich sehen/ und im übrigen
menschliche Form und Gestalt an ihnen haben/ so sind sie in allwegen zu
tauffen/ wann sie gleich sonst an einem Glied deformirt und unformlich
verstellet seyn. Jch sage/ Lebendige/ denn wo es nicht lebet/ ists keine
menschliche Creatur/ so aus Leib und Seel bestehet. Jch sage/ gebohrner/
dann wo die erste Geburth bey einem Kinde nicht geschicht/ da kan auch
die andere oder Wiedergeburth/ nicht statt haben; davon Augustinus und
Isidorus sehr schön geschrieben: Qui adhuc in utero sunt, cum matre
baptizari nequeunt,
das ist/ welche noch in Mutterleibe sind/ die können
zumal mit der Mutter nicht getaufft werden. Und wird die Ursach hinzu
gesetzt: Quia qui natus adhuc secundum Adam non est, secundum
Christum non potest renasci, neque regeneratio in eum dici potest,
quem generatio non praecessit;
das ist/ welcher nach dem ersten Adam
noch nicht ist zur Welt gebohren worden/ der kan auch nicht nach dem Herrn
Christo wiedergebohren werden: Und kan also die Wiedergeburth von dem
nicht gesagt werden/ bey welchem die erste Geburth noch nicht vorher gan-

gen

Die neun und zwantzigſte
Heiligen im Liecht. Col. 1/12. Soll aber ein Menſch ſolches edeln
Gluͤcks theilhafftig werden/ ſo muß er ſich taͤuffen laſſen. Jſt demnach
die Frage/ (nachdem wir in voriger Predigt den Adel und Urſprung der
H. Tauffe vernommen/) de Candidato Baptiſmi, wer der ſolches
Gluͤcks faͤhige Taͤuffling ſey/
und wer da ſoll getauffet werden?
Hierauff richtig und recht zu antworten/ gebe der Geber aller guter Ga-
ben/ Liecht/ Krafft und Segen/ Amen.

SO iſt nun das Subjectum oder der Taͤuffling/ ſo getaufft
werden ſoll I. Κτίσις, eine Creatur/ Marc. 16/15. ver-
ſtehe/ eine menſchliche Creatur/ Marc. 10/6. 1. Petr. 2/13. alle
menſchliche/ lebendige uñ gebohrne Creatur. Jch ſage/ menſch-
lich/
dann ein unmenſchliches Monſtrum und Wunder-Geburt/ wann
es eigentlich kein Menſch iſt/ ſoll es auch nicht getauffet werden. Wie
denn Lutherus in ſeinen Tiſch-Reden ein ſolches Exempel erzehlet/ von ei-
nem Weib/ daß ſie ein Kind/ wie eine Rattenmauß zur Welt gebracht
hatte/ die alsbald umbher gelauffen/ und unter der Banck in ein Maͤuſe-
loch kriechen wollen. Als nun einer gefragt: Ob man auch ſolche Mon-
ſtra
und ungeheure Wunder-Geburth ſoll tauffen? Hat Lutherus dar-
auff mit Nein geantwortet/ mit angehengter Urſach/ er halte ſolche
Monſtra nur fuͤr unvernuͤnfftige Thiere/ die nichts dann das Leben ha-
ben/ und ſich regen und bewegen koͤnnen. Wo aber dergleichen Mißge-
burthen einem vollkommenen Menſchen gleich ſehen/ und im uͤbrigen
menſchliche Form und Geſtalt an ihnen haben/ ſo ſind ſie in allwegen zu
tauffen/ wann ſie gleich ſonſt an einem Glied deformirt und unformlich
verſtellet ſeyn. Jch ſage/ Lebendige/ denn wo es nicht lebet/ iſts keine
menſchliche Creatur/ ſo aus Leib und Seel beſtehet. Jch ſage/ gebohrner/
dann wo die erſte Geburth bey einem Kinde nicht geſchicht/ da kan auch
die andere oder Wiedergeburth/ nicht ſtatt haben; davon Auguſtinus und
Iſidorus ſehr ſchoͤn geſchrieben: Qui adhuc in utero ſunt, cum matre
baptizari nequeunt,
das iſt/ welche noch in Mutterleibe ſind/ die koͤnnen
zumal mit der Mutter nicht getaufft werden. Und wird die Urſach hinzu
geſetzt: Quia qui natus adhuc ſecundum Adam non eſt, ſecundum
Chriſtum non poteſt renaſci, neque regeneratio in eum dici poteſt,
quem generatio non præceſſit;
das iſt/ welcher nach dem erſten Adam
noch nicht iſt zuꝛ Welt gebohren worden/ deꝛ kan auch nicht nach dem Herꝛn
Chriſto wiedergebohren werden: Und kan alſo die Wiedergeburth von dem
nicht geſagt werden/ bey welchem die erſte Geburth noch nicht vorher gan-

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[834/0858] Die neun und zwantzigſte Heiligen im Liecht. Col. 1/12. Soll aber ein Menſch ſolches edeln Gluͤcks theilhafftig werden/ ſo muß er ſich taͤuffen laſſen. Jſt demnach die Frage/ (nachdem wir in voriger Predigt den Adel und Urſprung der H. Tauffe vernommen/) de Candidato Baptiſmi, wer der ſolches Gluͤcks faͤhige Taͤuffling ſey/ und wer da ſoll getauffet werden? Hierauff richtig und recht zu antworten/ gebe der Geber aller guter Ga- ben/ Liecht/ Krafft und Segen/ Amen. SO iſt nun das Subjectum oder der Taͤuffling/ ſo getaufft werden ſoll I. Κτίσις, eine Creatur/ Marc. 16/15. ver- ſtehe/ eine menſchliche Creatur/ Marc. 10/6. 1. Petr. 2/13. alle menſchliche/ lebendige uñ gebohrne Creatur. Jch ſage/ menſch- lich/ dann ein unmenſchliches Monſtrum und Wunder-Geburt/ wann es eigentlich kein Menſch iſt/ ſoll es auch nicht getauffet werden. Wie denn Lutherus in ſeinen Tiſch-Reden ein ſolches Exempel erzehlet/ von ei- nem Weib/ daß ſie ein Kind/ wie eine Rattenmauß zur Welt gebracht hatte/ die alsbald umbher gelauffen/ und unter der Banck in ein Maͤuſe- loch kriechen wollen. Als nun einer gefragt: Ob man auch ſolche Mon- ſtra und ungeheure Wunder-Geburth ſoll tauffen? Hat Lutherus dar- auff mit Nein geantwortet/ mit angehengter Urſach/ er halte ſolche Monſtra nur fuͤr unvernuͤnfftige Thiere/ die nichts dann das Leben ha- ben/ und ſich regen und bewegen koͤnnen. Wo aber dergleichen Mißge- burthen einem vollkommenen Menſchen gleich ſehen/ und im uͤbrigen menſchliche Form und Geſtalt an ihnen haben/ ſo ſind ſie in allwegen zu tauffen/ wann ſie gleich ſonſt an einem Glied deformirt und unformlich verſtellet ſeyn. Jch ſage/ Lebendige/ denn wo es nicht lebet/ iſts keine menſchliche Creatur/ ſo aus Leib und Seel beſtehet. Jch ſage/ gebohrner/ dann wo die erſte Geburth bey einem Kinde nicht geſchicht/ da kan auch die andere oder Wiedergeburth/ nicht ſtatt haben; davon Auguſtinus und Iſidorus ſehr ſchoͤn geſchrieben: Qui adhuc in utero ſunt, cum matre baptizari nequeunt, das iſt/ welche noch in Mutterleibe ſind/ die koͤnnen zumal mit der Mutter nicht getaufft werden. Und wird die Urſach hinzu geſetzt: Quia qui natus adhuc ſecundum Adam non eſt, ſecundum Chriſtum non poteſt renaſci, neque regeneratio in eum dici poteſt, quem generatio non præceſſit; das iſt/ welcher nach dem erſten Adam noch nicht iſt zuꝛ Welt gebohren worden/ deꝛ kan auch nicht nach dem Herꝛn Chriſto wiedergebohren werden: Und kan alſo die Wiedergeburth von dem nicht geſagt werden/ bey welchem die erſte Geburth noch nicht vorher gan- gen

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Zitationshilfe: Dannhauer, Johann Conrad: Catechismvs-Milch. Bd. 8. Straßburg, 1666, S. 834. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/dannhauer_catechismus08_1666/858>, abgerufen am 23.11.2024.